Anna Oppermann

Anna Oppermann

Anna Oppermann (* 18. Februar 1940 in Eutin; † 8. März 1993 in Celle; geborene Regine Heine) war eine deutsche bildende Künstlerin. Sie lebte in Hamburg und war mit dem Künstler Wolfgang Oppermann verheiratet.

Anna Oppermann nimmt eine herausgehobene, synthetisierende Position in der bildenden Kunst der 1960er und 70er Jahre ein, die sich in Richtungen wie Konzeptkunst, Arte Povera, Spurensicherung, Individuelle Mythologie und Narrative Art manifestierte. Ihre „Ensembles“ fanden zu einer Kombination von konzeptueller und bildnerischer Arbeitsweise, mit der sie sowohl analytisch wie auch plastisch narrativ auf die Kunst- und Alltagswelt am Ende des 20. Jahrhunderts einging.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Studium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg sowie einem Philosophiestudium an der Universität der Freien und Hansestadt (1962–68) ließ sich Oppermann als freischaffende Künstlerin in Hamburg nieder, wo sie bis zu ihrem Tod ansässig blieb. Ab Ende der sechziger Jahre entwickelte sie ihre besondere Arbeitsweise, beeinflusst von so gegenläufigen Strömungen wie einerseits der Pop Art und anderseits der Prozess- und Konzeptkunst, deren zentrale Vertreter in der damaligen Hamburger Kunstszene viel gezeigt und intensiv rezipiert wurden. Ihre Ensembles sind offene Sammlungen und Arrangements, die aus bisweilen mehreren hundert Bildleinwänden, Fotografien, Zeichnungen, Objekten, Skulpturen, architektonischen Elementen, Schrifttafeln und Schriftbändern bestehen und zu verstehen sind als im Raum ausgebreitete Bild- und Denkprozesse. Zentrale Themen der Künstlerin waren Übergänge zwischen Realität und Fiktion, Konflikte im Umgang mit Menschen, Kunst, Traditionen und Fragen der Ökonomie. Ausgehend von kleinen thematischen Stillleben formte, fotografierte, malte und schrieb sie, sammelte zudem Zitate aus Philosophie, Wissenschaften und Printmedien. Jedes neue Element im Bildprozess wurde Teil des Arrangements und Gegenstand weiterer Abbildungen und Reflexionen. Sukzessive entstanden raumgreifende Ensembles, in denen nah gerückte Stillleben mit distanzierten Arrangementansichten abwechseln, in denen Details hervorgehoben oder durch Überlagerungen verborgen sind. Bis zu ihrem frühen Tod arbeitete die Künstlerin an über 60 Konvoluten mit unterschiedlichen Ausmaßen und Wachstumsphasen – je nach Bedeutung und Aktualität, die das aufgerollte Thema für sie besaß.

1972 stellte Oppermann die ersten Ensembles in der Hamburger Kunsthalle, in Trier und in Berlin aus. Die Arbeiten erregten Aufsehen und sorgten zunächst für kontroverse Diskussionen. Verunsichert durch die wuchernde, unabgeschlossene Form und die zum Teil persönlichen Inhalte, behandelte die konservative Kunstkritik die Werke als wirre Selbstbekenntnisse. Das „Angebot zur Kommunikation“ (Oppermann) kann aber nur annehmen, wer mit der Künstlerin überkommene Auffassungen von Kunst in Frage stellt. So erteilt sie dem Mythos Künstler und dem Geniekult eine Absage. Statt klar geformter Ergebnisse zeigt sie den Weg der Bildproduktion mit seinen Fehlern, Umwegen und Überschüssen. Und sie bewegt sich bei der Bilderstellung zwischen persönlichem Alltag und Kunstwelt, zwischen Massenmedien und diversen wissenschaftlichen Disziplinen, um die Wechselbedingungen und -wirkungen zwischen Privatem und Allgemeinem nachzuzeichnen.

