Lykanthropie

Lykanthropie
Lucas Cranach der Ältere: Werwolf, Holzschnitt, 162 × 126 mm, 1512

Lykanthropie (von griechisch λύκος, altgr. Aussprache lýkos, „Wolf“ und ἄνθρωπος, altgr. Aussprache ánthrōpos, „Mensch“) bezeichnet die Verwandlung eines Menschen in einen Werwolf (Wolfsmenschen), wie sie in Sage, Märchen und Fiktion vorkommt. Gestaltwandlungen zwischen Mensch und Tier im allgemeinen werden unter dem Begriff Therianthropie (z. B. in Raubtiere wie Bären, Löwen oder Leoparden) zusammengefasst. Der Begriff wird gelegentlich auch im Zusammenhang mit Vampirismus verwendet.

Als Lykanthropie wird auch die Vorstellung eines Menschen bezeichnet, ein Wolf (oder entsprechend ein anderes Tier) zu sein. Diese galt bis ins 19. Jahrhundert hinein als Geisteskrankheit, die als eine Form der Melancholie begriffen wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im alten Griechenland gab es die Sage von König Lykaon von Arkadien, der wegen Opferung seines Kindes von Zeus in einen Wolf verwandelt wurde.

In der frühen Neuzeit wurde innerhalb Europas oftmals Hexerei für die Lykanthropie verantwortlich gemacht.

Die Legende besagt, dass der Werwolf, wenn er als Mensch wandelte, seine Wolfshaut innen tragen konnte.

Im 15. und 16. Jahrhundert wurde die Lykanthropie monographisch bearbeitet. Sie wurde als Teufelsbesessenheit angesehen. Somit war der Werwolf nach dem Malleus maleficarum kein echtes Tier und kein verwandelter Mensch, sondern ein durch den Teufel erschaffenes Trugbild. Thomas von Aquin sah in den Werwölfen dämonenerzeugte Scheinwesen, welche sich mit der Teufelsbesessenheit vereinbaren lassen. Eine tatsächliche Verwandlung hielt er für unvereinbar mit den göttlichen Naturgesetzen.

Die Vorstellung der Lykanthropie findet in den sogenannten Formwandlern auch in der Science-Fiction- und Fantasy-Literatur ihre moderne Fortsetzung.

Erklärungsversuche

Für die Vorstellung der Lykanthropie sind unterschiedliche Ursachen angenommen worden:

  • Die Religionsethnologie sieht in der Lykanthropie eine in psychopathologische Bereiche dringende Zerfallserscheinung der alten Wolfsmythologie. Heutzutage spricht man von einer Form der Geisteskrankheit.
  • Das Phänomen der Hypertrichose, welches meist auf genetischen Ursachen beruht, führt zu einer starken Überbehaarung. Die Betroffenen werden manchmal auch als „Wolfsmenschen“ bezeichnet. In früheren Jahrhunderten waren so genannte Haarmenschen in vielen Fällen der Schaulust ihrer Umgebung ausgesetzt. Es ist anzunehmen, dass viele sich nur bei Nacht aus dem Haus wagten oder von ihren Eltern herausgelassen wurden. Somit waren sie nur bei Vollmond zu sehen.
  • Der Wolf wurde in verschiedenen Kulturen stark mit sexueller Symbolik belegt. Ein Beispiel wäre etwa das Märchen von Rotkäppchen, in dem viele Interpretationen die Darstellung der männlichen Sexualität in der Gestalt des Wolfes sehen. Sexualität lässt die „animalische Seite“ des Mannes hervortreten, er „wird zum Tier“, nämlich zum Wolf.
  • Halluzinationen (Drogenrausch, Fieberträume)

Literatur

  • Klaus Völker (Hrsg.): Werwölfe und andere Tiermenschen. Dichtungen und Dokumente. Suhrkamp (u. a.), Frankfurt a.M. 1994, ISBN 3-518-38811-8
  • Wilhelm Hertz: Der Werwolf. Beitrag zur Sagengeschichte. Nachdr. Sändig, Vaduz 1995, ISBN 3-500-26840-4
  • Elmar M. Lorey: Henrich der Werwolf. Eine Geschichte aus der Zeit der Hexenprozesse. Mit Dokumenten und Analysen. Anabas, Frankfurt a.M. 1998, ISBN 3-87038-297-X
  • Eva Hackenbroch: Die Lykanthropie. Mythos, Aberglaube, Krankheit. Ein Beitrag zur Geschichte psychopathologischer Begriffe. Med. Diss. Köln 1968.
  • Kathryn A. Edwards (hrsg.): Werewolves, witches, and wandering spirits. Traditional belief & folklore in early modern Europe. Truman State Univ., Kirksville, Mo. 2002.
  • Richard Noll (Hrsg.): Vampires, werewolves, and demons. Twentieth century reports in the psychiatric literature. Brunner/Mazel, New York 1992.
  • Robert Eisler: Man Into Wolf. An anthropological interpretation of sadism, masochism, and lycanthropy. New York 1951.

Siehe auch


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