- Lernen am Modell
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Lernen am Modell bezeichnet jene Lernvorgänge, die durch eine Beobachtung von Vorbildern determiniert sind. Vorbilder („Modelle“) sind dabei Menschen, deren Verhalten beobachtet werden kann. Die tatsächliche Anwesenheit des Modells ist dabei von untergeordneter Bedeutung.
Andere Bezeichnungen sind Beobachtungslernen, Nachahmungslernen, Imitationslernen, soziales Lernen, Identifikationslernen, Rollenlernen und stellvertretendes Lernen. Die einzelnen Bezeichnungen können je nach Autor auch unterschiedlich verwendet werden. Das „Lernen am Modell“ gilt, da zeitlich nach der instrumentellen und operanten Konditionierung und der Klassischen Konditionierung entdeckt, als dritte Form des menschlichen Lernens.
Es gibt mehrere Lerntheorien des Lernens am Modell oder auch Modell-Lernens, doch die im deutschsprachigen Raum am meisten verbreitete ist die Sozialkognitive Lerntheorie von Albert Bandura (1963).
Inhaltsverzeichnis
Einordnung
Im Vergleich zur Klassischen Konditionierung und zur Operanten Konditionierung kommt dem Menschen hierbei eine aktivere Rolle zu. Der Mensch lernt also von Vorbildern und ahmt ihr Verhalten, wenn es zu den gewünschten Folgen führt, nach.
Formen des Modelllernens
Es lassen sich drei Formen des Modelllernens unterscheiden:
- Aufbau neuer Verhaltensweisen: Verhaltensweisen, die sich nicht im Repertoire der Person befinden, werden erlernt.
- Modifikation bestehender Verhaltensweisen: Hemmung/Enthemmung bei negativen/positiven Verhaltenskonsequenzen.
- Schaffung diskriminativer Hinweisreize: Modellverhalten als Hinweisreiz, der Auftreten bereits erlernten Verhaltens erleichtert.
Unter Modelllernen versteht man generell das Beobachtungslernen. Das bedeutet, dass man das Verhalten anderer Personen wahrnimmt und auf sein eigenes Verhalten projiziert und anwendet. Dabei muss man aber hinzufügen, dass nicht nur Personen, sondern auch Medien aller Art diese Wirkung auf uns haben. Zusätzlich kann es hierbei auch zu hemmenden Wirkungen kommen, z.B. wenn uns das Verhalten anderer missfällt und wir auf keinen Fall so agieren möchten. Dies bezeichnet man in der Sozialpsychologie als Nullwirkung (vgl. Lukesch et al. 2004, S. 255).
Voraussetzungen für Modelllernen
Damit Lernen durch Beobachtung überhaupt stattfinden kann, müssen beim Individuum vier Prozesse ablaufen:
- Aufmerksamkeitsprozesse (damit das Gesehene überhaupt aufgenommen werden kann)
- Gedächtnisprozesse (damit sich das Gesehene in einer Gedächtnisspur niederschlägt und sich später daran erinnert werden kann)
- motorische Reproduktionsprozesse: (das Beobachtete zeigt sich in einer Handlung)
- Motivations- und Verstärkungsprozesse: (Handlung tritt erst ein, wenn das Individuum entsprechend motiviert ist)
Aufmerksamkeitsprozesse
- Qualität der Beziehung ( Modell ↔ Beobachter)
- Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
- Persönlichkeitsmerkmale des Modells
- Situationsbedingungen (Familie, Peergroup, soziales Umfeld)
Gedächtnisprozesse
- Das Beobachtete wird so lange gespeichert/gezeigt, bis es einen Nutzen für die zu erlernende Verhaltensweise verspricht
- Das Gesehene wird in bildlich-sprachlichen Symbolen gespeichert
Bedeutung von Verstärkern
- Modell befriedigt meine Bedürfnisse
- Lob des Modells (stellvertretende Verstärkung)
- Lob vom Modell (externe Verstärkung)
- Eigenlob (direkte Selbstverstärkung)
Experiment von Bandura und Walters (1965)
Das Experiment von Bandura wird „Rocky-Experiment“ genannt und schließt die Serie von Experimenten mit der Bobo doll ab.
Das Originalexperiment von Bandura lief folgendermaßen ab (die Kinder wurden einzeln getestet): Vierjährige Kinder aus drei verschiedenen Gruppen sahen einen Film über einen Erwachsenen namens "Rocky", welcher sich sehr aggressiv gegenüber der Puppe "Bobo" verhielt (schlagen, treten, Schimpfworte, ...). Die Kinder sahen bis zu diesen Szenen alle den gleichen Film. Am Ende unterschieden sich die Filme darin, wie auf Rockys Verhalten reagiert wurde:
- Rockys Verhalten wurde belohnt (Verstärkung)
- Rockys Verhalten wurde bestraft
- Rockys Verhalten hatte keine Konsequenzen (Kontrollgruppe)
Die Kinder wurden nach dem Sehen des Films in einen Raum geführt, in dem viele Spielsachen verteilt waren, darunter auch die Puppe Bobo, die von Rocky im Film zuvor getreten, geschlagen bzw. kaputtgemacht worden war. Es wurde nun beobachtet, bei welchen Kindern das Verhalten Rockys auftrat und bei welchen nicht.
- War Rocky zuvor gelobt worden, wurde sein Verhalten von vielen Kindern imitiert.
- War Rocky zuvor bestraft worden, wurde sein Verhalten von wenigen Kindern imitiert.
Wenn aber den Kindern eine Belohnung (Süßigkeit) versprochen wurde, falls sie das Gesehene nachspielten, zeigten alle das gesehene Verhalten.
Fazit
Albert Bandura schloss daraus, dass die Kinder das Vorbild-Verhalten gleichermaßen erlernten, aber je nach Folgen unterschiedlich reproduziert haben. Es besteht also ein Unterschied zwischen Erwerb (Kompetenz) und Ausführung (Performanz) des beobachteten Verhaltens (sogenanntes latentes Lernen).
Siehe auch
Literatur
- A. Bandura, R. H. Walters: Social Learning and personality developement. New York 1963.
- A. Bandura: Lernen am Modell. Stuttgart 1976, ISBN 3-12-920590-X.
Weblinks
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