- Schaltlichtbogen
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Ein Schaltlichtbogen ist ein Lichtbogen, der beim Trennen zweier stromdurchflossener elektrischer Kontakte entsteht. Bei kleinen Strömen treten nur so genannte Abreißfunken oder Schaltfunken auf, die von selbst verlöschen, jedoch die gleiche Ursache haben.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen
Schaltfunken und Schaltlichtbögen entstehen, weil der elektrische Strom nach Öffnen der Kontakte in Form einer Funkenentladung oder einer Bogenentladung weiterfließt wie in nebenstehender Skizze dargestellt. Bei geschlossenen Kontakten, unter a. dargestellt, liegt eine in etwa homogene Stromverteilung vor, dargestellt durch rote Strömfäden. Bei Kontakttrennung kommt es zunächst zu einer Konzentration der Stromdichte am letzten Kontaktpunkt, unter b. dargestellt. Bei weiterer Öffnung bildet sich dann an jenem Punkt bzw. Punkten der Lichtbogen zwischen den Kontakten aus, wie unter c. dargestellt.
Ursache ist die geringe Durchschlagsfestigkeit des Isolationsmaterials wie Luft zwischen den noch nicht weit geöffneten Kontakten, wodurch diese Isolationsmaterialen ionisiert werden. Eine solche Entladung wird zusätzlich gefördert, wenn sich im Moment des Abhebens der Kontakte voneinander durch den Stromfluss über einem geringen Querschnitt und hohe Stromdichten an den Abrisspunkten heiße Stellen bilden, die Glühemission und die Nachlieferung von Metallionen bewirken. Durch Stoßionisation wie bei einer Gasentladung sinkt nun die Brennspannung und erschwert die Unterbrechung.
Besonders problematisch ist das Abschalten induktiver Lasten (Motoren, Schützspulen, Elektromagnete, Transformatoren). Hier bewirkt die im magnetischen Feld der Induktivität gespeicherte Energie einen Weiterfluss des Stromes − die Spannung über den Kontakten steigt beim Öffnen dann augenblicklich auf sehr hohe Werte an. Daher kann hier auch dann ein Schaltlichtbogen auftreten, wenn die Betriebsspannung weit unterhalb der Brenn- bzw. Zündspannung des Bogens liegt.
Die Kontakte von Schaltschützen sind aus diesem Grund bei stark induktiven Lasten (als AC-3 bezeichnete Lastart) für geringere Schaltströme als bei Widerstandslast (Lastart AC-1) spezifiziert. Bei sehr viel höheren Frequenzen verhalten sich Schaltlichtbögen ähnlich problematisch wie bei Gleichspannung, sie sind bei Hochfrequenz sogar noch schwerer zu löschen, da hier auch Verschiebungsströme zur Ionisierung beitragen.
Folgen
Schaltfunken und Schaltlichtbögen führen zu Störemissionen und zu Kontaktverschleiß. Wird der Lichtbogen nicht schnell genug unterbunden oder gelöscht, führt dies insbesondere bei hohen Strömen und Spannungen zur Zerstörung der Schaltkontakte durch Kontaktabbrand. Durch die extrem hohen Temperaturen von einigen tausend °C besteht – abhängig von der unmittelbaren Umgebung – die Gefahr, andere Gegenstände zu entzünden und einen Brand auszulösen.
Auch selbst verlöschende Schaltfunken führen auf Dauer zu Kontaktverschleiß und vorzeitigem Ausfall von Relais und Schaltern. Bei der Angabe der maximalen Anzahl der Schaltzyklen von Relais und Schaltschützen wird daher zwischen mechanischer Zyklenzahl und Zyklenzahl unter elektrischer Nennlast unterschieden. Beide Schaltzyklenzahlen unterscheiden sich oft durch den Faktor 10.
Abhilfe
Niederspannungsbereich
Beim Schalten niedriger Leistungen und Wechselspannung verlischt der Schaltlichtbogen bei geringen Strömen beim nächsten Nulldurchgang der Wechselspannung von selbst (z. B. Netzschalter an Geräten oder Lichtschalter sowie Nockenschalter an Elektroherden und Maschinen).
Insbesondere bei Gleichspannung und Strömen ab etwa 1 A und Spannungen ab etwa 50 V, verlöschen Schaltlichtbögen u. U. nicht von selbst. Die Ionisation der Trennstrecke kann auch bei 50-Hz-Netzwechselspannung bei großen Strömen so stark werden, dass sie nach einem Nulldurchgang zum Neuzünden des Bogens ausreicht, insbesondere, wenn die Kontakte in diesem Moment noch nicht weit genug voneinander entfernt sind. Man versucht daher, Schalter so zu konstruieren, dass sich die Kontakte durch eine Feder möglichst schnell voneinander entfernen. Diese Kontaktform wird auch als Sprungkontakt bezeichnet.
