Livländischer Orden

Livländischer Orden

Als Livländischer Orden wird der strukturell eigenständige Teil des Deutschen Ordens im Baltikum bezeichnet. Der Ritterorden bestand von 1237 bis 1561.

Erwerbungen des Deutschen Ordens in Preußen und des 1237 mit ihm vereinigten Schwertbrüderordens in Kurland und Livland bis 1260; bei den schraffierten Gebieten handelt es sich um die umkämpften Territorien in Preußen und Schamaiten

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der 1202 in Riga gegründete Schwertbrüderorden (Ornat: weißer Mantel mit rotem Kreuz) erlitt 1236 in der Schlacht von Schaulen eine vernichtende Niederlage gegen schamaitische Litauer sowie Semgaller.[1] Daraufhin handelte Hermann von Salza persönlich mit der Kurie die Union von Viterbo aus, als deren Ergebnis Deutscher Orden und Schwertbrüderorden vereinigt wurden.[2] So erwarb man mit den livländischen Kommenden ein zweites Kernland, das sogenannte Meistertum Livland, wo nach dem Muster Preußens das bereits bestehende System von Burgen (sogenannte feste Häuser) ausgebaut wurde.[3]

1237 traf der Landmeister im Pruzzenlande, Hermann Balk, als Bevollmächtigter des Hochmeisters Hermann von Salza beim durch die heidnischen Litauer schwer bedrängten Bischof in Riga ein. Die päpstlich beglaubigten Rechte des Deutschen Ordens wurden hier sofort anerkannt. Fortan übte ein Landmeister die Hoheitsrechte des Ordens in Livland aus.

Trotzdem blieben die preußischen und livländischen Ordenszweige sowohl administrativ als territorial getrennt. In Livland existierte, im Gegensatz zu Preußen, eine Teilung der Einflusssphären zwischen der Ordensgewalt und verschiedenen autonomen Bistümern. Bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts gehörten einige nördliche Teile Livlands zum Königreich Dänemark.

Hinzu kam die unterschiedliche Herkunft der Kader beider Ordenszweige: Während in Preußen vorwiegend mittel- und westdeutsche Ordensherren regierten, rekrutierte sich das Korps des livländischen Ordenszweiges überwiegend aus norddeutschen und dänischen Rittern. Darin spiegelte sich die Bindung dieses Landes an die Traditionen der gewaltsamen Missionierung der Liven und Esten Anfang des 13. Jahrhunderts wider: Die Verbreitung des Christentums im nördlichen Baltikum erfolgte über vorhanseatische Seeverbindungen von Stützpunkten wie Lübeck und dem dänischen Seeland aus.

Koordinierte Aktivitäten beider Ordenszweige im andauernden Krieg gegen das Großfürstentum Litauen blieben angesichts dieser Konstellation die Ausnahme. Herausragendes Beispiel ist die Abwesenheit des gesamten livländischen Ordenszweiges während der entscheidenden Kampagne von 1410, die zur Katastrophe in der Schlacht bei Tannenberg führte. Der livländische Landmeister Conrad von Vytinghove berief sich auf einen mit dem litauischen Großfürsten Vytautas vereinbarten Waffenstillstand. In den kriegerischen Auseinandersetzungen des preußischen Ordensstaates mit Polen und dem preußischen Bund blieb der livländische Ordenszweig weitgehend neutral und wurde daher nicht in die Verhandlungen mit dem Königreich Polen nach Beendigung der Kampfhandlungen eingebunden. Preußen wurde 1525 zum weltlichen Herzogtum, während der livländische Ordensstaat erst 1561 zum Herzogtum Kurland und Semgallen sowie dem Herzogtum Livland säkularisiert wurde.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Beschreibung der Lage in Livland
  2. Hermann von Salza Verhandlungen in Viterbo
  3. Theodor Hirsch, Max Toeppen, Ernst Strehlke: Scriptores rerum Prussicarum. Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergang der Ordensherrschaft. Band 1, S. 395.

Literatur

  • Friedrich Benninghoven: Der Orden der Schwertbrüder: Fratres milicie Christi de Livonia; Böhlau, Köln [u.a.], 1965
  • Alain Demurger: Die Ritter des Herrn. Geschichte der geistlichen Ritterorden; Beck, München 2003, ISBN 3-406-50282-2
  • Wolfgang Sonthofen: Der Deutsche Orden; Weltbild, Augsburg 1995, ISBN 3-89350-713-2
  • Dieter Zimmerling: Der Deutsche Ritterorden; Econ, München 1998, ISBN 3-430-19959-X

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