Loddenheide

Loddenheide
Friedenskapelle auf der Loddenheide

Die Loddenheide im westfälischen Münster ist ein Gewerbegebiet im Südosten der Stadt. Die abwechslungsreiche Geschichte der Loddenheide geht bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Prägend war vor allem die militärische Nutzung durch mehrere Armeen bis Mitte der 1990er Jahre. Seitdem wird das Gelände für die gewerbliche Nutzung erschlossen. Eine Besonderheit ist jedoch der mitten in das Gewerbegebiet integrierte Friedenspark mit der Friedenskapelle und die 1998 vom Dalai Lama gepflanzten Friedenskastanie.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Aufteilung

Die Loddenheide liegt im Südosten der Stadt zwischen dem Hansaviertel und Gremmendorf. Maßgeblich begrenzt wird sie im Norden durch die Bundesstraße 51, im Osten durch den Albersloher Weg, im Süden durch die Straße An den Loddenbüschen und im Westen durch den Dortmund-Ems-Kanal. Die Gesamtfläche beträgt 0,899 km². Sie teilt sich auf in 0,061 km² (6,8 %) öffentliche Verkehrsflächen, 0,157 km² (17,5 %) öffentliche Grünflächen, 0,007 km² (0,8 %) private Grünflächen und 0,674 km² (74,9 %) Bauflächen. Die Bauflächen wiederum teilen sich auf in 0,09 km² (14,7 %) Kerngebiet, 0,195 km² (28,9 %) Industriegebiet, 0,375 km² (55,7 %) Gewerbegebiet, 0,004 km² (0,6 %) Flächen für Gemeinbedarf sowie 0,001 km² (0,1 %) Flächen für Versorgungsanlagen. Die Baufläche wird dabei grob in die vier Schwerpunktbereiche Handel- und Logistikzentrum (City-Logistik) mit Gleisanschluss, klassische und großflächige Gewerbebetriege einschließlich Handwerkerzentrum, „Arbeitsstätten der Zukunft“ für Unternehmen mit nachhaltigen Produktions- oder Vertriebsstrukturen sowie in Dienstleistungsflächen „Arbeiten am Park“ untergliedert.

Friedenspark

Der See im Friedenspark
Skulptur „Die alte Schießmauer“
Die vom Dalai Lama gepflanzte Rosskastanie

Etwa 18 % der gesamten Fläche der Loddenheide sind als öffentliche Grünflächen ausgewiesen, die sich über das gesamte Areal verteilen. Ziel ist es, auf diesen Flächen die typische Münsterländer Parklandschaft nachzuahmen. Die Grünflächen sollen die einzelnen Gewerbe klar von einander abtrennen und mit einzelnen, freistehenden Bäumen, Baumgruppen, Hecken und naturnahen Mulden versehen werden. Sie stehen im Kontrast zu den übrigen Flächen, die gewerblich genutzt werden. Die Grünanlagen werden von Norden nach Süden in drei Zonen unterteilt.

In der nördlichen Zone befinden sich größere Baumgruppen mit Silberlingen und an markanten Punkten mit Rosskastanien. Sie sollen das produzierende Gewerbe abschirmen. In südwestlichen Richtung sollen die Naturflächen durch eine Extensivwiese mit naturnahen Mulden versehen werden.

Der mittlere Bereich ist ein großer Erholungsbereich, in dessen Mitte Relikte des ehemaligen Schießstandes stehen. Dabei handelt es sich um die Betonskulptur „Die alte Schießmauer“ der Hamburger Künstlerin Gabriele Staarmann. Das Ensemble besteht insgesamt aus 15 rosafarbenen Kolossen mit einem Gewicht von jeweils bis zu fünf Tonnen. Laut der Künstlerin habe sie Kunst zum Anfassen und Anlehnen schaffen wollen.

Weiteres Merkmal sind die „Friedenslinden“ und eine am 7. Juni 1998 vom 14. Dalai Lama (Tendzin Gyatsho) gepflanzte Rosskastanie mit einem Gedenkstein. An den verschiedenen Wegen in diesem Bereich sind mehrere Bänke aufgestellt. Eine weitere Besonderheit ist ein Spielangebot für Kinder inmitten eines Gewerbegebietes.

