Laika

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Die Hündin Laika (russisch Лайка) war das erste Lebewesen, das vom Menschen gezielt in eine Umlaufbahn um die Erde befördert wurde. Im Rahmen der Mission Sputnik 2 wurde sie am 3. November 1957 an Bord des sowjetischen Raumflugkörpers ins All geschickt. Ihre Rückkehr zur Erde war zwar nicht vorgesehen, dennoch überraschte ihr früher Tod. Über den Zeitpunkt ihres Todes und die Todesursache herrschte jahrzehntelang Unklarheit. 2002 wurde bekannt, dass Laika einige Stunden nach dem Start der Rakete starb, vermutlich an Überhitzung und Stress. Die Mission gilt dennoch als Erfolg. Die Erkenntnisse aus Sputnik 2 ermöglichten letztlich erst die bemannte Raumfahrt mit Juri Gagarin.

Inhaltsverzeichnis

Planung der Mission

Rumänische Briefmarke, 1959 mit Hündin Laika

Im Wettlauf mit den USA um die Eroberung des Weltraums gelang es am 4. Oktober 1957 der Sowjetunion, mit Sputnik 1 den ersten Satelliten in eine Erdumlaufbahn zu bringen. Nach diesem Erfolg plante Nikita Chruschtschow eine zweite Weltraummission am 7. November 1957, dem 40. Jahrestag der Oktoberrevolution. Um den gewünschten propagandistischen Effekt zu erzielen, sollte diesmal ein Säugetier den Weltraum erreichen.

Russischen Quellen zufolge fiel die offizielle Entscheidung zum Start von Sputnik 2 erst am 10. oder 12. Oktober. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein Satellit in Arbeit, der jedoch nicht vor Dezember desselben Jahres hätte fertig gestellt werden können (er wurde später als Sputnik 3 ins All geschickt). Daher bauten die Ingenieure einen neuen, einfacheren Satelliten. Um die gesetzte Frist einzuhalten, wurde dieser in großer Eile entworfen, und viele Teile wurden nach groben Skizzen angefertigt. Neben dem primären Ziel, einen lebenden Passagier ins Weltall zu befördern, sollte Sputnik 2 auch zur Messung von kosmischer Strahlung ausgerüstet werden.

Laika war als Streuner auf den Straßen Moskaus aufgegriffen worden. Sie war eine ca. dreijährige Mischlingshündin von etwa sechs Kilogramm Gewicht. Ihre genaue Herkunft kann nicht mehr ermittelt werden, aber es gilt als sicher, dass sie teils Husky, teils Terrier war. Ihr eigentlicher Name war Kudrjawka (Кудрявка; dt.: Löckchen). Den Namen Laika (Лайка; dt.: Kläffer) – nach der gleichnamigen russischen Hunderasse – erhielt sie erst später. Spitznamen waren Tschuschka (Чушка; dt.: Käferlein) und Limontschik (Лимончик; dt.: Zitrönchen). Die amerikanische Presse taufte sie Muttnik (von mutt, ein mischrassiger Hund), und Tierrechtsaktivisten nannten sie Curly (dt.: Lockige) in Anlehnung an ihren eigentlichen Namen Kudrjawka.

Vorbereitung der Mission

Modell des Sputnik 2 im Polytechnischen Museum in Moskau

Sowohl die Sowjetunion als auch die USA hatten schon Erfahrungen mit Lebewesen in großen Höhen gesammelt. Beide hatten Tiere bis dahin aber nur auf suborbitale Flüge geschickt. Ein Lebewesen in die Erdumlaufbahn zu bringen, stellte eine neue Herausforderung dar. In der Sowjetunion gab es bereits seit mehreren Jahren ein Programm, in dem verschiedene Tiere mit Raketen in die Hochatmosphäre befördert wurden, und die Daten daraus kamen der Vorbereitung auf Sputnik 2 sehr zugute. So zeigte sich in den Tests beispielsweise, dass Hunde die Belastungen am besten verkraften konnten. Außerdem konnten die gleichen Kapseln auch für Sputnik 2 verwendet werden, was den Wissenschaftlern eine enorme Zeitersparnis einbrachte.

