Laura Bassi

Laura Bassi
Laura Bassi

Laura Bassi (eigentlich Laura Maria Caterina Bassi, verheiratet Bassi Verati oder Verrati[1]; * 31. Oktober 1711 in Bologna; † 20. Februar 1778 ebenda) war die erste Universitätsprofessorin Europas.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sie war das einzige überlebende Kind des Juristen Giuseppe Bassi und von Rosa Cesarei. Ihr Vater und ein Verwandter unterrichteten sie, und später insbesondere der Hausarzt der Familie, der Medizinprofessor Gaetano Tacconi. Er war beeindruckt davon, wie sie seine mündlich erteilten Therapieanweisungen sowohl in Latein als auch in Französisch zusammenfasste.

Ihr Hauslehrer Tacconi war über ihre Unterrichtsfortschritte so erbaut, dass er sie zunächst 1732 vor Medizinerkollegen und anderen Wissenschaftlern debattieren ließ. Ihr Auftreten beeindruckte die Anwesenden so stark, dass sie als Ehrenmitglied in die Bologneser Akademie aufgenommen wurde (allerdings verfügte dieselbe Akademie wenig später, dass keine weiteren Frauen aufgenommen würden). Im April 1732 bestand sie in einem großen öffentlichen Spektakel im Rathaus von Bologna eine zweistündige öffentliche Doktorprüfung, in der sie erfolgreich 49 Thesen vertrat und den Titel Doktor der Philosophie erhielt. Im selben Jahr wurde sie als erste Frau in Europa zur Professorin für Philosophie (worunter auch theoretische Teile der Physik fielen) an der Universität Bologna ernannt, das heißt sie wurde im Vorlesungsverzeichnis der Universität geführt und erhielt ein Jahresgehalt. Vorlesungen durfte sie ausdrücklich nur mit Genehmigung des Magistrats halten, was bis zu einer Lockerung der Bestimmung 1739 selten erfolgt, sie hielt aber öffentlich an anderen Orten Vorlesungen. Sie galt in Bologna und darüber hinaus als lokale Berühmtheit (anlässlich der Ernennung zur Professorin erschienen 1732 zwei Bände mit Lobgedichten in Bologna) und viele Reisende besuchten sie. Als sie 1738 einen weit weniger bekannten Arzt heiratete, der zudem noch nicht einmal vermögend war, wurde das als Mesalliance empfunden. Außerdem nahm man Anstoß daran, dass sie im Haus der Eltern von Laura Bassi wohnten und man sah es lieber, wenn die Minerva der Stadt (wie sie genannt wurde) wie ihre Namensgeberin Jungfrau blieb[2]. Sie selbst war nach dem Tod des Vaters finanziell unabhängig und konnte frei über ihre Ehe entscheiden. Später wandte sie sich der Physik zu und hielt in ihrem Haus regelmäßig öffentliche Vorlesungen, die großen Anklang fanden. Bassi galt als Anhängerin der Theorien von Isaac Newton (insbesondere in der Annahme von Fernwirkungskräften) und kritisierte schon in ihrer Dissertationsthese die Physik von Descartes (die eine Wechselwirkung wie in einer Flüssigkeit über Wirbel annahm). Sie führte Experimente zum Boyle-Mariotte-Gesetz und dessen Grenzen durch, über Gasblasen in Flüssigkeiten und zur damals aufsehenerregenden Elektrizität, über die sie mit ihrem Mann viel experimentierte, wobei dieser vor allem Anwendungen in der Medizin im Auge hatte. Sie unterstützte die Theorie von Benjamin Franklin, der die Elektrizität als ein einziges elektrisches Fluidum ansah. Der auf Initiative ihres Mannes 1752 installierte erste Blitzableiter Italiens fiel allerdings dem Aberglaube zum Opfer und musste wegen Protesten der Einwohner vom Dach der Bologneser Akademie wieder entfernt werden[3]. Die Bassis führten ihre Experimente auch in ihrem Landhaus aus, wo Laura Bassi ein Observatorium errichtete. Sie war aber auch theoretisch versiert[4], arbeitete insbesondere über Hydromechanik und veröffentlichte in den Abhandlungen der Bologneser Akademie.[5] Sie war in der Bologneser Akademie der Wissenschaften Mitglied des Kreises der Benedettini, was sie vor allem Papst Benedikt XIV. verdankte, der als gebürtiger Bologneser den wissenschaftlichen Ruf der Akademie mehren wollte[6]. Er hatte schon zuvor ihre Karriere gefördert, seit er (als Giuseppe Lambertini) 1731 Erzbischof von Bologna geworden war. Die Benedettini waren nach deren Reformierung 1745 durch den Papst Benedikt ein Kern der Akademie und erhielten eine feste Bezahlung. Sie durfte aber (trotz ihres Protestes) nicht an der Wahl neuer Akademiemitglieder teilnehmen und musste nach ihren männlichen Kollegen ihre Vorträge halten. Berühmte Gelehrte wie Algarotti, Voltaire (der sich an sie wandte um Unterstützung für die Aufnahme in die Bologneser Akademie zu erhalten), Jérôme Lalande (der ihre Kurse über Experimentalphysik besuchte[7]), Ruger Boscovich, Jean-Antoine Nollet, Giambatista Beccaria, Albrecht von Haller, Lazzaro Spallanzani (der ihr Schüler war) und Alessandro Volta standen mit ihr im Briefwechsel. Trotz ihres Rufs wurde die 1772 frei gewordene Stelle einer Physik Professur am 1711 gegründeten Istituto delle Scienze zunächst nicht ihr angeboten, sondern ihrem Mann[8]. Erst als dieser darauf verzichtete wurde sie 1776 Professorin für Physik. Sie hatte zeitlebens gesundheitliche Probleme und starb an einem Herzanfall mit 66 Jahren.