Werke

Oppermanns Arbeitsweise und Themen berührten damit wichtige Fragen, die seit den ausgehenden 1960er Jahren diskutiert werden. Dem Werk wurde entsprechend schnell und dauerhaft internationale Anerkennung zuteil. Ensembles waren auf vielen internationalen Ausstellungen wie der documenta 6 (1977), der documenta 8 (1987) in Kassel und der Biennale von Sydney (1984) zu sehen. Zur Biennale in Venedig wurde sie 1980 als wichtige Vertreterin der Kunst der 1970er Jahre eingeladen. Zwei große Retrospektiven, die erstmals acht der großen Ensemblewerke gleichzeitig präsentierten, fanden 1984 und 1985 im Kunstverein in Hamburg und im Bonner Kunstverein statt. In der Hamburger Kunsthalle sind heute die Ensembles Öl auf Leinwand (1981–92) und MKÜVO (Mach kleine überschaubare verkäufliche Objekte) (1979–84) zu sehen. Ferner richtete die Künstlerin 1991 das Ensemble Pathosgeste MGSMO (Mach grosze schlagkräftige machtdemonstrierende Objekte) (1984–91) im Altonaer Rathaus ein. Nach ihrem Tod wurden bislang acht Ensembles in Museen und Kunstinstitutionen, Kunstmessen wie dem Sprengel Museum Hannover (1993), dem Museum of Contemporary Art Sydney (1994), dem P.S.1 New York (1999) und dem Museum für Gegenwartskunst, Siegen (2005) neu installiert. Für 2007 ist eine Retrospektive mit fünf Ensembles der Künstlerin im Württembergischen Kunstverein Stuttgart in Vorbereitung.

Randhinweis: Einzelleinwände des Ensembles Problemlösungsauftrag an Künstler (Raumprobleme) (seit 1978) sind als Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg ausgestellt; in dieses Ensemble integrierte Oppermann eine handschriftliche Abschrift aus Arno Schmidts Essay Der sanfte Unmensch (vgl. die Beschreibung und Reproduktion bei Legde 2000). Das Ensemble selbst befindet sich im Besitz der Sammlung Falckenberg und wurde zuletzt im La Maison Rouge, Paris, 2004 ausgestellt.

Preise

Anna Oppermann erhielt wichtige Preise und Stipendien wie den Edwin-Scharff-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg (1977), den Villa-Romana-Preis Florenz (1977), den Förderpreis Glockengasse (1980), das Stipendium Cité Internationale des Arts Paris (1981) und Kunstpreis der Heitland Foundation, Celle (1985). Nach Gastprofessuren an der Hochschule für bildende Künste Hamburg in den Jahren 1976 und 1978 lehrte sie von 1982 bis 1990 als Professorin an der Bergischen Universität Wuppertal und anschließend bis zu ihrem Tod an der Hochschule der Künste Berlin (heute: Universität der Künste Berlin).

Aktuelle Ausstellungen

  • 2004 Anna Oppermann. Spiegel / Räume, Hamburg, art agents gallery:
  • 2006 Anna Oppermann - Der ökonomnische Aspekt, Galerie Kienzle&Gmeiner, Berlin - noch bis 24. Februar 2007
  • 2007 "Anna Oppermann - Revisionen der Ensemblekunst", Württembergischer Kunstverein Stuttgart vom 17. Mai - 12. August 2007
  • 2007 "Anna Oppermann - Ensembles", Generali Foundation Wien vom 27. September 2007 - 27. Januar 2008

Literatur

  • Anna Oppermann. Ensembles 1968-1992, Ute Vorkoeper (Hg.). Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz 2007 (anlässlich der Ausstellungen Anna Oppermmann. Revisionen der Ensemblekunst im Württembergischen Kunstverein Stuttgart und der Generali Foundation Wien)
  • Anna Oppermann. Ensembles 1968-1984, Katalog zur Ausstellung im Kunstverein Hamburg, Bonner Kunstverein; Hamburg/Brüssel 1984
  • Perdita von Kraft, Anna Oppermann, Hannover 1994 (=Kunst der Gegenwart aus Niedersachsen 40).
  • Andrea Legde, Anna Oppermann: Das Ensemble als Methode, in: Ursula Peters, Moderne Zeiten. Die Sammlung zum 20. Jahrhundert, in Zusammenarbeit mit Andrea Legde, Nürnberg 2000, S.270-273 (=Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Bd.3).
  • Anna Oppermann. Paradoxe Intentionen, hrsg. v. Ute Vorkoeper, Begleitpublikation zur Ausstellung im Kunstverein Celle 1998, Hamburg, Brüssel 1998.
  • Carmen Wedemeyer, Anna Oppermanns Ensemble "Umarmungen, Unerklärliches und eine Gedichtzeile von R.M.R.". Ein hypermediales Bild-Text-Archiv zu Ensemble und Werk, (CD-ROM mit Beilage) Frankfurt am Main 1998.
  • Ute Vorkoeper, Anna Oppermann, Lexikoneintrag in: Hamburgische Biografiewo unter anderem «»Linda Oppermann«» mit einbeschlossen war, zusammengestellt vom Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Hamburg (erscheint 2006 = Grundlage des Wikipedia-Eintrags)

Weblinks


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