Landi-Stuhl

Landi-Stuhl

Der Landi-Stuhl ist ein Stuhl aus gehärtetem Aluminium, der von Hans Coray (1906-1991) für die Schweizerische Landesausstellung («Landi») von 1939 entworfen worden ist. Der Schalenstuhl gilt als Schweizer Design-Klassiker und gehört zu den meistverkauften Freilandstühlen des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

zwei Landi-Stühle
links: Original-Design (repariert mit 2 Streben zwischen Sitz und Lehne)
rechts: Design in Nachbauten ab 1962

Der Entwurf von Hans Coray ging 1938 als Sieger aus einem Wettbewerb für ein Stuhlmodell hervor, das in einer Zahl von 1.500 Stück im Ausstellungsgelände der «Landi» verteilt werden sollte. Für den im Zeichen der nationalen Selbstbehauptung der 1930er-Jahre («Geistige Landesverteidigung») stehenden Grossanlass musste Aluminium als Material Verwendung finden, da es als typisches Schweizer Metall galt. In der Schweiz hatte sich während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Aluminium-Industrie etabliert, nachdem dank des damals forcierten Baus von Wasserkraftwerken erstmals die für die Aluminiumgewinnung nötigen grossen Strommengen (Schmelzflusselektrolyse) verfügbar geworden waren. An der «Landi» gab es einen eigenen Pavillon der schweizerischen Aluminium-Industrie.

Nach Abschluss der Landesausstellung konnten die Stühle für fünf Franken das Stück von den Besuchern erworben werden. Der Landi-Stuhl wurde von der P. & W. Blattmann Metallwarenfabrik Wädenswil (MEWA) aber auch nach 1939 weiter produziert, ab 1970 ebenso von der italienischen Firma Zanotta unter dem Namen «Spartana». Der Konkurs der MEWA im Jahr 2001 und Rechtsstreitigkeiten führten zu einem Produktionsende. Seit 2007 stellt die Schweizer Westermann AG den Stuhl wieder nach der Originalvorlage her.

Den Landi-Stuhl kennzeichnen Eignung zur Massenproduktion, Wetterfestigkeit und einfacher Gebrauch: er besteht aus rostfreiem Leichtmetall, ist bloss drei Kilogramm schwer und lässt sich stapeln. Er erregte bei der Einführung aber nicht nur aufgrund der überzeugenden Form und Funktionalität Aufsehen, sondern auch wegen seiner damit in direktem Zusammenhang stehenden industriellen Fertigung, in die materialwissenschaftliche Studien der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) einflossen. Wichtige Aspekte des Landi-Stuhls waren besondere Verfahren der Härtung und Oberflächenbehandlung sowie die Anwendung von Guss und Druckpressen (Aluminiumdruckguss) in der Herstellung. Die charakteristische Perforation der Sitzschale entstammte allerdings dem Flugzeugbau und verlieh dem Stuhl neben einer höheren Steifigkeit sowohl visuelle als auch physische Leichtigkeit. 1962 wurde das Design modifiziert, indem anstelle der originalen sieben Löcher pro Reihe nur noch sechs und anstelle von insgesamt 91 Löchern nur noch 60 gesetzt wurden, um angeblich Ermüdungsrissen vorzubeugen, die sich zuweilen im Übergang zwischen Sitz- und Lehnbereich bildeten. [1] Seit 2007 wird der Stuhl wieder im originalen Design produziert.[2] elastische Kappen an den Füssen kamen erst am Ende der 50er Jahre hinzu. Auf sie wurde ursprünglich verzichtet, da der Stuhl nur für den Aussenbereich vorgesehen war.[1]

Der Landi-Stuhl gilt als Vorreiter moderner Aluminiumstühle, doch war die Idee bereits 1938 nicht mehr ganz neu. 1933 hatte die Mutterfirma der Schweizerischen Aluminiumwerke in Paris einen Wettbewerb für einen Aluminiumstuhl ausgeschrieben. (Walter Gropius und Le Corbusier sassen in der Jury, Marcel Breuer gewann den ersten Preis). Der Landi-Stuhl ist ein hervorragendes Beispiel des Industriedesigns. 1959 wurde er mit der Auszeichnung «Die gute Form» geehrt. Er ist in den bedeutenden Design-Museen vertreten, so im Museum of Modern Art in New York oder im Vitra Design Museum in Weil am Rhein. Die Schweizerische Post hat den Landi-Stuhl 2004 als Motiv der 1-Franken-Briefmarke in ihre Serie zum Thema Schweizer Design aufgenommen, wo diese neben die 2.20-Franken-Marke mit dem Druckbleistift «Fixpencil» von Caran d'Ache, die 85-Rappen-Marke mit der Schweizer Bahnhofsuhr, die 50-Rappen-Marke mit dem Reissverschluss «riri» und die 15-Rappen-Marke mit dem Sparschäler «Rex» tritt. Die Marke ersetzte eine ältere mit dem Sessel «Le Fauteuil Grand Confort» oder «LC2» von Le Corbusier.

Einzelnachweise

  1. a b http://books.google.ch/books?id=fuIe9wRI5YsC&pg=PA76&lpg=PA76&dq=landistuhl+1962&source=bl&ots=XS-hhSTCCi&sig=4SCnSqVL0HJwLYEdTKpD07JXfAg&hl=de&ei=LBdvSpWbMqKKnQOol7mnBw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=6
  2. Comeback des Landi-Stuhls

Literatur

  • Alexander von Vegesack, Peter Dunas, Mathias Schwartz-Clauss (Hrsg.): 100 Masterpieces aus der Sammlung des Vitra Design Museum, Weil am Rhein 1996, ISBN 3-9804070-2-0.
  • Museum für Gestaltung Zürich: Hans Coray - Künstler und Entwerfer (Schweizer Design-Pioniere 3). Zürich 1986.

Weblinks


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