Küchenabfallzerkleinerer

Küchenabfallzerkleinerer
Ein Küchenabfallzerkleinerer mit Luftdruckschalter (oben).

Ein Küchenabfallzerkleinerer (KAZ) ist ein insbesondere in den USA und Kanada weit verbreitetes Gerät zur Zerkleinerung organischer Küchenabfälle. Mit dessen Hilfe werden biologisch abbaubare Abfälle aus Privathaushalten und Kleingewerbe für den Transport durch die Kanalisation in die Kläranlage zerkleinert. Diese können dann in Faultürmen zu Klärgas umgesetzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Die Abfälle werden im Küchenabfallzerkleinerer bei fließendem Wasser durch Motorkraft fein zerteilt und als Abwasser über die öffentliche Kanalisation in die Kläranlagen transportiert. Die erforderliche Transportarbeit leistet dabei das Abwasser selbst.

Der erste Küchenabfallzerkleinerer wurde 1927 von John Hammes in den USA erfunden und in den folgenden Jahren von seiner 1938 gegründeten Firma auf den dortigen Markt gebracht. Die Zahl der im Einsatz befindlichen Zerkleinerer schätzt man in den USA auf ca. 75 Millionen, weltweit auf ca. 120 Millionen.

Eigenschaften und Funktion

Die Zerkleinerungskammer eines Küchenabfallzerkleinerers.

Die Geräte sind etwa 30 cm hoch, weisen einen Durchmesser von 15–20 cm auf und werden zwischen den Spülenablauf und dem Siphon unterhalb der Küchenspüle installiert und mit normaler Netzspannung betrieben. Der Wasserabfluss ist auch bei abgeschaltetem Gerät gewährleistet; beispielsweise bei Nutzung des Spülbeckens.

Durch den Spülenablauf fallen Küchenabfälle auf eine rotierende Scheibe, auf der kleine, bewegliche Hämmer angebracht sind, die die Abfälle durch Zentrifugalkraft gegen die Wand drücken, an der kleine scharfkantige Löcher (Durchmesser ca. 5 mm) sie so lange zerkleinern, bis sie durch diese in den Abfluss gespült werden. Langfaserige Speiseabfälle (z. B. Lauch oder Bananenschalen) können manche Geräte nur quer geteilt störungsfrei verarbeiten.

Der Drehteller rotiert typischerweise mit 1.400 bis 2.800 Umdrehungen pro Minute. Die Leistungsaufnahme der Motoren bewegt sich zwischen 200 und 1.000 Watt.

Rechtliche Situation

In der EU können KAZ zugelassen werden. So heißt es in EN 12056-1 Kapitel 4, Absatz 6: „Die Anforderungen an die Qualität und die Volumenströme von Abwasser, welches direkt in das öffentliche Kanalnetz eingeleitet wird, sind Gegenstand nationaler und regionaler Vorschriften und Technischer Regeln und sind einzuhalten. Das Eindringen von Stoffen in die Anlage, die deren Wirksamkeit stören oder die von den zuständigen Behörden nicht zugelassen sind, ist zu verhindern. Nationale und regionale Vorschriften und Technische Regeln können den Gebrauch von Abfallzerkleinerern zulassen“.[1]

In Deutschland wird eine solche Zulassung, wie in vielen EU-Ländern auch, zumeist abgelehnt. DIN 1986-100, Nr. 6.5 vom Oktober 2001:[2] „Zerkleinerungsgeräte für Küchenabfälle, Müll, Papier usw. sowie Handtuchspender mit Spülvorrichtung, bei denen das zerkleinerte Spülgut in die Entwässerungsanlage gelangen kann, dürfen nicht an die Abwasseranlage angeschlossen werden,“[3] allerdings wird das Gerät in der Nachfolgeregelung 12056 nicht mehr erwähnt. Es gibt in Deutschland kein nationales Verbot, einzelne Gemeinden verbieten aber Abfälle, auch zerkleinerte, in ihrer Abwasserverordnung. In der Schweiz verbietet das örtliche Abwasserreglement normalerweise den Einsatz ebenfalls.

