Laodizäerbrief

Laodizäerbrief

Der Laodizenerbrief oder Laodizäerbrief ist ein hypothetischer und – sofern er je existierte – verlorengegangener Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Laodizea. Der Brief ist nicht Bestandteil des neutestamentlichen Kanons, wird aber im Neuen Testament in Kol 4,16 EU erwähnt. Nach Meinung mancher Forscher ist er möglicherweise mit dem Epheserbrief identisch. Andere Übersetzer deuten Kol 4,16 als Brief aus Laodizea, womit Paulus nicht notwendig der Autor des gesuchten Briefes wäre.

Inhaltsverzeichnis

Marcions Laodizenerbrief

Der frühe christliche Theologe Marcion entwarf im 2. Jahrhundert einen eigenen biblischen Kanon, in dem er das Alte Testament komplett verwarf, und der lediglich ein „gereinigtes“ Evangelium (das vermutlich eine gewisse Nähe zum Evangelium nach Lukas aufwies) und die Paulusbriefe umfasste. Der Kanon Muratori erwähnt, Marcions Kanon habe einen Brief an die Laodizener enthalten, den Marcion verfasst habe, um seine eigene Häresie zu stützen. [1] Der Inhalt dieses Briefes ist nicht bekannt. Manche Forscher (z. B. Adolf von Harnack [2]) halten es für möglich, dass die Schrift mit dem im nächsten Abschnitt beschriebenen Laodizenerbrief der Vulgata identisch ist. Andere hingegen glauben, dass die Schrift stärker marcionisches Gedankengut enthalten haben dürfte. [3]

Laodizenerbrief in der Vulgata

Kol 4,16 setzt einen Brief des Paulus – unbeschadet der Frage der paulinischen oder nachpaulinischen Herkunft des Briefes – an die Gemeinde in Laodizea voraus. Dieser Nachricht verdankt wohl ein sogenannter Laodizenerbrief seine Entstehung, der in keiner der griechischen Handschriften des Neuen Testaments enthalten ist, und von dem Hieronymus bereits im 4. Jahrhundert feststellte, der Brief werde von jedermann abgelehnt. Dennoch taucht er um die Mitte des 6. Jahrhunderts in einigen Handschriften der Itala und vor allem der Vulgata innerhalb des Corpus Paulinum auf. Der inhaltlich ebenso dürftige wie ersichtlich unselbstständige Brief ist eine Kompilation verschiedener, auf paulinische Briefe zurückgehender Nachrichten, so Gal 2,4 EU; Phi 2,2.12f EU; 4,6.8f EU: Dank für den Christenstand der Leser, Warnung vor Eindringlingen, Hinweis auf die Gefangenschaft des Paulus und Mahnungen.

Auch in frühen, auf der Vulgata basierenden, deutschen Bibelübersetzungen taucht dieser Laodizenerbrief auf. Martin Luther identifizierte diesen Brief in seiner Bibelübersetzung als apokryph und schied ihn aus dem Kanon aus.

Laodizenerbrief des Jakob Lorber

Der selbsternannte Mystiker Jakob Lorber (1800–1864) veröffentlichte 1844 die Schrift „Der Laodizenerbrief des Apostels Paulus“, die er als Offenbarung empfangen haben will. Dieses Schreiben hat nichts mit dem apokryphen Laodizenerbrief der Vulgata zu tun.

Quellen

  1. http://www.glaubensstimme.de/kirchenvaeter/muratorischer_kanon/muratori.html
  2. Adolf von Harnack: Marcion: Das Evangelium vom fremden Gott. 2. Auflage. Hinrichs, Leipzig 1924 online
  3. Bart D. Ehrman: Lost Christianities: The Battles for Scripture and the Faiths We Never Knew. Oxford University Press, Oxford 2005, ISBN 978-0195182491

Literatur

  • Jakob Lorber: Der Laodizenerbrief des Apostels Paulus. Lorber Verlag, ISBN 3-87495-124-3

Weblinks


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