Für Sputnik 2 wurden drei Hündinnen vorbereitet: Albina, Muschka und Laika. Alle drei waren schon bei Höhenforschungsprogrammen dabei. Albina absolvierte zwei suborbitale Flüge mit einer Testrakete und sollte notfalls als Ersatzhündin für Laika einspringen können. Mit Muschka wurden die Instrumente und Lebenserhaltungssysteme getestet. Laika wurde vom russischen Weltraumexperten Oleg Gasenko ausgewählt und trainiert. Sie blieb während der vorangegangenen Tests auch unter lange andauernden und intensiven Belastungen vergleichsweise ruhig, was sie für den Raumflug prädestinierte. Um die Tiere an die kleine Kabine von Sputnik 2 zu gewöhnen, wurden sie in immer kleineren Käfigen gehalten, jeweils für 15 bis 20 Tage. In der Enge hörten sie auf, Fäkalien auszuscheiden; sie wurden deshalb unruhig, und ihre Verfassung verschlechterte sich. Selbst Abführmittel konnten ihren Zustand nicht merklich verbessern; nur lange Trainingseinheiten waren dazu in der Lage.

Die Hündinnen wurden auch in Zentrifugen gesteckt, welche die Beschleunigung bei einem Raketenstart simulierten. Spezielle Apparate erzeugten den Lärm und die Vibrationen in der Kapsel beim Start. Tests dieser Art bewirkten einen verdoppelten Herzschlag und einen um 30 bis 65 mmHg (torr) erhöhten Blutdruck. Außerdem gewöhnte man die Hunde an ein besonderes Gel mit hohem Nährwert, das ihnen im Weltraum als Nahrung dienen sollte.

Nach einem Dokument der NASA wurde Laika bereits am 31. Oktober 1957 in dem Raumflugkörper untergebracht, drei Tage vor dem Start der Mission. Zu dieser Jahreszeit waren die Temperaturen am Startgelände in Baikonur äußerst niedrig. Deshalb wurde die Kapsel über einen Schlauch mit einer Klimaanlage verbunden, um den Container warm zu halten. Zwei Betreuer wurden beauftragt, Laikas Zustand ständig zu prüfen. Direkt vor dem Start der Rakete reinigte man Laikas Fell mit einer schwachen Alkohollösung. Auf wichtige Stellen ihres Körpers strich man Iod und befestigte dort Sensoren, die ihre Körperfunktionen überwachen sollten.

Die Kapsel wog ohne die Hündin 18 kg. Die druckregulierte Kabine von Sputnik 2 war innen gepolstert und bot so viel Raum, dass Laika stehen oder liegen konnte. Ein Lüftungssystem versorgte die Zelle mit Sauerstoff, und ein Ventilator kühlte sie, sobald die Innentemperatur 15 °C überstieg. Nahrung und Wasser war in Gelform vorhanden. Laika wurde mit einem Korsett versehen sowie mit einem Beutel für Fäkalien und Elektroden zur Messung der Vitalfunktionen. Die telemetrisch übermittelten Informationen zeigten an, dass Laika aufgeregt war, aber Nahrung zu sich nahm.

Laikas Reise

Am 3. November 1957 um 2:30 Uhr startete die Rakete vom Kosmodrom Baikonur. Während der ersten Minuten nach dem Start zeigten die Sensoren an, dass Laikas Puls auf den dreifachen Wert des Ruheniveaus stieg. Nachdem sie die Schwerelosigkeit erreicht hatte, sank ihr Puls wieder; allerdings dauerte das dreimal so lange wie bei den vorangegangenen Tests am Boden. Das deutete auf hohen Stress hin. Nach etwa fünf bis sieben Stunden Flugzeit wurden vom Raumflugkörper keine Lebenszeichen mehr übermittelt. Das Tier war infolge schlechter Wärmeisolierung an Überhitzung gestorben.

Fünf Monate später, nachdem er die Erde 2570 mal umlaufen hatte, wurde der Satellit beim Wiedereintritt in die Atmosphäre am 14. April 1958 endgültig zerstört. Die Reste von Sputnik 2 verbrannten über dem Karibischen Meer.