Verbreitung

Küchenabfallzerkleinerer werden weltweit verwendet, hauptsächlich bekannt sind sie in den USA. In Europa sind sie explizit in folgenden Ländern zugelassen:

  • Großbritannien: Bürger erhalten in einigen Kommunen Zuschüsse für die Anschaffung von Küchenabfallzerkleinerern.
  • Irland
  • Norwegen
  • Schweden
  • Dänemark
  • Spanien
  • Italien

Praxis

Insbesondere die jahrzehntelange Praxis in den USA hat gezeigt, dass normale Küchenabwasserleitungen mit Durchmessern von 40–50 mm vollkommen ausreichend sind. Die Abwässer korrekt genutzter KAZ unterscheiden sich mit ihrem erhöhten Anteil an Speiseresten in ihrer Viskosität nicht sonderlich von denen herkömmlicher Spülenabwässer.

Argumente der Befürworter

Aufgrund von Bauart und Funktionsweise sind Küchenabfallzerkleinerer in der Regel nur in der Lage, biologisch abbaubare Abfälle zu verarbeiten. Dadurch gelangen verfahrensbedingt keine Störstoffe neben den Bioabfällen in das Abwassersystem. Dagegen stellen unzulässigerweise eingeworfene Störstoffe (überwiegend Verpackungen, Metalle, etc.) in speziellen Vergärungsanlagen für den Müll aus Abfalltonnen einen großen Kostenfaktor dar. Dieses Problem kann bei einer Einleitung der Bioabfälle per Zerkleinerer nicht auftreten.

Fricke[4] hat 2003 und in den Jahren davor genaue Untersuchungen hinsichtlich des häuslichen Wegwerfverhaltens unternommen. Im Ergebnis wurde der Anteil organischer Abfälle im Hausmüll bei 33–51 Gewichtsprozenten ermittelt. Der Anteil des organischen Abfalls habe sich auch durch die Biotonne nur auf 27–39 % verringert und bilde nach wie vor den größten Anteil am Restmüll.

Küchenabfälle bestehen bis zu 90 % aus Wasser, deshalb liegt es nahe, diese zusammen mit dem Abwasser zu entsorgen. Ferner ist es weithin Praxis, dass – trotz Verbot – organische Küchenabfälle über die Toiletten entsorgt werden. Eine vorherige Zerkleinerung ist hier eine Alternative, da zerkleinerte Partikel in der Kläranlage besser verarbeitet werden. So wie ohnehin menschliche Ausscheidungen und Klopapier im Faulturm kompostiert und das Faulgas verstromt werden, kommen andere organische Abfälle dazu.

Ein Anlocken von Ratten ist nicht zu befürchten, da Ratten nur Nahrung bestimmter Konsistenz und Größe akzeptieren. Wissenschaftliche Untersuchungen und die jahrzehntelange Praxis in den USA zeigen zudem, dass sich durch den Einsatz von KAZ die Rattenpopulationen eindämmen lassen, weil den Tieren ein Teil der Nahrungsgrundlage entzogen wird. Das größere Problem bei Leitungsverstopfungen ist den Wasserinstallateuren bekannt: abgelagerte Fette, die an der Leitungswand abkühlen und hart werden, können nur mechanisch entfernt werden. Die zusätzlichen, wenn auch winzigen Feststoffe schaffen im Gegenteil also zusätzlichen Abrieb.

Seit Mitte 2005 ist die Deponierung unbehandelter Abfälle in der EU größtenteils verboten. In Deutschland findet daher kaum mehr eine Deponierung statt. Der sogenannte Restmüll wird verbrannt. Mit Hilfe der KAZ ließe sich das Restmüllvolumen sehr stark reduzieren. Des Weiteren erhofft man sich erhebliche Kostenvorteile für den Bürger, da der Entsorgungsaufwand der Biotonne weitgehend entfällt oder verringert würde und sich der Betriebsablauf in den Kläranlagen verbessert.

Insbesondere Allergiker oder sonstige gesundheitlich disponierte Menschen haben mit einem KAZ die Möglichkeit, das unvermeidliche Entstehen von Mykotoxinen von Anfang an zu verhindern, weil das unerwünschte organische Material sofort beseitigt wird (siehe auch Biotonne).

