- Leistungsschalter
-
Leistungsschalter sind spezielle Schalter, die für hohe Ströme ausgelegt sind. Sie können nicht nur Betriebsströme und geringe Überlastströme schalten, sondern auch bei Fehlern hohe Überlastströme und Kurzschlussströme (GLS bis 800 Kiloampere) einschalten, diese Fehlerströme eine vorgegebene Zeit halten und wieder ausschalten. Je nach Ausführung können Leistungsschalter einpolig oder dreipolig geschaltet werden.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Der hier erwähnte Überlaststrom bezieht sich auf das schwächste Glied, der in Energieflussrichtung gesehen, dem Leistungsschalter nachgeordneten Anlage. Um solche nachgeordneten Anlagen vor Schäden durch Überlast oder Kurzschluss zu schützen, soll der Leistungsschalter diese Ströme in Verbindung mit den Einrichtungen des Netzschutzes ausschalten.
Das Unterbrechen des Stromflusses führt bei jedem Schalter zumindest kurzzeitig zu einem Spannungsüberschlag zwischen den beiden Kontakten, da der Abstand während des Trennvorganges zur Isolation noch nicht ausreicht. Befindet sich Gas zwischen den beiden Polen, wird es bei entsprechend hoher Spannungsdifferenz zwischen den Polen durch den Überschlag ionisiert und es bildet sich eine sich selbst erhaltende Gasentladung, die Lichtbogen genannt wird.
Dieses Plasma leitet nicht nur weiterhin Strom, sondern reduziert auch die Lebensdauer des Bauteils, bei starken Strömen kann es den Schalter sogar zerstören. Im Gegensatz zu Trennern sind Leistungsschalter so konstruiert, dass der beim Öffnen der Schaltkontakte entstehende Lichtbogen schnell und ohne Beschädigung des Schalters gelöscht und damit der Stromfluss unterbrochen wird.
Einsatzgebiet
Abgesehen von der Trivialanwendung als einfaches Schaltelement werden Leistungsschalter als Netzschutz bei Fehlern wie Kurzschluss oder Erdschluss eingesetzt. Die Ansteuerung von Leistungsschaltern kann über unterschiedliche Mechanismen erfolgen und richtet sich in erster Linie nach der zu schaltenden Leistung. Als Antriebe werden Handantriebe und so genannte Kraftantriebe verwendet. Als Kraftantriebe werden Antriebe bezeichnet, bei denen die Betätigung nicht durch die Kraft eines Menschen erfolgt. Es gibt folgende Kraftantriebe:
- Magnetantriebe
- Motorantriebe
- Federantriebe
- Druckluftantriebe
Ein besonderer Vorteil von Kraftantrieben ist eine mögliche Fernbedienung des Schalters.
Niederspannungsanwendungen
Hier unterscheidet man 4 Gruppen:
- Offene Leistungsschalter (Air Circuit Breaker - ACB)
- Kompaktleistungsschalter (Moulded Case Circuit Breakers - MCCB)
- Lasttrennschalter (Load Break Switches - LBS), Ausführungen mit/ ohne Sicherungen
- Leitungsschutzschalter (Miniatur Circuit Breaker - MCB)
Niederspannungs-Leistungsschalter sind elektromagnetische Selbstschalter. Ihre Arbeitsweise entspricht prinzipiell der Arbeitsweise von Leitungsschutzschaltern. Sie sind meist mit einem thermischen und einem magnetischen Auslöser ausgestattet und besitzen somit die gleichen konstruktiven Elemente wie Leitungsschutzschalter. Allerdings sind sie für größere Bemessungsströme konstruiert, außerdem sind die Auslöser von Leistungsschaltern, anders als beim Leitungsschutzschalter, separat einstellbar. Im Niederspannungsbereich werden die Schalter auch als Motorschutzschalter eingesetzt.
Nicht einstellbare Leistungsschalter mit Auslösecharakteristik K und Z nach EN 60947-2 (VDE 0660-101) werden in der Praxis wie Leitungsschutzschalter eingesetzt und auch als solche bezeichnet.