Der südliche Teil ist wieder mit größeren Baumgruppen von Silberlinden bepflanzt. Auch hier wurden naturähnliche Mulden geschaffen, in denen sich Feuchtwiesen und Röhrichte bilden können sollen. Zudem wurde im Bereich An den Loddenbüschen und An der Loddenheide der ursprüngliche, prägende Bestand an Bäumen und pflanzen erhalten.

Ziemlich genau im Zentrum der Loddenheide, am Rand des Friedensparks, befindet sich die Friedenskapelle, die ehemalige englische Garnisonskapelle All saints chapel, in der seit 2003 verschiedenste Konzerte aufgeführt werden.

Geschichte

Über den Ursprung des Namens existieren mehrere Auffassungen. Vermutlich geht die Bezeichnung auf Lodden oder Loden zurück, womit Neuanpflanzungen besonders junger Bäume bezeichnet wurden. Sie war ursprünglich 2.115 Morgen (5,2875 km²) groß und mit Wallhecken umgeben. Genutzt wurde es vornehmlich als Weidefläche, für die Jagd und die Fischerei.

Im Siebenjährigen Krieg zwischen 1756 und 1763 wurde die Loddenheide erstmals militärisch genutzt als Militärlager von den mit Preußen verbündete Alliierten. Nach dem Abzug der Truppen diente sie von 1802 bis 1806 wieder für militärische Zwecke, als Münster von preußischen Truppen nach dem Tode des letzten Fürstbischofs besetzt wurde. In dieser Zeit diente er vornehmlich als Exerzierplatz und Übungsgelände.

Ab 1822 begann die Aufteilung der Loddenheide, die sich bis zum 5. November 1829 hinzog. Ein etwa 420 Morgen (1,05 km²) großes Areal wurde dabei 1827 an das preußische Militär zum Preis von 10.500 Reichstalern verkauft. Es entsprach ungefähr dem heutigen Areal der Loddenheide. Bis auf die Schießstände war das Gelände jedoch weiterhin für die Allgemeinheit offen.

Im Sommer 1836 wurde ein neues Kapitel in der Geschichte der Loddenheide aufgeschlagen: Auf dem Exerzierplatz fand das erste Pferderennen in Westfalen statt, ausgetragen vom Westfälischen Reiterverein. Die Rennen sollten daraufhin bis zum Jahr 1897 regelmäßig stattfanden. Anschließend fanden sie ausschließlich auf der einige Jahre zuvor an der Hammer Straße neu errichteten Rennbahn statt. Bei einem dieser Rennen verunglückte am 25. Juli 1888 Max Graf Droste Vischering von Nesselrode-Reichenstein tödlich. Das ihm zu Ehren aufgestellte Steinkreuz am Heumannsweg wurde später, vermutlich bei Straßenbauarbeiten, entfernt.

Nachdem das preußische Militär 1906 im Norden von Münster ein neues, größeres Übungsgelände erworben hatte, wurde die Loddenheide nur noch selten für Übungen verwendet. Es kam zu einer intensiveren Nutzung durch die Bevölkerung. Ermutigt durch die ersten erfolgreichen Flugversuche der Gebrüder Wright in den USA kamen auch in Münster Gedanken auf, sich fliegerisch zu betätigen und einen Luftsportverein zu gründen. Das weitläufige Areal bot dafür ideale Voraussetzungen. Anton Knubel und Karl Rösner begannen mit der Konstruktion und dem Bau von Flugzeugen, deren erste Testflüge 1910 auf der Loddenheide stattfanden. Nachdem sich ihre Wege Mitte 1911 trennten, beschäftige sich Anton Knubel weiterhin mit dem Bau von Flugzeugen, insbesondere im Hinblick auf die militärische Nutzung. Am Abend des 8. September 1915 stürzte er bei einem Testflug auf der Loddenheide tödlich ab.

Flugtag auf der Loddenheide

Während dieser Zeit veranstaltete der Luftschiffahrtsverein Münster für Münster und das Münsterland e.V die ersten Flugtage auf dem Gelände der Loddenheide, die sich in den darauffolgenden Jahren zu regelrechten Volksfesten mit Tanz und Kirmes entwickeln sollten und als Heidefest bezeichnet wurden. Der erste Flugtag fand im Juni 1911 statt. Ein besonderes Ereignis war der 9. Juni 1912, als der Zeppelin Viktoria Luise Münster besuchte und auf der Loddenheide landete. Der erste Besuch eines Zeppelins wurde von tausenden Münsteranern beobachtet und gefeiert. Größter Flugtag war jedoch der 15. Juni 1930, als über 100.000 Zuschauer das Luftschiff Graf Zeppelin begrüßten. Zu dieser Zeit war es das bis dato größte Ereignis im Luftsport.[1]