Viele Kläranlagen leiden unter einem schlechten C/N-Verhältnis und müssen zur Erlangung der vom Gesetzgeber geforderten Grenzwerte bei Stickstoff dem Abwasser Kohlenstoff zugeben, damit die Denitrifikation durchgeführt werden kann. Dies wird heute zumeist durch die Zugabe teurer externer Kohlenstoffquellen wie z. B. Methanol, Zucker, Essigsäure, etc. erreicht. Durch die kohlenstoffhaltigen Küchenabfälle erspart sich die Kläranlage diesen Aufwand. Daher sind einige Kläranlagen mit einem hohen Anteil an stickstoffhaltigem Urin im Abwasser dazu übergegangen, extern Küchenabfälle zuzukaufen und diese zerkleinert dem Abwasser hinzuzufügen.

Vorteile gegenüber der Kompostierung von Biomüll

Feuchte Bioabfälle eignen sich nicht gut zur Kompostierung, weil sich in den Kompostmieten während der Rotte unvermeidlich anaerobe Zonen bilden, in denen große Mengen Treibhausgase (vor allem Methan) entstehen. Deswegen müssen Mieten während der Rotte mittels fossiler Energie (z. B. Dieselkraftstoff für den Traktor) bis zu 30-mal umgesetzt werden. Bei Trommelanlagen kommt elektrische Energie zum Einsatz. Die Abbestellung der Biotonne bringt eine unmittelbare Ersparnis von etwa 50 Euro jährlich im Durchschnitt.

Produktion von Biogas (Klärgas)

Mit zunehmender Tendenz wird auch in deutschen Kläranlagen die so genannte Co-Vergärung betrieben, d. h. zersetzbare Abfälle mit hohem Wasser- und ausreichend hohem Energieinhalt werden zusammen mit dem Schlamm aus dem Vorklärbecken im Faulbehälter vergoren. Das entstehende Biogas (in Kläranlagen Klärgas genannt) mit einem hohen Methananteil wird in der Anlage verstromt, die Abwärme zur Beheizung der Betriebsgebäude und Faulbehälter genutzt.

Allerdings kommen in der Praxis in Deutschland von wenigen Ausnahmen (wie z.B. die städtische Kläranlage Baden Baden) kaum Bioabfälle als Co-Substrat zum Einsatz, sondern hauptsächlich gesondert angelieferte und vorbehandelte Stoffe. Die jahrzehntelange, sehr erfolgreiche Praxis der Co-Vergärung von Küchenabfällen in den USA zeigt, dass eine Vergärung auch in anderen Ländern möglich wäre.

Wie Erfahrungen aus dem Betrieb landwirtschaftlicher Biogasanlagen zeigten, ist das Verarbeiten eines Gemisches (Co-Vergärung) aus normalen Hausabwässern und zerkleinerten Bioabfällen deutlich stabiler zu betreiben als eine herkömmliche Monovergärung. Vergärungsanlagen für Bioabfälle haben oft mit der Zusammensetzung der Gärsubstrate zu kämpfen, was sich anhand schwankender Gaserträgen zeigt. Die Zufuhr stets neuer Bakterienkulturen aus dem Abwasser stabilisiert die Abbauprozesse und sorgt für eine konstante Gasproduktion.

Im Gegensatz zum herkömmlichen Kompostieren, welches hauptsächlich aufgrund der unvermeidbaren Produktion hochpotenter Treibhausgase wie z. B. Methan mit einer sehr schlechten Klimabilanz aufwartet, kann man den durchschnittlichen Energiegehalt von 3,9 MJ je kg Küchenabfall im Rahmen der Co-Vergärung im Faulbehälter der Kläranlage nutzbar machen.

Auch in der neuesten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz wird der aus Klärgas in Abwasserbehandlungsanlagen erzeugte Strom weitaus schlechter vergütet als z. B. Biogas aus Mais- oder Grünsilage. Dies stellt eine Benachteiligung der Nutzung dieser regenerativen Ressource dar und führt auch dazu, dass die Investitionen des Bürgers in die flächendeckende Abwasserentsorgung im Wert von etwa zwei Billionen Euro nicht im erforderlichen Umfang zur Energieerzeugung genutzt werden kann.