Mittelspannungsanwendung
Diverse Hersteller bieten Schutzgeräte an, die in der Mittelspannungsebene zur Anwendung kommen. Die Ansteuerung bei einem Fehlerfall (Aus-Befehle) an die Mittelspannungsleistungsschalter erfolgt über kurzzeitbetätigte Ein- und Ausschaltspulen oder mechanisch lösbare Verklinkungen, welche die in einem Speicher (pneumatischer oder hydraulischer Druckspeicher, Federspeicher) vorliegende Schaltenergie freigeben. Leistungsschalter haben ebenso wie Lasttrennschalter, die Aufgabe, Objekte wie Generatoren, Transformatoren, Kuppeln von Sammelschienen sowie Kabel und Freileitungen zu schalten.
Leistungsschalter sind gegenüber Lasttrennschaltern in der Lage, auch im Störfall (z. B. Kurzschluss) sicher schalten zu können.
Hochspannungsanwendungen
Bei Hochspannungsanlagen können die dort auftretenden Größen (Strom und Spannung) nicht direkt gemessen werden. Aus diesem Grund transformiert ein Messwandler Strom beziehungsweise Spannung in einen um einige Größenordnungen kleineren Wertebereich, in dem sie dann gemessen werden können. Typische Sekundärwerte von Stromwandlern sind 1 A oder 5 A, bei Spannungswandlern sind oder üblich. Von den ausgelesenen Daten kann dann auf die ursprünglichen Größen zurückgeschlossen werden. Kommt es zu einer Grenzverletzung der Messwerte, erfolgt durch ein Schutzgerät die Abschaltung des zu schützenden Objektes. Diese Technik wird im Mittel-, Hoch- und Höchstspannungsbereich eingesetzt.
Lichtbogenlöschung
Bei der Art der Lichtbogenlöschung unterscheidet man:
- Leistungsschalter mit Nullpunktlöschung
- Leistungsschalter mit Kurzschlussstrombegrenzung
Die so genannten Nullpunktlöscher löschen beim Nulldurchgang den Wechselstrom-Schaltlichtbogen. Bei Leistungsschaltern mit Kurzschlussstrombegrenzung wird der Stoßkurzschlussstrom auf einen kleineren Durchlassstrom begrenzt. Das rasche Öffnen der Schaltstücke wird im Niederspannungsbereich über das Schaltschloss erreicht, die Lichtbogenlöschung erfolgt in einer Deionkammer. Es gibt auch andere Abschaltmechanismen wie z.B. einen Schlaganker oder die Auslösung durch die Kraftwirkung zweier paralleler stromdurchflossener Kontaktstücke.
Löschmittel
Bei Leistungsschaltern im Hochspannungsbereich kommen zum Löschen der beim Schalten entstehenden Lichtbögen verschiedene Löschmedien in Frage. Die nachfolgenden Löschmedien kommen in unterschiedlichen Bauarten von Leistungsschaltern zum Einsatz und haben je nach Einsatzgebiet auch heute noch ihre Daseinsberechtigung.
(Druck-)Luft
Die Luft wurde durch eine Drucklufterzeugung-, Speicher- und Verteilanlage auf einen Druck von 30 bar verdichtet und sorgte im Schaltvorgang über entsprechende Düsen für das Ausblasen entstehender Lichtbögen. Die Luft wurde von diesen Aufbereitungsanlagen gereinigt, entfeuchtet und verdichtet.
Umgebungsluft wird heute in der Freilufttechnik immer noch isolierend und als Löschmedium benutzt. Dies führt im Vergleich zu schutzgasisolierten Leistungsschaltern zu größerem Platzbedarf, da die Löschfähigkeit von Luft geringer ist.
Isoliergas SF6
Das Schwefelhexafluorid-Gas (SF6) dient in der Leistungsschaltertechnik als Isoliergas zum Löschen von entstehenden Lichtbögen bei Schaltvorgängen des Leistungsschalters. Hierzu eignet es sich hervorragend durch seine hohe elektrische Festigkeit und große Wärmeleitfähigkeit. Verwendet wird SF6 für hohe Ausschaltleistungen in Blaskolbenschaltern, während für mittlere Ausschaltleistungen die Selbstblastechnik eingesetzt wird. Allerdings schädigt SF6 in besonderem Masse die Ozonschicht.