Die in induktiven Lasten gespeicherte Energie kann, wenn möglich, von den Schaltkontakten ferngehalten werden, indem der Stromfluss während des Schaltvorganges kurzzeitig umgeleitet wird. Die Umleitung kann bei Gleichspannung mit einer Freilaufdiode, bei Wechselspannung mit einem Boucherot-Glied oder in einfachen Fällen nur mit einem Kondensator oder einem Überspannungsableiter (Varistor oder Suppressordiode) geschehen. Details siehe Schutzbeschaltung.
Auch parallelgeschaltete, jedoch später als die Hauptkontakte öffnende Schaltkontakte können den Stromfluss bzw. Lichtbogen übernehmen (z. B. bei Hartgas-Lasttrennschaltern oder die sich berührenden Hornableiter an Schaltern der Straßenbahn-Oberleitung). Bei Hartgasschaltern läuft dieser verzögert öffnende Kontakt in einer Kammer aus einem Material („Hartgas“), welches bei Erhitzung Gase abgibt, die die Ionisierung behindern bzw. schneller abklingen lassen.
Mit Hornableitern erreicht man, dass der Schaltlichtbogen durch dessen eigenes Magnetfeld aus dem Bereich der Kontakte in Richtung der sich weitenden Hörner läuft, dadurch seine Länge vergrößert und ggf. durch zusätzliche Kühlung mit Blechen oder Keramikteilen, der so genannten Deionkammer zur Lichtbogenlöschung, verlöscht. Dies wird z. B. in Schaltschützen oder Leitungsschutzschaltern im Niederspannungsbereich angewendet. Bei sich nach oben weitenden Hornableitern wie der Jakobsleiter trägt zusätzlich der thermische Auftrieb des Bogens zu seiner Bewegung bei.
Hochspannungsbereich
Maßnahmen zur Lichtbogenlöschung müssen den Schaltlichtbogen möglichst schnell löschen, um Schäden an den Kontakten und Isolierstoffen zu vermeiden. Das kann geschehen, indem die Länge der Wegstrecke des Lichtbogens stark verlängert wird. Lasttrenn- und Leistungsschalter für hohe Spannungen nach diesen Prinzip arbeiten mit Druckluft, die die ionisierte Luft (Lichtbogen) wegbläst. Eine weitere Maßnahme ist die Erzeugung eines Magnetfeldes mit einem Blasmagnet, welcher auch in Form einer Spule ausgeführt sein kann und vom Laststrom durchflossen wird: das Magnetfeld lenkt den Schaltlichtbogen aus, vergrößert seine Länge und bringt ihn zum Verlöschen.
Weiterhin kommen auch gekapselte Schaltanlagen zur Anwendung: Durch die Kapselung der Kontakte wird Luft im Bereich der Kontakte vermieden. Statt Luft ist im Bereich der Kontakte ein Vakuum vorhanden. Vakuum-Leistungstrennschalter werden vor allem in Mittelspannungsnetzen bei Spannungen von 5 kV bis 30 kV bei häufigen Schalteinsatz eingesetzt und sind praktisch wartungsfrei.
Neben Vakuum kommt bei Leistungsschaltern auch Schwefelhexafluorid (SF6) zur Anwendung. Wegen seiner sehr reaktionsträgen Eigenschaften und einer gegenüber Luft fast dreimal so hohen Durchschlagsfestigkeit kann SF6 dazu dienen, Schaltlichtbögen wirksam zu verringern und zu unterbrechen. Der Einsatz von SF6, in Kombination mit hohen Druck um die Ionisation zu reduzieren, erfolgt in komplett gekapselten Schaltanlagen wie in Selbstblasschalter, welche für Spannungen von 6 kV bis zu 1 MV ausgelegt sind. SF6 ist allerdings auch das stärkste bekannte Treibhausgas, sein Treibhauspotenzial ist etwa 22.800-mal so groß wie das von Kohlenstoffdioxid (CO2). Die bei Produktion und Wartung entweichenden Mengen sind jedoch relativ gering und daher für den Treibhauseffekt wenig relevant.
Die Löschung des Schaltlichtbogens in Ölschaltern beruht auf dem Effekt, dass ein Teil des Öls im Bereich des Lichtbogen chemisch zersetzt wird. Die Schaltkammer und die Schaltkontakte befinden sich vollständig unter Öl in einem luftdichten Gehäuse. Durch den Lichtbogen wird im Öl Wasserstoffgas bei hohen Gasdruck und mit sehr hoher Wärmeleitfähigkeit gebildet welcher dem Lichtbogen Wärme entzieht und so, neben den elektrisch isolierenden Eigenschaften des Öls, zur Löschung führt. Das Öl muss als Verbrauchsmittel laufend erneuert werden und die bei den Schaltvorgängen entstehenden Zersetzungsprodukte und Verunreinigungen im Öl beseitigt werden. Ölschalter werden seit Mitte der 1970er-Jahre durch wartungsfreundlichere und auch elektrisch leistungsfähigere SF6-Schalter ersetzt.
Literatur
- Band 4 Schaltgeräte, Seminarunterlagen, abgefragt 9. Dezember 2010
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