Lin Piao

Lin Piao

Lín Biāo (chin. 林彪) oder Lin Piao (* 5. Dezember 1907; † 13. September 1971) war ein chinesischer Politiker und Marschall, geboren in der Provinz Hubei.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Lin Biao war der Sohn eines kleinen Grundbesitzers in Wuhan, Hubei. Mit 18 trat er in die Whampoa-Militärakademie ein, wo er von Zhou Enlai und dem sowjetischen General Wassili Blücher gefördert wurde. 1926 beendete er seine dortige Ausbildung und trat 1927 der Kommunistischen Partei Chinas bei. In der Folge unterstützte er Mao Zedong beim Aufbau des kommunistischen Staates in China und kämpfte als Befehlshaber des 1. Armeekorps gegen die Kuomintang-Truppen unter Chiang Kai-shek. Auf dem Langen Marsch (1934-1935) befehligte Lin die Vorhut der Roten Armee. Zwischen 1938 und 1942 hielt er sich in der Sowjetunion auf; nach seiner Rückkehr nach China wurde er 1945 Mitglied des Zentralkomitees der KPCh und 1946 Oberkommandierender der Roten Armee.

Im Bürgerkrieg gegen Chiang Kai-shek eroberte er die Mandschurei und schuf damit die Voraussetzung für den Sieg der kommunistischen Truppen 1949. 1954 wurde er stellvertretender Ministerpräsident der Volksrepublik China, 1955 Marschall und Mitglied des Politbüros und 1959 Verteidigungsminister anstelle von Peng Dehuai. 1960 gab er die Anweisung, dass die Soldaten Mao-Zitate auswendig lernen mussten. Daraus entwickelte sich schließlich die "Mao-Bibel". 1966 beteiligte er sich an der Seite Maos führend an der Kulturrevolution; 1969 wurde er zum Stellvertreter des Parteivorsitzenden Mao ernannt und löste Liu Shaoqi, der durch seine Kritik an Mao bei diesem in Ungnade gefallen war, als stellvertretenden Parteivorsitzenden ab. Damit war er der designierte Nachfolger Mao Zedongs.

Flucht

Nach offizieller Darstellung plante Lin einen Staatsstreich, der jedoch aufgedeckt wurde, und kam am 13. September 1971 bei seinem Versuch in die Sowjetunion zu fliehen, durch einen Flugzeugabsturz ums Leben.[1]

Nach Jung Chang ging dem Ganzen ein Streit mit Mao voraus, der sich von der Machtfülle Lins bedroht zu fühlen schien, die er selbst herbeigeführt hatte, weil er Lin Biaos Unterstützung als Oberbefehlshaber der Armee dringend für die geplante Kulturrevolution brauchte, nachdem seine Position in der Partei durch die Kritik Peng Dehuais, vor allem aber Liu Shaoqis stark geschwächt worden war. In diesem Zusammenhang hatte Mao auch der Entmachtung des ihm ergebenen und von ihm favorisierten Generalstabschefs Luo Rui-qing zustimmen müssen. Außerdem hatte Lin Biao während der Kulturrevolution die Armee von allen Anhängern Peng Dehuais gesäubert, große Teile des Staatsapparats mit Armeeangehörigen seines Vertrauens neu besetzt, und es war für ihn ein kleiner Personenkult eingerichtet worden.

1970 kam es zum Streit um die Wiedereinführung des Präsidentenamtes, das Lin wahrscheinlich aus dem Grunde erneuern und auf Mao übertragen lassen wollte, weil er dann selbst Vizepräsident hätte werden können und damit auch offiziell an zweiter Stelle in Chinas Machtgefüge gestanden hätte. Lin stellte diesen Antrag ohne vorherige Rücksprache mit Mao, und der Ständige Ausschuss des Politbüros, stimmte bis auf Mao zu. Insbesondere Chen Boda unterstützte Lin, weswegen er bald darauf im Gefängnis verschwand. Mao legte sein Veto gegen die Wiedereinführung des Amtes ein, und forderte Lin zu einer "Selbstbezichtigung" auf, ein demütigendes Verfahren, dem sich schon viele hochrangige Kommunisten, u.a. auch Zhou Enlai, unterwerfen mussten. Doch Lin lehnte ab.

Zu einem Eklat kam es bei den Feiern zum 1. Mai auf dem Tiananmen-Platz, als Lin sich über das Protokoll hinwegsetzte und nur eine Minute erschien, ohne mit Mao und seinen Gästen, u. A. Prinz Sihanouk aus Kambodscha, zu sprechen. Auf diese Weise erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Führungsriege uneins war.

In der Folgezeit plante Lins Sohn, "Tiger" genannt, mit Freunden ein Attentat auf Mao, das jedoch nicht zustande kam, weil die Unterstützung aus der Armee nicht ausreichend war und Tiger Selbstmordattentate seiner Freunde ablehnte. Lin, seine Frau und ihr Sohn wollten nun per Flugzeug in die Sowjetunion fliehen, doch Lins Tochter Dodo verriet den Fluchtplan, so dass die Familie früher als geplant aufbrechen und ein noch nicht vollgetanktes Flugzeug besteigen musste. Um dem Radar zu entkommen, flog das Flugzeug sehr niedrig, was den Treibstoffbedarf erhöhte, und stürzte schließlich über der Mongolei ab. Die Bevölkerung erfuhr erst mit einjähriger Verspätung von seinem Tod. Die Kommunistische Partei stellte Lin als Verräter dar. Im August 1973 wurde er nachträglich aus der Partei ausgeschlossen. 1974 begann die Kampagne "Kritisiert Konfuzius und Lin Biao".

Einzelnachweise

  1. Dieser Abschnitt nutzt als Quelle ausschließlich das 52. Kapitel („Der Bruch mit Lin Biao“) von Changs Buch

Veröffentlichungen

  • Unter den roten Bannern, der Generallinie der Partei und den militärwissenschaftlichen Theorien Mao Tse-tungs, vorwärts. Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1959
  • Es lebe der Sieg im Volkskrieg. Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1965
  • Worte des Vorsitzenden Mao Tsetung. Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1967 (bis 1971 mit Vorwort des Herausgebers Lin Biao)
  • Bericht auf dem IX. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas. (Erstattet am 1. April und angenommen am 14. April 1969.) Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969

Literatur

  • Jung Chang, Jon Halliday: Mao. Das Leben eines Mannes, das Schicksal eines Volkes, Karl Blessing Verlag, München 2005
  • Kritik an Lin Biao und Konfuzius 1. Verlag für fremdsprachige Literatur Peking 1975
  • Die Außenpolitik der VR China · Les Evans, Ein Denkmal für Lin Biao: Der X. Parteitag der KPCh. Hrsg.: Gruppe Internationale Marxisten. 2. Aufl. Hbg., Internationale Sozialistische Publikationen, (1974). 93 S.
  • Yao Wen-yüan: Über die soziale Basis der parteifeindlichen Lin-Biao-Clique. Verlag für fremdsprachige Literatur Peking 1975
  • Ming-le Yao: Die Verschwörung - Staatsstreich u. Ermordung d. Lin Piao. München. 1983
  • Jakobs, Peter Michael: Kritik an Lin Piao und Konfuzius - esoter. Kommunikation u. intraelitäre Konflikte d. VR China in d. Jahren 1973/74. Köln. 1983
  • Teiwes, Frederick C.: The tragedy of Lin Biao: riding the Tiger during the Cultural Revolution 1966 - 1971. London. 1996
  • Reusch, Jürgen: Maoismus in der Krise. Frankfurt. Verl. Marxistische Blätter, 1975

Weblinks


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