Öl
Öl fand bis etwa 1930 in Kesselölschaltern Anwendung. Heute sind diese im Höchstspannungsnetz noch anzutreffen. Bei dieser Schaltervariation zersetzt die hohe Temperatur des Lichtbogens einen Teil des Öles in den Löschkammern zu einem Gas. Der Gasdruck bewirkt eine Ölströmung, die den Lichtbogen löscht. Bei kleinen Schaltleistungen wurde die geringere Ölströmung mit Pumpwirkung unterstützt. Dieser Schaltertyp kann z.B. bei einer Spannung von 240 Kilovolt einen Strom von 4000 Ampere schalten. Bei geringeren Schaltspannungen sind die Schaltströme wesentlich höher. Um 1975 beginnend wurden die Ölschalter vollständig durch die leistungsfähigeren und effizienteren SF6-Leistungsschalter abgelöst.
Vakuum
Die jüngste Leistungsschalter-Technologie sind Vakuumschalter, bei denen sich die Kontakte zur Vermeidung eines Lichtbogens unter Vakuum befinden.
Schaltprinzipien
Die Schaltprinzipien der einzelnen Leistungsschalter unterscheiden sich im Wesentlichen durch ihre Bauweise. So sind heute gekapselte und nicht gekapselte Leistungsschalter, die oft in Kombination mit anderen Hochspannungseinrichtungen wie Arbeitserdern und -trennern, Spannungs- und Stromwandlern, den Antrieben, dem kurzschlusseinschaltfesten Schnellerder und den Sammelschienenabgängen, als Felder erhältlich. Im Folgenden soll jedoch nur das Isolier- und Löschmedium des eigentlichen Leistungsschalters erläutert werden, da dieses Medium innerhalb eines Feldes, welches umgangssprachlich oft auch als Leistungsschalter bezeichnet wird, variieren kann.
Nicht gekapselte Schalter
Unter nicht gekapselten Schaltern versteht man Leistungsschalter, die gegen die umgebende Luft nicht abgeschirmt sind. Diese können sich sowohl im Freien, als auch in Schaltschränken befinden. Die fehlende Abschirmung hat zur Folge, dass hier als Löschmedium nur Luft genutzt werden kann.
Luftisolierte Schalter
Unter Luftisolierten Schaltern (Englisch: Air Insulated Switchgear, kurz: "AIS") versteht man Leistungsschalter, die aufgrund der Schaltbewegungslänge der Kontakte einen Lichtbogen löschen. Diese Schaltbewegungen sind von der Spannungsebene abgängig in welcher der Schalter eingesetzt wird. In Innenräumen werden üblicherweise AIS bis 20 Kilovolt Nennspannung eingesetzt. Höhere Spannungsebenen werden in gekapselten Leistungsschaltern oder in Freiluftschaltern geschaltet.
Freiluftschalter
Freiluftschalter trennen eine unter Spannung stehende Leitung, indem sich die beiden Kontakte voneinander entfernen. Die Entfernung ist so ausgelegt, dass auch bei hoher Luftfeuchtigkeit der Plasmakanal des Lichtbogens zusammenbricht. Dies kann dazu führen, dass, je nach Spannungsebene, diese Trennstrecke mehrere Meter betragen kann. Daher stehen diese Anlagen meist im Freien (⇒"Freiluft").
Gekapselte Schalter
Unter gekapselten Schaltern versteht man Leistungsschalter, die von einem System aus Rohren, Gehäusen und Einfassungen gegen die Umwelt abgeschirmt sind. Diese Abschirmung ermöglicht es auch, andere Medien als die Umgebungsluft zum Löschen des Lichtbogens zu benutzen.
