Ludowici Ziegelwerke

Ludowici Ziegelwerke

Die von 1883 bis 1972 in Betrieb befindlichen Falzziegelwerke Carl Ludowici in Jockgrim (Südpfalz) gehörten einst zu den größten Ziegeleien der Welt. Mit dem 1881 von Wilhelm Ludowici zum Patent angemeldeten Falzziegel Z1 begann die industrielle Fertigung von Dachziegeln.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1857 bis 1883: Geschichte des Unternehmens vor der Ansiedlung in Jockgrim

1857 kaufte der in Uetersen in Schleswig-Holstein geborene Carl Friedrich Ludowici die „Ensheimer Ziegelei“, eine kleine Ziegelhütte zwischen Ensheim und St. Ingbert im heutigen Saarland. 1861 kaufte er zudem von dem Bauunternehmer Joseph Hoffmann eine Ziegelhütte in Mundenheim (heute ein Stadtteil von Ludwigshafen am Rhein). 1877 traten seine Söhne Franz Ludowici als kaufmännischer Leiter und Wilhelm Ludowici als technischer Leiter in das Unternehmen ein. Wilhelm Ludowici entwickelte in der Folgezeit den Falzziegel Z1 sowie die Revolverpresse, was dem Unternehmen zum wirtschaftlichen Durchbruch verhalf. Da die Tonvorkommen in Mundenheim zur Neige gingen, machte sich Wilhelm Ludowici auf die Suche nach neuen Vorkommen, die er zwischen Rheinzabern und Jockgrim fand.

1883 bis 1929: Aufbau und Etablierung in Jockgrim unter Wilhelm Ludowici

Neben den großen Tonvorkommen sprachen noch weitere Argumente für Jockgrim. In der armen, von der Landwirtschaft geprägten Südpfalz standen ausreichend billige Arbeitskräfte zur Verfügung. Über den 1876 erbauten Bahnhof Jockgrim sowie über den unweit von Jockgrim verlaufenden Rhein konnte sowohl die für die Befeuerung der Brennöfen benötigte Kohle an- als auch die fertige Ware abtransportiert werden.

Am 1. Mai 1883 wurde in Jockgrim Werk 1 in Betrieb genommen. In den Folgejahren kamen weitere Werke (1886 Werk 2, 1888 Werk 3 und 1891 Werk 5) hinzu. Das Werk in Mundenheim blieb zunächst als Werk 4 in Betrieb und wurde 1894 nach Jockgrim verlegt. Rund um die eigentlichen Werke entstanden weitere Betriebsteile, so unter anderem eine eigene Maschinenfabrik zur Herstellung und Wartung von Revolverpressen. Im Jahr 1897 wurden in Jockgrim 20 Millionen Ziegel gefertigt. Das Unternehmen mitsamt seinen Tochterfirmen avancierte zum größten Ziegelhersteller der Welt.

Schon 1885 gründet das Unternehmen auf freiwilliger Basis eine firmeneigene Kranken- und Sozialversicherung. Den Arbeitern werden Werkswohnungen sowie ein werkseigener Kindergarten angeboten.

1896 zahlt Wilhelm Ludowici seine Geschwister aus und wird alleiniger Inhaber des Unternehmens. Sein Bruder August Ludowici stiftet anonym einen Teil seines Anteils für den Bau der Jugendstil-Festhalle Landau. Erst 1925 wird bekannt, wer der unbekannte Spender war.

1929 bis circa 1970: Beginnender Abschwung unter Johann Wilhelm Ludowici

1929 verstirbt Wilhelm Ludowici. Sein Sohn Johann Wilhelm Ludowici übernimmt die Firmenleitung. Das Unternehmen expandiert zunächst weiter. Werbewirksam ist zum Beispiel der Auftrag zur Herstellung von Dachziegeln für das Olympische Dorf in Berlin zur Sommerolympiade 1936. Bei einem Bombenangriff am 14. Februar 1945 aber werden die Ziegelwerke in Jockgrim zu 70 % zerstört.

Der Bauboom nach dem 2. Weltkrieg führt zu einer Belebung des Geschäfts. Mit 1.000 Mitarbeitern wird der personelle Höchststand der Werke erreicht. Doch dann beginnt der Abschwung. Der Trend zu anderen Dachformen, zum Beispiel zu Flachdächern, sowie der Konkurrenzdruck von Betondachsteinen, Eternitplatten oder Wellblechdächern führt zu Absatzeinbrüchen.