Laikas Rückkehr zur Erde war in der Missionsplanung nicht vorgesehen. Ursprünglich war geplant, Laika nach zehn Tagen im Orbit vergiftetes Futter zu verabreichen, um ihr einen qualvollen Tod beim Wiedereintritt in die Atmosphäre zu ersparen. Die Sowjetunion gab widersprüchliche Erklärungen ab. So sollte sie an Sauerstoffmangel gestorben oder, wie ursprünglich geplant, vergiftet worden sein. Die wahre Todesursache wurde erst nach Jahrzehnten öffentlich gemacht.

Zur damaligen Zeit kursierten viele Gerüchte über den genauen Hergang ihres Todes. 1999 gaben verschiedene russische Quellen an, dass Laika nach vier Tagen gestorben sei, als sich die Kabine überhitzt habe. 2002 berichtete der Biologe Dr. Dmitri Malaschenkow vom Institut für Biologische Fragestellungen in Moskau, einer der beteiligten Wissenschaftler am Sputnik-2-Programm, beim World Space Congress in Houston, Texas, dass Laika bereits zwischen fünf und sieben Stunden nach dem Start an Überhitzung und Stress verstarb. Vorher meldeten die Messgeräte einen Anstieg der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit. In einem Dokument, das Malaschenkow dabei vorlegte, heißt es, es sei in solch kurzer Zeit praktisch unmöglich gewesen, eine verlässliche Temperaturregelung zu bauen.

Manche gingen davon aus, dass sich zwar nach dem Eintritt in die Erdumlaufbahn die Kapsel erfolgreich abgetrennt habe, jedoch habe sich die letzte Raketenstufe nicht wie geplant abgelöst. Deshalb habe das Temperaturkontrollsystem nicht ordnungsgemäß arbeiten können, was zu einem Temperaturanstieg und dem Tod der Hündin geführt habe. Tatsächlich war Sputnik 2 aber bewusst so konzipiert worden, dass die letzte Stufe mit der Kapsel verbunden blieb. Weil die schwere Endstufe wegen der Gravitation stets zur Erde zeigte, konnte man auf diese Weise unerwünschte Taumelbewegungen der Kapsel vermeiden.

Wahrscheinlich war der Grund für den Temperaturanstieg, dass sich ein Teil der Hitzeabschirmung von der Kapsel löste. Das Kontrollsystem war wegen dieses Defekts überfordert, die Innentemperatur wieder herabzuregeln. In der Folge stieg die Temperatur in der Kapsel auf 40 °C, was Laikas vorzeitigen Tod verursachte.

Noch weitere Hunde starteten vom sowjetischen Weltraumbahnhof Baikonur ins All. Als erste kehrten die Hunde Strelka und Belka am 20. August 1960 an Bord von Sputnik 5 lebend zurück.

Reaktionen

Laikas Raumflug verursachte weltweit Aufregung. Erst einen Monat zuvor hatten die Sowjets den ersten künstlichen Satelliten ins All geschickt. Das hatte dem Westen vor Augen geführt, wie weit das sowjetische Weltraumprogramm bereits fortgeschritten war, und den so genannten Sputnikschock ausgelöst. Sputnik 2 war sogar um einiges schwerer als das Vorgängermodell, konnte aber dennoch fast doppelt so weit ins All gebracht werden – noch dazu mit einem lebenden Passagier an Bord. Die Vereinigten Staaten hatten bis dahin noch keinen einzigen Satelliten gestartet und drohten in diesem Wettlauf weiter zurückzufallen. Infolgedessen wurde in den Vereinigten Staaten die Arbeit an einem eigenen Satelliten Vanguard vorangetrieben. Innerhalb weniger Wochen konstruierten die amerikanischen Wissenschaftler, unter ähnlichem Druck wie die russischen Ingenieure, ihren künstlichen Trabanten. Allerdings explodierte die Trägerrakete beim Start, ein weiterer Rückschlag für die USA.

