Koschneiderei

Koschneiderei

Koschneiderei (polnisch: Kosznajderia) ist die umgangssprachliche Bezeichnung für ein Gebiet südöstlich der polnischen Stadt Chojnice, das bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges weitgehend von einer deutschsprachigen Bevölkerung bewohnt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ab Anfang des 14. Jahrhunderts wurden vom Deutschen Ritterorden im Rahmen der so genannten Deutschen Ostsiedlung deutsche Siedler in dieses Gebiet geholt. Es entstanden die Dörfer Frankenhagen, Osterwick, Petzin, Deutsch-Zekzin, Granau, Lichnau und Schlagenthin. Als im Thorner Frieden von 1466 das Gebiet westlich der Weichsel an das Königreich Polen fiel, wurden die deutschsprachigen Einwohner dieser Dörfer zwar polnische Untertanen, unterlagen aber einem besonderen Recht. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts siedelte der Konitzer Ratsherr und spätere Bürgermeister Jacob von Osnabrück zahlreiche neue Ansiedler aus seiner Heimat, dem Fürstbistum Osnabrück, in dem Gebiet an. Auch die Einwohner der neuen Dörfer (Gersdorf, Harmsdorf, Jakobsdorf, Sternberg, Damerau, Groß Zirkwitz, Obkas, Mosnitz, Henningsdorf und Döringsdorf) wurden als Koschneider bezeichnet.

Joseph Rink: Die Koschneiderei 1926

Während der Zugehörigkeit des Gebiets zum Königreich Preußen und später zum Deutschen Reich (von 1772 bis 1920 und von 1939 bis 1945) war die Koschneiderei ein Teil des Landkreises Konitz im Regierungsbezirk Marienwerder in der preußischen Provinz Westpreußen.

Sprache

Die Sprache der Koschneider war niederdeutsch, ihre Mundart gehörte zu den süd-hinterpommerschen. Sie war innerhalb des gesamten Gebietes und darüber hinaus verhältnismäßig gleichartig, jedoch wiesen die Dörfer untereinander einige Unterschiede auf. Lautmalereien und bildhafte Ausdrücke zeugten von echtem niederdeutschen Sprachgut, das sich in vielen Sprichwörtern, Redensarten, Liedern, Märchen und Sagen zeigte.[1]

Kirchen

In der Koschneiderei gab es fünf Pfarrkirchen - Damerau, Frankenhagen, Gersdorf, Lichnau, Osterwick und fünf Filialkirchen - Deutsch Cekzin, Schlagenthin, Obkaß, Gr. Zirkwitz und Mosnitz.[2]

Etymologie

Bis heute konnte Herkunft und Bedeutung des Begriffs „Koschneider/Koschneiderei“ nicht geklärt werden; es gibt verschiedene Deutungen dieses Namens. „Kopfschneider“ oder „Kuhschneider“ sind Beispiele solcher Interpretationen. [1]

Der Name selbst taucht 1830 zum ersten Male auf, bezieht sich jedoch auf die bis 1484 zurückliegende Zeit. Es ist der Name „Koschnäwen“ und „Koschnäwjen“; Koschnäwen für die Bevölkerung, Koschnäwjen für das Land. Ein wissenschaftlicher Beweis für die Herkunft dieses Namens fehlt bis heute. Ein Erklärungsansatz von Paul Panske[3] besagt, dass laut einer Urkunde von 1484 für die Koschneiderei der polnische Starost Koschnewski aus Tuchel zuständig war. Nach ihm sei die Bevölkerung, für die er zuständig war, als „Kosznewski-Leute“ bezeichnet worden, woraus dann der Name „Koschnäwjer“ entstanden sei. Als später dieser plattdeutsche Ausdruck gewissermaßen ins Hochdeutsche übertragen wurde, erscheint er im Jahre 1854 zum ersten Mal als Koschneider beziehungsweise Koschneiderei. [1][4]

Weitere ethymologische Ansätze:

Der Begriff beruhe auf dem polnischen Wort „kosa“ = Sense und „żniwiarz“ = Schnitter, Erntearbeiter, weil ihre polnischen Nachbarn gesehen hatten, daß die Deutschen richtige Bauern waren die ganze Zeit in der Erde „gebuddelt“ hätten.[5]

Der Begriff Koschneiderei stamme vom deutschen Wort „kouzen“, welches auf polnisch „paplac“ = „plappern“ (etc) heißt. Die niederdeutschen Bevölkerung der "Koschneiderei" hatten einen von dem ihrer Mittel- oder hochdeutschen Nachbarn stark abweichenden Dialekt.[5]

Weblinks

Literatur

  • Panske, Paul: Handfesten der Komturei Schlochau: nebst einigen verwandten Urkunden, Danzig,Kafemann, 1921
  • Panske, Paul: Personennachweis für die Koschnaewjerdörfer von 1651-1702, in: Schriftenreihe deutsche Sippenforschung in Polen, n. F., Heft 3, Posen - Historische Gesellschaft, 1938
  • Panske, Paul: Zur Familienkunde der sog. Koschneiderei. 1. Die Schulzen- und Lehnmannsfamilie Stolpman (Stoltmann) zu Deutsch-Zekzin. Mitteilungen des Coppernicus-Vereins fuer Wissenschaft und Kunst, 18. Heft, Thorn 1910, S. 43-57, 19. Heft, Thorn 1911, S. 64-75
  • Rink, Joseph: Koschneidersöhne, Danzig 1924
  • Rink, Joseph: Die Seele des Koschneiders, 1932
  • Rink, Joseph: Die im Weltkriege 1914-1918 aus den Koschneiderdörfern Gefallenen, Danzig 1940
  • Semrau, Maria: Die Mundart der Koschneiderei (Inaugural-Dissertation), Zeitschrift für Deutsche Mundarten Jg.1915, Heft 2, Halle a.d.S.

Einzelnachweise

  1. a b c http://www.glischinski.de/roots/Koschneiderei.html
  2. http://www.muenster.de/~nelke/Nelke1.htm
  3. Panske, Paul: Deutungsversuch des Namens der Koschnewjer, Mitteilungen des Coppernicus-Vereins, 26, W. Lanbeck, Thorn 1918
  4. http://www.schweminski.de/Hamburg.htm
  5. a b http://pl.wikipedia.org/wiki/Kosznajderia

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