Lanzendorf (Himmelkron)

Lanzendorf (Himmelkron)
Lanzendorf mit Blick auf die St.-Gallus-Kirche und das ehemalige Schloss
Alte Mainbrücke und Weißer Main

Lanzendorf ist ein Ortsteil der oberfränkischen Gemeinde Himmelkron im Landkreis Kulmbach.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Das Pfarrdorf Lanzendorf liegt im Tal des Weißen Main am Rande des Fichtelgebirges zwischen Himmelkron und Bad Berneck. Es hat 1030 Einwohner (Stand: 9. Januar 2004) und liegt auf einer Höhe von 355 m ü. NN.

Lanzendorf liegt an der Bundesstraße 303 in Richtung Tschechien und der Autobahn A 9 (Anschlussstelle 39 - Bad Berneck/ Himmelkron) in Richtung Berlin und Nürnberg, außerdem in der Nähe des Autobahndreiecks Bayreuth/Kulmbach und der A 70 in Richtung Bamberg und Würzburg.

Geschichte

Funde aus der Jungsteinzeit, etwa 2.500 v. Chr., belegen eine frühzeitige Besiedlung. Südlich des Ortes befinden sich 62 vorgeschichtliche Hügelgräber aus der Zeit um 750 v. Chr. Über das Alter des Dorfes gibt es viele Vermutungen, wahrscheinlich entstand es im 8.-9. Jahrhundert. Der Name leitet sich von Lanzo, Kurzform von Landefrit, ab. Die Endung „-dorf“ steht für eine frühe Gründung noch vor der ersten Jahrtausendwende. Die Lanzendorfer Kirche ist dem Heiligen St. Gallus gewidmet. Die evangelische Kirchengemeinde St. Gallus gehörte vor der Reformation zum Bistum Würzburg, ein sicherer Beweis dafür, dass es sich um eine Urpfarrei handelt, die schon vor der Entstehung des nahe gelegenen Bistums Bamberg im Jahre 1007 existierte. Eine erste urkundliche Erwähnung in den Würzburger Archiven findet sich allerdings erst in einem Lehenbuch von 1303.

Rittergut der Herren von Wirsberg (bis 1687)

Mit dieser urkundlichen Erwähnung tauchen 1303 die Herren von Wirsberg zum ersten Mal in Lanzendorf auf, die bis zu ihrem Aussterben 1687 ein Rittergut im Ort unterhielten. Ihr Familienwappen zeigt silberne Zinnen auf rotem Grund. Sie nannten sich nach der Burg im nahegelegenen Ort Wirsberg.

Bis 1248 stand das Gebiet im fränkischen „Zweimainland“ unter der Herrschaft der Grafen von Andechs-Meranien und fiel dann an die thüringischen Grafen von Orlamünde. 1338 übernahmen die Burggrafen von Nürnberg, die späteren Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth aus der fränkischen Linie der Hohenzollern, die Macht, die sie bis ins 18. Jahrhundert behielten. Bis zu ihrem Aussterben 1687 war Lanzendorf die Stammburg der Wirsberger. Berühmte Persönlichkeiten des Geschlechts waren Magdalena von Wirsberg, Äbtissin im Kloster Himmelkron, der Deutschordensritter Vincenz von Wirsberg und Friedrich von Wirsberg, Fürstbischof zu Würzburg (1558-1573).

1303 erhielt Heinrich von Wirsberg das Patronat über die Pfarrkirche zu Lanzendorf vom Würzburger Fürstbischof. Ob als erstmaliges Lehen oder als Lehenserneuerung ist nicht bekannt. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde das Lehen vom Burggrafen Johann III. von Nürnberg verlängert. 1528 wurde auf dem Landtag von Ansbach die Reformation beschlossen. Umgesetzt wurde sie aber erst viel später. Dokumentiert sind Streitigkeiten des Markgrafen Georg Friedrich mit Wolf von Wirsberg. 1562 starb Christoph von Wirsberg. Sein Grabstein ist noch heute in der Lanzendorfer St. Gallus-Kirche erhalten. Daneben die Epitaphe seiner Gemahlin Anna von Wirsberg, geborene von Egloffstein. 1632 wurde Lanzendorf von den Truppen Wallensteins in Schutt und Asche gelegt.

1687 starb Philipp Christoph von Wirsberg im Alter von 27 Jahren kinderlos. Einer Sage nach steht ein altes Steinkreuz auf halbem Wege zwischen Himmelkron und Lanzendorf für die Stelle an der er vom Pferd gestürzt und zu Tode gekommen sein soll.