Zudem konzentriert sich Johann Wilhelm Ludowici, der wie sein Vater ein großer Erfinder ist, weniger auf die Geschäftsleitung als auf seine Erfindungen. Viele Patente werden durch ihn angemeldet. Einige seiner Erfindungen revolutionieren die Baubranche, zum Beispiel die Hub-Scherenbühne oder die Plattenbautechnik. Andere Projekte dagegen floppen und verschlingen Unsummen von Geldern, die dem Unternehmen in der schweren Phase fehlen, so zum Beispiel das schwimmend zu transportierende Kugelhaus aus Metall als Notunterkunft für Krisengebiete.

Circa 1970 bis 1972: Das Ende unter Helmo Ludowici

Gegen Ende der 60er-Jahre übernimmt Johann Wilhelms Sohn Helmo Ludowici die Geschäftsführung des schwächelnden Unternehmens. 1972 produziert nur noch das moderne Werk 6 mit rund 100 Mitarbeitern. Dieses brennt am 5. September 1972 durch Brandstiftung komplett nieder, ebenso wie schon 1971 das Werk 4. Da sich zugleich das Ende der örtlichen Tonvorkommen abzeichnet, wird das Werk nicht mehr wiederaufgebaut. Die Produktion von Dachziegeln in Jockgrim endet.

1972 bis 1996: Nachfolgeunternehmen unter Helmo Ludowici

Unter der Geschäftsführung von Helmo Ludowici sowie Walter Reiss werden bis 1996 noch zwei Nachfolgeunternehmen auf dem alten Werksgelände weiterbetrieben. Die schon 1941 von Johann Wilhelm Ludowici gegründete Förderungsgesellschaft für Montagebau mbH agiert als Hoch- und Tiefbauunternehmen und betreibt Maschinenbau. Die Carl Ludowici Betonwerke GmbH fertigt Betonteile. 1996 meldet die Förderungsgesellschaft für Montagebau mbH Konkurs an.

1996 bis heute: Ausverkauf des Werksgeländes unter Rieke Ludowici-Wissing

Das noch im Familien- bzw. Unternehmenssitz befindliche Areal in Jockgrim wird durch die Carl Ludowici GmbH unter Geschäftsführerin Rieke Ludowici-Wissing, Tochter von Helmo, sukzessive als Bauland vermarktet.

Heutige Überreste der Ziegelwerke

Das Ziegeleimuseum

Große Teile des ehemaligen Werksareals wurden zwischenzeitlich für Wohn- und Gewerbebauten genutzt. Auf dem Gelände befindet sich heute unter anderem das Verwaltungsgebäude der Verbandsgemeinde Jockgrim. In den Keller des Gebäudes wurde einer der alten Ringöfen der Ziegelwerke integriert.

Unmittelbar daneben befindet sich das Ziegeleimuseum, vor welchem unter anderem ein Nachbau des von Johann Wilhelm Ludowici erdachten Kugelhauses zu besichtigen ist.

Weitere alte Hallen und Verwaltungsgebäude wurden zu Wohn- oder Geschäftshäusern umgebaut, lassen jedoch noch ihren alten Verwendungszweck erkennen. Auch die alte Villa der Firmeninhaber existiert noch.

Kunstsammlung Ludowici

Seit jeher waren die Ludowicis auch Kunstsammler. Insbesondere Helmo Ludowici schuf eine beeindruckende Kunstsammlung mit Werken der Maler der „Wörther Schule“ unter Heinrich von Zügel mit Werken u.a. von Otto Dill oder Max Bergmann

Sonstiges

In New Lexington (Ohio), USA, existiert noch heute die Ludowici Roof Tile Inc., ein früheres Tochterunternehmen der Ludowici Ziegelwerke, welches gegen Ende des 19. Jahrhunderts von Karl Ludowici, einem Bruder von Wilhelm Ludowici, in dessen Auftrag gegründet wurde. Dort werden noch heute hochwertige, handgefertigte Ziegel nach überlieferten Verfahren hergestellt. Personelle oder finanzielle Verbindungen nach Deutschland gibt es keine mehr.

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