Zur Zeit des Ersten Weltkrieges war es eher ruhig um die Loddenheide, da keine Flugtage mehr stattfanden. Dafür wurde ein Munitionsdepot auf der Loddenheide errichtet, nachdem das Depot an der Warendorfer Straße durch eine Explosion zerstört wurde.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Beschränkung der deutschen Streitkräfte auf 100.000 Mann wurde die Loddenheide nicht mehr für das Militär benötigt. Die Stadt Münster wollte das Gelände als Flughafen benutzen und setzte sich gegen den Westfälischen Reiterverein durch, der es für den Pferdesport nutzen wollte. Einer der ersten Nutzer war die Fliegerstaffel der Sicherheitspolizei, die von hier aus mit 10 Maschinen Einsätze gegen die Kommunisten im Ruhrgebiet flogen. Nach der Niederschlagung der Aufstände und wahrscheinlich auch durch den Druck der Alliierten wurde die Staffel am 14. April 1920 wieder aufgelöst.

Im gleichen Jahr startete jedoch der planmäßige Flugverkehr der Lloyd-Luftverkehr und Junkers-Luft-Verkehrs-A.G. Die erste Flugverbindung zwischen Münster und Bremen wurde noch vom Reichspostministerium subventioniert. Aufgrund der geringen Auslastung wurde sie 1922 allerdings wieder eingestellt. Erst 1925 wurde der planmäßige Flugverkehr wieder aufgenommen, als die Junkers-Luftverkehr-A.G. die Strecke Hamburg - Bremen - Münster - Essen eröffnete. Nach der Gründung der Deutsche Luft Hansa A.G. im Januar 1926 fiel bereits Anfang Februar Münster aus der kurz zuvor eröffneten Flugstrecke heraus, weil keine Zwischenlandungen mehr vorgenommen werden sollten. Stattdessen wurde ab dem 1. Juni 1926 eine neue Flugstrecke nach Köln eröffnet, ab August desselben Jahres zu den Nordseebädern. Trotz andauernder regelmäßiger Investitionen der Stadt Münster und die Gründungen der Luftverkehrsgesellschaft Münster G.m.b.H. am 10. Januar 1928 sowie der Flughafen Münster G.m.b.H. am 19. April 1929 wurde der Flugbetrieb auf Beschluss des Magistrats der Stadt 1930 eingestellt. Die Gründe lagen hauptsächlich in der zu geringen Auslastung sowie der schwierigen Finanzlage der Stadt. Einzig in den Bereichen sonstiger Luftfahrt wie Schul- und Prüfungsflügen oder der Sportfliegerei machte sich der Flughafen bezahlt.

Eine tiefgreifende Veränderung brachte das Jahr 1933, als das Militär die Loddenheide wieder für sich beanspruchte. Ab dem 27. April 1934 begannen die Bauarbeiten für einen Fliegerhorst, auf dem ein Aufklärungsgeschwader stationiert werden sollte. Zusätzlich wurden ca. 161 ha an Boden hinzugekauft, die aber nicht mehr Teil der heutigen Loddenheide sind. Während der Bauarbeiten wurde das Gelände an die neuen Erfordernisse der Flugzeuge angepasst und feste Startbahnen errichtet. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde durchgehend am Fliegerhorst gebaut und dieser ständig erweitert. Über die genaue Entwicklung während des Krieges ist jedoch nichts bekannt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Loddenheide von der Britischen Rheinarmee genutzt und war militärisches Sperrgebiet, so dass auch hier keine Informationen über die Entwicklung vorliegen. Obwohl es bereits ab 1980 im Flächennutzungsplan als gewerbliche Fläche markiert war, zogen erst im Herbst 1993 die letzten britischen Streitkräfte von dem Gelände ab. Seit 1996 organisiert die Gewerbepark Münster-Loddenheide-GmbH (GML) die Vermarktung der Loddenheide als Gewerbegebiet. Dazu wurden sämtliche Gebäude auf dem Gelände mit Ausnahme der Kapelle abgebrochen und die Infrastruktur komplett neu errichtet.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 100 Jahre Freiballon-Verein – Ausstellung ab FreitagMünstersche Zeitung vom 8. Oktober 2009
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