- Lokale Nahverkehrsgesellschaft
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Die Lokale Nahverkehrsgesellschaft (LNG), selten auch als Lokale Nahverkehrsorganisation (LNO) bezeichnet, basiert auf dem § 6 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNVG) in Hessen. Ihre Aufgabe ist die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben (im Rahmen der Daseinsvorsorge) im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Inhaltsverzeichnis
Rahmenbedingungen
Im Rahmen der rechtlichen Vorgaben des europäischen Rechts (EU-Verordnung Nr. 1191/69) zur Liberalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs müssen Leistungen des ÖPNV grundsätzlich ausgeschrieben werden. Unter Beachtung der EU-Regelungen über öffentliche Beihilfen sowie des diesbezüglichen Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 24. Juli 2003 ist es nur unter bestimmten, sehr eng umgrenzten Bedingungen möglich, den Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs ohne Ausschreibung (an den althergebrachten Betreiber, meist Stadtwerke, Nachfolgeunternehmen der Bahnbusse etc.) zu vergeben (Innenvergabe).
Andere Länder der Bundesrepublik Deutschland sowie die übrigen EU-Staaten haben die EU-Richtlinie teilweise in ähnlicher Weise umgesetzt, manchmal nur mit anderen Begrifflichkeiten, öfter aber auch mit anderen Aufgabenverteilungen, hier wird ausschließlich auf die Situation in Hessen eingegangen.
Aufgaben
Anforderungen
Da öffentlicher Personennahverkehr in der Regel nicht kostendeckend betrieben werden kann, ist es die Hauptaufgabe der örtlichen LNG, die gewünschten Verkehrsleistungen zu beschreiben und zu bestellen. Dabei werden nicht nur die Linienwege, sondern auch die Taktfrequenz sowie weitere Details wie etwa die Fahrzeugausstattung, Fahrgastinformation, Flexibilität etc. vorgegeben. Im Rahmen einer Ausschreibung sind dabei immer mehrere Linien zu einem Bündel zusammenzufassen, wobei dieses nachfragestarke und -schwächere Relationen enthalten soll.
Vergabeverfahren
Die Bestellung erfolgt durch Vertragsabschluss. Dessen Inhalte sind in Hessen im § 9 des Hessischen ÖPNVG geregelt und umfassen neben den schon bei der Ausschreibung genannten Kriterien vor allem Messfaktoren für die Kontrolle der Qualität und Leistungseinhaltung sowie entsprechende Sanktionen bei Verstößen. Nach neuester Auslegung des EU-Rechtes kann die Vergabe an den bisherigen Betreiber ohne Ausschreibung erfolgen, soweit davon ausgegangen werden kann, dass eine Ausschreibung nicht zu wesentlich günstigeren Angeboten führt. Die Vergabe erfolgt regelmäßig für einen Zeitraum von 8 Jahren.
Abstimmung mit Verkehrsverbünden
Das komplette Gebiet Hessens gehört zu Verkehrsverbünden: Der nördliche Teil zum Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV), Mittel- und Südhessen zum Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) sowie der Kreis Bergstraße zum Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN). Die jeweiligen LNGs haben ihre Angebote mit dem örtlichen Verkehrsverbund abzustimmen und zu koordinieren.
Umsetzung
Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben wurden hessenweit LNGs eingerichtet. Gelegentlich arbeiten diese noch unter dem Dach der örtlichen Verkehrsgesellschaft, oft als Teil der Kreis- oder Stadtverwaltung (bei kreisfreien Städten), manchmal (z.B. in Frankfurt) bilden sie aber schon eigene Gesellschaften (hier traffiQ), die nicht mehr mit dem klassischen Leistungserbringer (hier der vgf - Verkehrsgesellschaft Frankfurt) verwoben sind.
Ein Sonderfall ist der Kreis Bergstraße, der sich im Gebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar befindet, welcher sich über Teile der Länder Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erstreckt, so dass die unterschiedlichen Rechtsvorschriften der Länder zu beachten sind. Zwar unterliegt auch dieser Landkreis der gesetzlichen Verpflichtung nach hessischen Recht, eine lokale Nahverkehrsgesellschaft zu gründen, hat jedoch den Verkehrsverbund beauftragt, deren Aufgaben zu übernehmen. Da in den beiden anderen Bundesländern LNGs nicht vorgesehen sind und stattdessen der Verkehrsverbund als Aufgabenträger auftritt, wird diese „Lösung“ derzeit als ausreichend anerkannt [1].
Auswirkungen
Verkehrsunternehmen
Bedingt durch die tarifvertraglichen Regelungen ist es für die alteingesessenen Betreiber oft schwierig bis unmöglich, im Falle einer Ausschreibung zum Zuge zu kommen bzw. ohne Ausschreibung weiter beauftragt zu werden. Daher kommen bei vielen Gesellschaften Subunternehmen, deren Beschäftigte einem anderen Tarifvertrag unterliegen, zum Einsatz bzw. wurden Tochterunternehmen gegründet, die ebenfalls dem anderen Tarifvertrag unterliegen. Abhängig vom Zeitpunkt der letzten Konzessionsvergabe wurden in vielen Bereichen auch schon Leistungen ausgeschrieben, so dass z.B. die kvk (Kraftverkehr Kinzigtal) Linien in Rüsselsheim bedient, während im angestammten Gebiet heute andere Anbieter die Leistungen erbringen. In Frankfurt wurden schon Teile des Netzes ausgeschrieben, im Endzustand sollen dort alle Bündel über Ausschreibung vergeben werden.
Fahrgäste
Grundsätzlich sollen die Fahrgäste durch die vorgegebenen Qualitätsanforderungen nicht bemerken, welcher Anbieter mit den von ihnen genutzten Verbindungen beauftragt wurde. Allerdings hat die Praxis erwiesen, dass es hier wiederholt zu Problemen kam, sei es durch mangelnde Linienkunde, unzureichende Sprachkenntnisse oder unzureichende Freundlichkeit.
Perspektiven
Nach den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofes unterliegt die Innenvergabe nicht ganz so strengen Kriterien wie vielfach zunächst angenommen. Wichtig ist hierbei unter anderem auch, dass eine Quersubventionierung innerhalb eines Unternehmens (klassischerweise bei Stadtwerken, die auch einen Energie-Sektor betreiben), nicht als wettbewerbsverzerrende Beihilfe anhesehen wird [2]. Damit eröffnen sich politische Möglichkeiten der Gestaltung. Während man in Frankfurt derzeit konsequent die Linie der Ausschreibung verfolgt, versucht man in vielen anderen Städten, zum Beispiel in Wiesbaden, die bisherigen Strukturen der stadteigenen oder stadtnahen Verkehrsgesellschaften beizubehalten.
Einzelnachweise
Kategorien:- ÖPNV-Aufgabenträger
- Verkehrsverbund (Deutschland)
- Verkehr (Hessen)
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