Bis zu Laikas Flug war nicht bekannt, ob Lebewesen unter Schwerelosigkeit überhaupt überleben können. Insofern waren auch die wenigen Stunden, in denen Sputnik 2 die ersten biomedizinischen Daten aus dem All übermittelte, ein Meilenstein in der Raumfahrtgeschichte. Allerdings war die Mission weniger wissenschaftlich als vielmehr propagandistisch motiviert.

Die Tatsache, dass Laikas Tod während der Weltraumfahrt von vornherein einkalkuliert war, führte weltweit zu einer Debatte über Tierversuche und den Missbrauch von Tieren im Namen des wissenschaftlichen Fortschritts. Im Vereinigten Königreich rief die National Canine Defence League in regelmäßigen Abständen die Hundebesitzer Großbritanniens zu Schweigeminuten auf. Die Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals begann schon mit Protesten, bevor die Sowjetunion den Erfolg der Mission verkündete. Tierrechtsgruppen forderten die Öffentlichkeit zu Demonstrationen vor sowjetischen Botschaften auf. Allerdings waren diese Proteste zumindest teilweise politisch motiviert.

Die negativen Reaktionen im Westen beunruhigten die Sowjetunion. Die Tierrechtsdebatte wurde zu einer Gefahr, den Ruhm des Projekts erheblich zu schmälern. Deshalb war der politischen Führung der Sowjetunion daran gelegen, nur wenige Informationen über den tatsächlichen Ablauf der Mission nach außen dringen zu lassen. Stattdessen traten Regierungssprecher und Gesandte gezielt mit Falschinformationen an die Öffentlichkeit, um die Stimmung im Westen zu beruhigen. Im Ostblock gab es daher keine solche Kontroverse. Auch die sowjetischen Publikationen in den darauf folgenden Jahren stellten die Entscheidung nicht in Frage, die Hündin im Weltraum sterben zu lassen.

Nach dem Ende des Kalten Krieges drückten jedoch zahlreiche Mitarbeiter im Sputnik-Projekt ihr Bedauern über Laikas Ableben aus. Oleg Gasenko, ehemals Laikas verantwortlicher Ausbilder und führender Raketentechniker, äußerte sich 1998 öffentlich zu Laikas Tod: „Je mehr Zeit vergeht, desto mehr tut es mir leid. Wir haben durch die Mission nicht genug gelernt, um den Tod des Hundes zu rechtfertigen.“

Rezeption

Diese Bodenprobe vom Mars wurde Laika genannt.

Laikas Flug ins All machte sie wohl zu einem der bekanntesten Hunde überhaupt. Im November 1997 präsentierte das Institut für Luftfahrt und Weltraummedizin in Moskau ein Monument zum Gedenken an die tödlich Verunglückten unter den Kosmonauten. In einer Ecke der Erinnerungstafel ist auch Laika zu sehen. Außerdem wurde sie auf diversen Briefmarken in verschiedenen Ländern rund um den Globus abgedruckt, Schokoladen und Zigaretten wurden nach ihr benannt, und eine große Zahl an Erinnerungsstücken wird heutzutage auf Auktionen angeboten.

Am 9. März 2005 wurde von der Marssonde Opportunity eine Bodenprobe untersucht. Inoffiziell benannten die Missionsleiter dieses Stückchen Marsboden Laika. Es befindet sich in der Nähe des Wostok-Kraters in Meridiani Planum.

Literatur

  • Chris Dubbs: Space Dogs: Pioneers of Space Travel. Writer’s Showcase Press, 2003, ISBN 0-595-26735-1
  • G. G. Gowortschin: Soviets in Space – An historical Survey. Spaceflight, Mai 1965
  • V. N. Tschernow und V. I. Jakowlew: Scientific research during the flight of an animal in an artificial earth satellite. Artificial Earth Satellite, Nummer 1, 1958
  • Matthias Gründer: Lexikon der bemannten Raumfahrt. Raketen, Raumfahrzeuge und Astronauten. Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2001, ISBN 3-89602-287-3
  • Karen Duve, Thies Völker: Lexikon berühmter Tiere. Eichborn Verlag, 1997, ISBN 3-8218-0505-6

Weblinks

 Commons: Laika – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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