Gegenargumente und Reaktionen

Gegenargumente

Durch die Einbringung von zusätzlichem Bioabfall erhöhe sich der Zulauf der Kläranlagen mit Abwässern organischen Materials. In vielen Fällen seien die Anlagen für diese zusätzlichen Mengen nicht ausgelegt. Eine Vergrößerung der Anlagen nur wegen der Bioabfälle wäre erforderlich, aber wirtschaftlich nicht sinnvoll. Es wird auch als volkswirtschaftlich fragwürdig dargestellt, erst feste Abfälle mit Aufwand an Energie und Trinkwasser dem Abwasser zuzufügen, um sie andererseits innerhalb der Kläranlagen wieder zu trennen. Aufgrund der Vermischung mit anderen Stoffen sei dann keine hochwertige Verwertung mehr möglich.

Ebenfalls bringt man vor, es bildeten sich im Kanalnetz verstärkt Ablagerungen. Diese erhöhten den Wartungsaufwand. Da in Deutschland noch immer etwa die Hälfte aller Kanalsysteme als Mischsystem für Regen- und Abwasser ausgelegt sei, käme es bei Starkregenereignissen dort zu einem zusätzlichen Austrag über die Entlastungsanlagen direkt in die Vorfluter. Bei Trennsystemen gäbe es diesen Effekt nicht.

Zudem würde die Biotonne durch die Einführung von Küchenabfallzerkleinerern letztlich nicht überflüssig, da Gartenbesitzer diese auch für Gartenabfälle nutzten.

Müllverbrennungsanlagen sind auf einen konstanten Brennwert der Abfälle angewiesen. Er soll eher niedriger als höher sein, weil ansonsten die Verbrennungstemperaturen zu stark anstiegen und somit die Standzeit der kostspieligen Roste sinkt. Ein Großteil dessen, was in den Anlagen verbrannt würde, bestünde aus Verpackungen, Kunststoffen, sowie Papier und Pappe. Eine Mischung ohne die feuchten Küchenabfälle wiese einen Energieinhalt von 25 und mehr MJ/kg auf und sei damit zu hoch. Die feuchten Küchenabfälle sorgten für einen anlagenverträglichen Wert. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung spielten die Erlöse beim Verkauf von Wärme und Strom in der Kalkulation einer Müllverbrennungsanlage meist keine Rolle, wohl aber die Instandhaltungskosten, z.B. der Feuerroste.

Argumente der Befürworter

Die Anforderungen der EN 12056-1 seien prohibitiv. Man wolle unter anderem vermeiden, dass Bioabfälle der lukrativen Entsorgung durch das System der „Bio-Tonne“, „Grünen Tonne“ oder „Braunen Tonne“ entzogen werden. Stünden die Küchenabfälle hier nicht mehr zur Verfügung, stellte sich die Frage nach der Existenzberechtigung des teuren Hol-Systems der häuslichen Bioabfälle, welches durch die Müllgebühren des Bürgers finanziert wird.

2007 wurden bundesweit ca. 6 Millionen Tonnen Bioabfälle gesammelt, wofür die Bürger bei durchschnittlichen Kosten in Höhe von 100 EUR/Tonne mit Gebühren in Höhe von ca. 800 Millionen Euro belastet wurden. Bei einem Einsatz von KAZ würden diese Umsätze stark geschmälert. Die Bürger würden nicht nur Müll-Gebühren sparen, die Abwassergebühren könnten ebenfalls sinken, da in vielen Fällen Kläranlagen energieautark werden könnten, weil sie die Energie aus den Bioabfällen nutzten. [5]

Quellen

  1. (DIN) EN 12056-1, CEN (Europäisches Komitee für Normung), 19861, 2001, Kapitel 4, Absatz 6, S. 5; darin auch: „Eine EN hat den Status einer Deutschen Norm“. Installation siehe S. 10
  2. Franz-Josef Heinrichs: Neue europäische Entwässerungsnorm – Welche Veränderungen bringt sie für den Sanitärfachmann? in IKZ-Haustechnik, Ausgabe 8/2001, Seite 27 ff.
  3. DIN, Normenausschuss Wasserwesen, 1986-100:2002-03, 6.5, Berlin 2002, S. 18
  4. Fricke, Goedecke, Einzmann: Die Getrenntsammlung und Verwertung von Bioabfällen – Bestandsaufnahme 2003 (PDF, 319 KB); In: „Die Zukunft der Getrenntsammlung von Bioabfällen“, Schriftenreihe des ANS 44, Orbitverlag, Weimar, S. 11–64; Abschnitt 3.1.1
  5. kompost.de: Mehr als 6 Millionen Tonnen Bioabfälle
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