Hügelgrab

Hügelgrab
Tumulus in Evessen, Landkreis Wolfenbüttel
Hügelgrab Magdalenenberg
Röse von Bjärs (Gotland). Durchmesser 55 m, Höhe 6 m. Erdgedeckter Steinhügel der Bronzezeit
Hügelgrab im Botanischen Garten von Marburg aus der jüngeren Bronzezeit
"Fürstengrab" in der Lüneburger Heide bei Niederhaverbeck
„Hedgehog“ nahe Avebury
Hügelgrab aus der Hallstattzeit, Stockdorf
Nekropole von Bougon Tumulus F, gestreckt mit "Stufenpyramiden" an den Enden
Der rund 16 Meter hohe und bis zu 46 Meter im Durchmesser aufweisende Leeberg bei Großmugl

Ein Hügelgrab oder ein Grabhügel ist eine runde oder rundliche Erdaufschüttung, unter der bzw. in der sich Grablegen befinden. Dabei kann es sich um Körperbestattungen, Urnengräber oder ausgestreuten Leichenbrand handeln. Das Reallexikon der Germanischen Altertumskunde von 1913 bis 1915 definiert Hügelgrab als ...hohe Rundgräber (dän. runddysser). Diese ...gehen im nordischen Kreise von der Steinzeit an durch die ganze Bronzezeit.[1].

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Grabhügel können weder zeitlich noch regional eingegrenzt werden. Es gibt sie in Europa regional beinahe durchgängig ab der Steinzeit über die Bronzezeit bis in die Eisenzeit und das Mittelalter. Auch Schriftkulturen kannten den Grabhügel. Die Griechen warfen in der Antike für ihre Helden ebenso Grabhügel auf wie die Römer. Im Mittelmeerraum wurden sie tumuli genannt, in Osteuropa Kurgane. In Eurasien gibt es Hügelgräber in zahlreichen Ländern und Kulturen. Die größten Grabhügel sind wohl die Hügel über den Gräbern der frühen chinesischen Kaiser. Sie enthalten riesige unterirdische Grabanlagen. Die bekannteste ist das Mausoleum Qin Shihuangdis.

Auch bei den Ureinwohnern Amerikas waren sie schon lange vor Christopher Columbus üblich.

Zeitstellung

Hügelgräber wurden in vielen Epochen errichtet, in Europa vom Beginn der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter. Vorherrschend sind jedoch die Hügel des Endneolithikums, der Bronze- und der frühen Eisenzeit.

Neolithikum

In Mittel- und Nordeuropa war die Bestattung unter dem Erdhügel zunächst für die Schnurkeramische oder Einzelgrabkultur bzw. Streitaxtkultur typisch. Die zunächst niedrigen Hügel liegen oft auf Gräberfeldern wie die Mansenberge oder die Männige Berge im Emsland, das Gräberfeld von Pestrup in der Wildeshauser Geest. Die älteren Hügel nahmen (teilweise durch mehrfache Überbauung) an Höhe zu.

Bronzezeit

Es folgten die Hügel der Hügelgräberkultur in der mittleren Bronzezeit. Die Hügelgräberkultur (HGK) fasst verschiedene lokale Kulturgruppen der Bronzezeit vom Karpatenbecken bis zum Rheinland zusammen, bei denen Grabhügel üblich waren. In Norddeutschland sind bronze- oder eisenzeitliche Grabhügel mit doppeltem Kreisgraben, oder als Grabhügel mit Schlüssellochgraben umschlossen, wie die Plaggenschale bei Osnabrück.

Eisenzeit

In der frühen Eisenzeit (Hallstattzeit) gibt es Hügelgräber wie am Magdalenenberg bei Villingen-Schwenningen aus der Stufe Hallstatt D1, dendrochronologisch datiert am Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr.. Das abgebildete Grab von Hochdorf an der Enz stammt ebenfalls aus der Hallstattzeit (HaD1). Der Grabhügel 1 von Eichlehen im Frankfurter Stadtwald barg über 20 Gräber der Stufen Bronzezeit B bis Hallstatt D.

Römische Kaiserzeit

Hügelgräber gab es auch noch in der späten römischen Kaiserzeit.