Herrschaft der Hohenzollern (1687-1806)

Nach Aussterben der Wirsberger fiel das Lehen an den Landesherren Markgraf Christian Ernst von Bayreuth zurück. 1710 wurde der „hochfürstliche Brandenburgische Kammerrat“ Johann Wolfgang Gromann vom Markgrafen Georg Wilhelm mit dem Rittergut belehnt. Sein Grabstein ist noch heute in der Kirche erhalten. 1727 ging die Verwaltung auf das Stiftskastenamt Himmelkron über. 1791 verkaufte Markgraf Friedrich Karl Alexander von Bayreuth seine Fürstentümer Ansbach und Bayreuth an das Königreich Preußen. Der preußische Minister Freiherr Karl August von Hardenberg übernahm die Verwaltung. 1797 kam Lanzendorf zum Kammeramt Gefrees und zum Justizamt Berneck. Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon fiel Lanzendorf 1806 an Frankreich.

Lanzendorf in Bayern (ab 1810)

1810 folgte der Anschluss an das Königreich Bayern. Lanzendorf wurde nun eine eigenständige Gemeinde im Landkreis Kulmbach. 1937 erfolgte die Feierliche Eröffnung des Autobahnteilstückes Lanzendorf-Bayreuth. Den 2. Weltkrieg überstand Lanzendorf mit geringen Kriegsschäden. Ein Tieffliegerangriff mit einer Toten ist dokumentiert. An die Gefallenen der beiden Weltkriege erinnert das Kriegerdenkmal vor der Kirche. Am 14. April 1945 zogen amerikanische Soldaten nach Lanzendorf ein. Durch den Zustrom an Kriegsflüchtigen nahm die Bevölkerung 1946 stark zu, neue Ortsteile und Industrien entstanden. Der größte Teil der Heimatvertriebenen kam aus dem Sudetenland.

Infolge der Gebietsreform wurden 1976 die Gemeinden Himmelkron und Lanzendorf zusammengelegt. Erster Bürgermeister wurde der Himmelkroner Andreas Krainhöfner. Das Amt bekleidete er bis 2002. Mit der Eröffnung der neuen Talbrücke und der Verlegung der Autobahntrasse verschwand 1997 die A9 aus dem Dorfbild. 2004 feierten die Lanzendorfer mit einem Jahr Verspätung das 700-jährige Dorfjubiläum.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

St.-Gallus-Kirche

Evang.-Luth. Pfarrkirche, die ihr heutiges, barockes Erscheinungsbild bei der letzten Umgestaltung im Jahre 1750 erhielt. Es sind 6 Steinbauphasen dokumentiert. Ursprungsbebauung war eine kleine Saalkirche. Sehenswert im Innern ist der Kanzelaltar, typisches Kennzeichen einer lutherischen Markgrafenkirche, der Taufstein und 12 Apostelfiguren, die auf 1510 datiert werden. Weiterhin befinden sich darin mehrere Grabdenkmäler und Epitaphen, sowie die Grüfte der Herren von Wirsberg.

Ehemaliges Schloss

Der älteste, heute noch bestehende Teil ist das alte Castrum, das heutige Gemeindehaus. Er geht in seinen Grundmauern auf die ehemalige Burg der Wirsberger zurück. 1625 fand im Dreißigjährigen Krieg eine Neubebauung statt. Der heutige Bau enthält ein Sandsteinportal und barockes Fenster von 1719. Das ehemalige Schulhaus ist ein stattlicher Sandsteinquaderbau mit hohen Giebel im Stile der Renaissance.

Pfarrhaus

Eine Erstbebauung fand 1624/25 statt. Der heutige Bau geht auf das Jahr 1889 zurück.

Alte Mainbrücke

Zweibogige Sandsteinbrücke mit Uferbefestigung aus dem Jahre 1866.

Mittelalterliches Steinkreuz

Es befindet sich auf dem Weg von Lanzendorf nach Himmelkron. Um dieses Kreuz ranken sich mehrere Sagen. Hier soll der letzte Ritter von Wirsberg tödlich vom Pferd gestürzt sein. Eine andere Geschichte lässt hier einen Adligen sterben, der eine Nonne aus dem benachbarten Kloster Himmelkron entführen wollte.

Literatur

  • Inge Müller: Chronik von Lanzendorf, 2005

Weblinks

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