- Lili Boulanger
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Lili Boulanger (* 21. August 1893 in Paris; † 15. März 1918 in Mézy-sur-Seine (Yvelines) bei Paris), eigentlich Marie-Juliette Olga Boulanger, war eine französische Komponistin und Dirigentin.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Lili Boulanger stammte aus einer traditionsreichen Musikerfamilie. Ihre Mutter Raissa Mychetsky (1858–1935) war Sängerin, ihr Vater Ernest (1815–1900) Komponist und ihre ältere Schwester Nadia Musikpädagogin und Dirigentin.
Trotz einer chronischen Bronchialpneumonie erhielt sie früh Unterricht in Orgel, Klavier, Violoncello, Violine und Harfe. Ab 1900 komponierte sie eigene Werke, die sie jedoch selbstkritisch vernichtete. Ihr erster öffentlicher Auftritt als Musikerin fand am 5. September 1901 statt. Im Alter von sechzehn Jahren fasste sie den Entschluss, Komponistin zu werden und, wie zuvor ihr Vater Ernest, den Grand Prix de Rome zu gewinnen. Dieses Ziel verfolgte sie trotz zahlreicher krankheitsbedingter Unterbrechungen. Sie studierte bei Paul Vidal und Georges Caussade Komposition, Harmonielehre und Kontrapunkt und besuchte daneben Vorlesungen am Pariser Conservatoire. Bereits das 1912 verfasste Vokalquartett Renouveau wurde von der Kritik positiv aufgenommen. Nach nur einem Jahr intensiver Studien nahm sie 1913 am Wettbewerb um den Grand Prix de Rome teil und gewann denselben als erste Frau für die Komposition Faust et Hélène, eine Kantate für Tenor, Bariton, Mezzosopran und Orchester. Der Preis bestand in einem Aufenthalt in der Villa Medici in Rom und einem Stipendium. Außerdem schloss sie mit Ricordi einen Verlagsvertrag ab, der ihr künftig ein jährliches Gehalt sicherte. Von nun an wurden die Werke Lili Boulangers öffentlich aufgeführt. Wegen des ausbrechenden Ersten Weltkrieges brach Boulanger ihren Aufenthalt in Rom ab und kehrte zurück nach Paris, wo sie sich gemeinsam mit ihrer Schwester Nadia karitativen Aufgaben zuwandte. Erst 1916 konnte Lili Boulanger ihren Romaufenthalt fortsetzen. Im gleichen Jahr erhielt sie vom symbolistischen Dramatiker Maurice Maeterlinck die Zustimmung zur Vertonung von La Princesse Maleine. Für die Fertigstellung dieses Opernprojektes blieb ihr jedoch aufgrund ihres sich zunehmend verschlechternden Gesundheitszustandes keine Zeit mehr. Lili Boulanger starb am 15. März 1918 in Mézy-sur-Seine bei Paris. Sie wurde vierundzwanzig Jahre alt.
Werke (Auswahl)
Vokalmusik
- Renouveau (T: Armand Silvestre) für Chor und Klavier/Orchester (1911)
- Les Sirènes (T: Ch. Grandmougin) für Mezzosopran, Chor und Klavier/Orchester (1911)
- Reflets (T: Maurice Maeterlinck) für Stimme und Klavier (1911)
- Sous-bois (T: Ph. Gilles) für Chor und Klavier/Orchester (1911)
- Frédégonde (T: Ch. Morel), Kantate für 3 Stimmen und Klavier (1911)
- Attente (T: Maurice Maeterlinck) für Stimme und Klavier (1912)
- Hymne au soleil (T: Casimir Delavigne) für Alt, Chor und Klavier (1912), Rekonstruktion der Orchesterfassung von Oliver Korte (2003)
- Pendant la tempête (T: Th. Gautier) für Männerchor und Klavier (1912)
- Le Retour (T: G. Delaquys) für Stimme und Klavier (1912)
- La Source (T: Charles-Marie-René Leconte de Lisle) für Chor und Klavier/Orchester (1912)
- Pour les funérailles d'un soldat (T: A. de Musset) für Bariton, Chor und Klavier/Orchester (1912)
- Soir sur la plaine (T: Albert Samain) für Sopran, Tenor, Bariton, Chor und Klavier (1913)
- Faust et Hélène (T: Eugène Adenis), Kantate für Tenor, Bariton, Mezzosopran und Orchester (1913)
- Clarières dans le ciel (T: Francis Jammes) für Stimme und Klavier (1914)
- Psaume 24 für Chor, Orgel und Orchester (1916)
- Psaume 129 für Bariton, Chor und Orchester (1916)
- Dans l'immense tristesse (T: B. Galeron de Calone) für Stimme und Klavier (1916)
- Psaume 130 Du fond de l'abîme für Alt und Tenor solo, Chor, Orgel und Orchester (1917)
- Vieille Prière bouddhique für Tenor, Chor und Orchester (1917)
- Pie Jesu für Stimme, Streichquartett, Harfe, Orgel und Orchester (1918)
Instrumentalmusik
- Nocturne für Violine, Flöte und Klavier (1911)
- Fugue (1912)
- Fugue (1913)
- D'un jardin clair für Klavier (1914), Bearbeitung für Orchester von Oliver Korte (1999)
- D'un vieux jardin für Klavier (1914), Bearbeitung für Orchester von Oliver Korte (1999)
- Cortège für Violine oder Flöte und Klavier (1914), Bearbeitung für Orchester von Oliver Korte (1999)
- Thème et variations für Klavier (1914)
- D'un matin de printemps für Violine oder Flöte und Klavier oder für Orchester, Nocturne (1918)
- D'un soir triste für Violoncello und Klavier, für Trio oder Orchester (1918)
Literatur
- Lili Boulanger zum 100. Geburtstag. Katalog der Bremer Lili Boulanger-Tage, 19.–22. August 1993. ISBN 3-924588-24-4
- Léonie Rosenstiel: Lili Boulanger, Leben und Werk. Herausgegeben, überarbeitet und mit einem Nachwort versehen von Kathrin Mosler, aus dem Englischen von Sabine Gabriel und Rolf Wolle, Bremen/Worpswede: Zeichen und Spuren, 1995. ISBN 3-924588-22-8
- Nicole Capgras: Lili Boulanger, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Allgemeine Enzyklopädie der Musik, Sachteil und Personenteil in 28 Bänden, Personenteil: Bj-Cal, herausgegeben von Ludwig Finscher, Kassel und Stuttgart: Bärenreiter und J. B. Metzler, 2000, Sp. 527ff.
- Eva Weissweiler: Komponistinnen aus 500 Jahren – Eine Kultur- und Wirkungsgeschichte in Biographien und Werkbeispielen, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 1981. ISBN 3-596-23714-9
- Jérôme Spycket: À la recherche de Lili Boulanger, Paris: Fayard, 2004.
- Nadia Boulanger et Lili Boulanger. Témoignages et études. Herausgegeben von Alexandra Laederich, Paris: Symétrie 2007.
Weblinks
- Noten, Partituren und Auszüge zu Kompositionen von Lili Boulanger im International Music Score Library Project
- weiterführende Informationen zu Lili Boulanger auf der Seite "Musik und Gender im Internet"
- Psaume 130 zum Anhören Teil 1 und Teil 2
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