Neben ihrer Arbeit an der Universität hatte sie mit dem späteren Medizinprofessor Giuseppe Verati (1707-1793), den sie 1738 geheiratet hatte, acht Kinder[9] , von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten.[10]

Literatur

  • Beate Ceranski: Und sie fürchtet sich vor niemandem. Die Physikerin Laura Bassi (1711–1778). Campus-Verlag, Frankfurt (Main) 1996, ISBN 978-3593356006
  • Beate Ceranski: Laura Bassi, Dictionary of Scientific Biography, Online
  • Giambattista Comelli: Laura Bassi e il suo primo trionfo, Studi e memorie per la storia dell'Università di Bologna, Band 3, Bologna 1912, S. 197-256.
  • Jean-Pierre Jenny: Eine Gelehrte aus der gelehrten Stadt. Über die Philosophin und Physikerin Laura Bassi (1711-1778), Neue Zürcher Zeitung, 29. Oktober 2011
  • G. Cenerelli (Herausgeber): Lettere inedite alla celebre Laura Bassi scritte da illustri italiani e stranieri, Bologna 1885.
  • Ulla Fölsing: Geniale Beziehungen. Berühmte Paare in den Wissenschaften, Beck 1999 (darin das Kapitel Laura Bassi und Giuseppe Verati)
  • Paul Findlen: Science as a career in Enlightment Italy: The Strategies of Laura Bassi, Isis, Band 84, 1993, S. 441-469
  • Gabriella Berti Logan: The Desire to Contribute: An Eighteenth-Century Italian Woman of Science, American Historical Review, Band 99, 1994, S. 785–812
  • Marta Franceschini, Marta Cavazza: Laura Bassi. Minerva bolognese, Bononia University Press, 2011
  • Alberto Elena: In lode della filosofessa di Bologna’: An Introduction to Laura Bassi, Isis, Band 82, 1991, S. 510-518
  • Giovanni Fantuzzi: Elogio della dottoressa Laura Maria Caterina Bassi Verati, Bologna 1778, wieder abgedruckt in Fantuzzi Notizie degli scrittori bolognesi, Band 1, Bologna 1781
  • Elio Melli (Herausgeber): Epistolario di Laura Bassi Verati. Edizione critica, introduzione e note. Studi e inediti per il primo centenario dell’Istituto Magistrale Laura Bassi. Bologna: STE, 1960
  • Alcune lettere di Laura Bassi Veratti al Dottor Flaminio Scarleselli, Bologna, Tipi della volpe al sassi, 1836

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Beide Schreibweisen sind gebräuchlich. Beate Ceranski: Laura Bassi, Dictionary of Scientific Biography
  2. Ceranski, Dictionary Scientific Biography
  3. Uta Ruscher: Laura Bassi, FemBio, siehe Weblinks
  4. Sie hatte Mathematik bei dem Mathematiker und Senatssekretär Gabriele Manfredi studiert, einem Bruder des Mathematikprofessors in Bologna und Astronomen Eustachio Manfredi (1674-1739), einem der Gründer des Bologneser Observatoriums.
  5. Insgesamt dreizehn Abhandlungen über Physik, elf über Hydraulik, je eine über Mechanik und Chemie und zwei über Mathematik sind bekannt, veröffentlicht in dem Buch von Ceranski 1996. Zu Lebzeiten veröffentlichte sie nur zwei Abhandlungen: Laura Bassi De problemate quodam hydrometrico, De Bononiensi scientiarum et artium instituto atque academia commentarii, Band 4, 1757, S. 61-73, De problemate quodam mechanico, ibid. S. 74-79. Ihre Experimente wurden auch vom Sekretär der Akademie Giampietro Zanotti beschrieben: De aeris compressione, De Bononiensi scientiarum et artium instituto atque academia commentarii, Band 2, 1745, S. 347-353
  6. K. A. Nies, Hypatia Institute, siehe Weblinks
  7. Ebenso wie der Reiseschriftsteller Charles de Brosses, der notierte, dass sie bei ihren Vorlesungen gelegentlich ihre Hermelinrobe als Doktorin trug. Marilyn Ogilvie, Joy Harvey (Herausgeber) The Biographical Dictionary of Women in Science, Routledge 2000
  8. Uta Ruscher, loc. cit. Nach Ceranski, Dictionary of Scientific Biography, wurde sie 1772 Professor
  9. Manche Quellen sprechen auch von zwölf. Ogilvie, Harvey, loc. cit.
  10. Uta Ruscher in FemBio, siehe Weblinks

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