Druckgasschalter / 2 Kammerschalter
Hier wird Luft als Löschmittel für den Lichtbogen verwendet. Luft dient in der Regel auch zur Betätigung des Schalters. Es wird mit hohem Druck ein- oder ausgeschaltet. Durch den hohen Druck ist die Schaltzeit der Kontakte sehr kurz. Beim Ausschalten kommt hinzu, dass der entstehende Lichtbogen durch die Luftströmung in die Länge gezogen wird, bis er abreißt (da die Spannung über diese Länge nicht ausreicht, den Lichtbogen bestehen zu lassen). Diese Schalter wurden bevorzugt eingesetzt, wenn häufig zu- oder abgeschaltet werden musste. Druckgasschalter sind bereits seit mehreren Jahrzehnten aufgrund ihrer hohen Lärmentwicklung kaum mehr üblich. Sie wurden größtenteils von Selbstblasschalter oder Strömungsschaltern – meist mit SF6-Gas – abgelöst.
Blaskolbenschalter
Bei Schaltern die nach dem Blaskolbenprinzip entwickelt worden sind, besteht die Löscheinheit aus einem Festkontakt und dem beweglichen Blaszylinderkontakt. Während der Ausschaltbewegung wird das Volumen des Blaszylinders stetig verkleinert und somit der Druck des eingeschlossenen Gases erhöht, bis sich der Fest- und Bewegungskontakt trennen. Durch die Kontakttrennung wird ein Lichtbogen erzeugt, der eine weitere Drucksteigerung des Gases zur Folge hat. Die Hauptkompression des Gases übernimmt hierbei jedoch der Schalterantrieb. Bei genügend hohem Druck kann das komprimierte Gas ausströmen und durch die Strömbewegung dem Lichtbogen Energie entziehen und ihn schließlich ausblasen. Durch Ausbildung der beiden Kontakte als Düsenkontakte ergeben sich optimale Strömungs- und Löscheigenschaften.
Selbstblasschalter
Der erforderliche Löschdruck beim Selbstblasschalter wird wie beim Blaskolbenschalter während der Ausschaltbewegung des Schalters erzeugt. Jedoch wird die Energie des Lichtbogens selbst hier im so genannten Heizvolumen intensiv zur Druckerhöhung des Isoliergases genutzt. Dies hat zur Folge, dass der Antrieb des Selbstblasschalters nur die Energie für die Schaltbewegung des Schalters und nur unwesentlich zur Kompression des Isolier- und Löschgases aufwenden muss. Dies hat eine Energieeinsparung von etwa 80 Prozent zur Folge, womit auch kleine Bauweisen für den Antrieb möglich sind. Beispiele für diesen Leistungsschalter-Typ sind die Gasisolierten Schaltanlagen, welche modular als Felder erhältlich sind.
Strömungsschalter
Strömungsschalter werden für alle Wechselspannungen (derzeit bis 765 Kilovolt, demnächst bis 1.100 Kilovolt) im Höchstspannungsnetz angeboten. Typische höchstzulässige Ausschaltströme liegen im Bereich von 25 Kiloampere bis 63 Kiloampere, in Sonderfällen auch 80 Kiloampere und mehr. Anstelle von Öl wird seit längerem zunehmend Schwefelhexafluorid (SF6)-Gas verwendet.
Literatur
- Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18.Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal, 1989, ISBN 3-8085-3018-9
- Theodor Schmelcher: Handbuch der Niederspannung, Projektierungshinweise für Schaltgeräte Schaltanlagen und Verteiler. 1. Auflage, Siemens Aktiengesellschaft (Abt. Verlag), Berlin und München, 1982, ISBN 3-8009-1358-5
- Wilfried Knies, Klaus Schierack: Elektrische Anlagentechnik; Kraftwerke, Netze, Schaltanlagen, Schutzeinrichtungen. 5. Auflage, Hanser Fachbuchverlag. 2006 ISBN 978-3446405745
- Réne Flosdorff, Günther Hilgarth: Elektrische Energieverteilung. 4. Auflage, Verlag B.G. Teubner, 1982, ISBN 3-519-36411-5
- Henning Gremmel, Gerald Kopatsch: ABB Schaltanlagen-Handbuch 11. Auflage, ISBN 3-589-24102-0
Siehe auch
Weblinks
Wikimedia Foundation.