Frühmittelalter

Im Frühmittelalter lebte die Sitte gebietsweise fort, in England zum Beispiel in Sutton Hoo. Für das Frühmittelalter sind für Skandinavien die wikingerzeitlichen über einem Schiff aufgeworfen Hügel (Schiffsgrab in Gokstad oder von Oseberg), sowie die Grabhügel vom dänischen Jelling bekannt. Für die angelsächsischen Kulturen ist das Königsgrab von Sutton Hoo ein eindrucksvolles Beispiel.[2]

Neuzeit

Die Grabhügelsitte endete erst mit der Christianisierung der Wikinger etwa 1050 n. Chr und der Christianisierung des Baltikums. Im Fürst-Pückler-Park Branitz bei Cottbus befindet sich ein Tumulus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Formen

Die Hügel können niedrig (um 1 m) oder hoch (2 bis ca. 13 m) und außen von kleinen Gräben oder Steinkreisen umgeben sein. Der Durchmesser der Aufschüttung kann von wenigen Metern bis zu mehr als 100 m reichen. Der hallstattzeitliche Magdalenenberg bei Villingen-Schwenningen hat rd. 46.000 m³ Schüttungsmasse. Dort fand man – neben einer zentralen Grabkammer – in der Aufschüttung 126 Nebengräber mit insgesamt 136 Bestattungen.

In der französischen neolithischen Nekropole von Bougon findet man gestufte Tumuli.

Grabhügel mit Nasskern

Unter den archäologisch ausgegrabenen Grabhügeln, besonders der nordischen Bronzezeit, gab es immer wieder Exemplare, die durch exzellent erhaltene Bestattungen hervorstachen. In ihrem Inneren wurden die Bestattungen durch einen ungewöhnlich hohen Wassergehalt konserviert. Zahlreiche Ausgräber berichteten von großen Wassermengen, die sich beim Anstechen des Grabhügels aus ihm ergossen. Neuere Ausgrabungen deuten an, dass solche Grabhügel mit Nasskern möglicherweise, aus noch unbekannten Gründen, von ihren Erbauern gezielt angelegt wurden.[3] Dabei wurde durch den inneren Aufbau des Grabhügels erreicht, dass sich im Bereich der Bestattungen große Mengen Wasser sammelten und hielten. Der dadurch bedingte Sauerstoffabschluss hatte zur Folge, dass die Bestattungen sich ähnlich gut erhielten wie Moorfunde oder Moorleichen. Aktuell lassen sich diese Bedingungen nur noch schwer erforschen, da nahezu alle Grabhügel mit einem erhaltenen Nasskern bereits historisch zerstört oder nicht entsprechend dokumentiert ausgegraben wurden. Mehrjährige experimentalarchäologische Versuche im dänischen Freiland-Forschungszentrum Sagnlandet Lejre bestätigten die bei den Ausgrabungen beobachteten Bedingungen.[4]

West- und Mitteleuropa

Britische Inseln

Grabhügel kommen in Großbritannien vereinzelt seit dem frühen Neolithikum vor[5]. Grabkammern können aus Holzpfählen (Nichtmegalithische Rundhügel) oder Megalithen erstellt werden. Es Grabhügel in vielen Formen, wobei die ovale und runde Form von einem Graben umgeben sein kann. Vor allem im Norden der Britischen Inseln überwiegen die Steinhügel. Auch in Schottland gibt es Grabhügel mit unterschiedlicher Detailgestaltung. Der Silbury Hill ist kein Hügelgrab[6].

Nordeuropa

Die Hügelgräber in Skandinavien wurden (wie die in der norddeutschen Tiefebene) ab dem Endneolithikum bis ins 11. Jahrhundert n. Chr. angelegt. Viele dänische Hügel sind ausnehmend groß. Von den kleineren sind viele in der Zwischenzeit durch Pflügen zerstört worden. Die Grabhügel von Jelling (DK) zählen zum Weltkulturerbe. In Dänemark, besonders aber in Schweden gibt es große bronzezeitliche Steinhügelgräber (Röse) und kleine (2-3 m) runde Steingräber. Einige sind kreisrund ummauert, wie die im Gräberfeld von Trullhalsar auf Gotland.

Frankreich

In Frankreich ist der Tumulus St. Michel in Carnac der größter Grabhügel auf dem Kontinent. Im Jahre 1993 stellten Ch. Boujot und S. Cassen eine Untersuchung vor, nach der die bretonischen Ganganlagen Vorläufer als kleine runde und rechteckige, im Hügel längs- und quergestellte Kammern hatten. Darunter fallen im Morbihan beispielsweise die Anlagen Mané Pochat er Uieu, Mané Hui, Mané Ty ec, Le Manio I + II und Kerlescan.

Von besonderer Bedeutung ist die Nekropole von Bougon im Département Deux-Sèvre, eine Ansammlung von fünf neolithischen Tumuli mit einer sie trennenden Trockenmauer. Die ältesten Teile der Nekropole werden auf 4700 v. Chr. datiert.

Hügelgräber bei Wesiory, Polen
thrakisches Hügelgrab nahe Pomorje, Bulgarien
Tumulus in der Nekropole von Hierapolis

siehe auch: Hügelgräberfeld im Deependahl

Osteuropa

Die Kurgane (Rundhügel mit Einzelbestattungen) in Moldawien, Südrussland, Ukraine, Rumänien und Bessarabien wurden von halbnomadischen Völkern der Balkengrab- und Grubengrabkultur errichtet und waren ein Charakteristikum der Steppe. Die Hügelgräber in Pommern z. B. in Wesiory und anderen Orten des heutigen Polen, werden zumeist Goten zugeschrieben.

Südosteuropa

Auch die Thraker im Südosteuropa errichteten Hügelgräber. Sie sind vor allem im Tal der thrakischen Könige, jedoch auch in der Donauebene und in Thrakien anzutreffen. Einige davon, wie das Thrakergrab von Kasanlak und Sweschtari zählen zum UNESCO Welt-Kultur und Naturerbe.

Südeuropa

Tumulus in der etruskischen Nekropole Banditaccia bei Cerveteri

Die Etrusker errichteten ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. Totenstädte in denen sich zahlreiche Tumuli befanden. Sowohl einfache Erdhügel als auch fest ummauerte Grabhügel mit unterirdischen Grabkammern wurden in Cerveteri, Populonia und anderen etruskischen Ausgrabungsstätten gefunden.

Afrika

Ägypten

In Ägypten wurden Tumuli bis zum Ende der vordynastischen Zeit für Beerdigungen genutzt, sind somit die Vorläufer der Mastabas und der Pyramiden.

Sudan

In fast allen nubischen Kulturen (z.B. C-Gruppe, X-Gruppe, aber auch in historischer Zeit) kommen Hügelgräber vor.

Asien

Indien

Aus dem prähistorischen Tumulusgrab entwickelten sich in Indien monumentale Fürstengräber mit einem großen Halbkugel-Hügel. In der Form des Stupa erlangte das Hügelgrab ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. große Bedeutung als Grab- und Reliquienmal im Buddhismus. Dort erinnerte es als zentrales Symbol an das endgültige Verlöschen (Nirvana) des historischen Buddha und fand in vielfältigen Variationen Verbreitung in mehreren Regionen Asiens (z. B. als Pagode in Ostasien).

Japan
Grabanlage des Nintoku-Tennōs

In Japan werden die Tumuli, die für verstorbene Machthaber errichtet wurden, als Kofun bezeichnet. Die Kofun-Zeit der japanischen Geschichte (etwa 300-552, japanische Epochengliederung: etwa 300-710) leitet ihren Namen von diesen Gräbern her, deren größtes mehr als 700 Meter lang ist.

Andere Grabtypen

Langgestreckte Grabbauten, teilweise mit megalithischen Einbauten, werden in Mittel- und Westeuropa als Langbetten bezeichnet. Felsengräber sind in den gewachsenen Felsen eingetieft, sei es ober- oder unterirdisch. Die neolithischen Megalithgräber bestehen aus großen Steinen und waren in Europa meist überhügelt. Als Flachgräber bezeichnet der Archäologe alle Bestattungen ohne Hügel.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Hügelgrab – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. REALLEXIKON DER GERMANISCHEN ALTERTUMSKUNDE, ZWEITER BAND, F-J, UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGELEHRTEN HERAUSGEGEBEN VON JOHANNES HOOPS, VERLAG VON KARL J. TRÜBNER, 1913— 15
  2. Torsten Capelle: Hügelgrab. In: RGA 2, Bd. 15, S. 179-181
  3. Mechtild Freudenberg: Grabhügel und Kultanlage der Älteren Bronzezeit von Hüsby, Kreis Schleswig-Flensburg. In: Archäologische Gesellschaft Schleswig-Holstein (Hrsg.): Archäologische Nachrichten. Nr. 14, 2008, ISBN 978-3-529-01430-7, ISSN 0942-9107, S. 30-32 (http://www.agsh.de/zeitschrift/AN_08.pdf, abgerufen am 21. Juni 2010).
  4. Henrik Breuning-Madsen, u. a.: The chemical environment in a barrow shortly after construction – An archaeological-pedological experiment. In: Journal of Archaeological Science. Nr. 28, 2001, ISSN 0305-4403, S. 691–697.
  5. Ian Kinnes, Round barrows and ring-ditches in the British Neolithic. London : British Museum , 1979, Occasional paper 7, ISSN:0142-4815
  6. A. W. R.: Whittle, Sacred mound, holy rings: Silbury Hill and the West Kennet Palisade enclosures : a later Neolithic complex in north Wiltshire. Oxford : Oxbow Books , 1997, Oxbow monograph 74

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