- Lötschbergtunnel
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Der Lötschbergtunnel ist ein 14'612 m langer Eisenbahntunnel der BLS AG von Kandersteg nach Goppenstein in der Schweiz. Es ist ein einröhriger Doppelspurtunnel und Herzstück der Lötschberglinie von Spiez nach Brig.
Inhaltsverzeichnis
Planung
Als grösstes Bauwerk der Lötschberglinie sollte ein Tunnel das Kandertal mit dem Wallis verbinden. Der Projektleiter Wilhelm Teuscher studierte verschiedene Varianten, um die 3.500 m hohen Alpen zu durchdringen. Die Varianten sahen einen ca. 7 km langen Scheiteltunnel im Gasterntal und zwei längere Tunnel vom Kanderplateau ins Lötschental vor. Schliesslich wählte man die «Variante D» von Kandersteg nach Goppenstein mit einem 13'725 m langen Tunnel und einer geradlinigen Tunnelachse unter dem Balmhornmassiv hindurch. Der Tunnel wurde ursprünglich als Einspurtunnel mit einer Ausweichstation von 500 m in Tunnelmitte geplant.
Am 14. Juli 1906 erfolgte die erste Triangulations-Vermessung der Tunnelachse. Diese wurden wiederholt und abgeschlossen von Prof. Baeschlin, nachdem der erste Vermesser überraschend verstorben war. Am 1. Oktober waren die Vermessungsarbeiten abgeschlossen.
Bau
Der Bau des Tunnels wurde dem Baukonsortium Entreprise Générale du Lötschberg (EGL) übertragen.
Am 15. Oktober 1906 begann man mit der Abtragung des Bergschutts vor dem zukünftigen Nordportal des Tunnels. Am 1. November begannen in Goppenstein die ersten Bauarbeiten für den eigentlichen Tunnel und einen Tag später auf der Nordseite bei Kandersteg. Zunächst wurde am Tunnel noch mit bescheidenen Mitteln von Hand gearbeitet. Die mechanischen Bohrhämmer trafen in Kandersteg im Januar 1907 ein und konnten ab 7. März eingesetzt werden. Im Süden dauerte die Anlieferung der Bohrhämmer um vieles länger und die mechanische Bohrung konnte erst am 9. April 1908 einsetzen. Mitschuld an dieser Verspätung waren unter anderem die Verzögerungen beim Bau der beiden Baubahnen von Frutigen und Naters hinauf zu den Tunnelportalen. Die Bohrhämmer und die Stollenlokomotiven wurden mit Druckluft betrieben. Der Hauptstollen hatte eine Höhe von 2,2 m, eine Breite von 3,5 m und an der Tunnelfront arbeiteten 17 bis 20 Mineure in Achtstundenschichten sieben Tage in der Woche. Einzig während Ostern und Weihnachten wurden die Bohrungen eingestellt.
Im August 1907 wurde eine Bundessubvention für einen Doppelspurausbau des Tunnels genehmigt. Nun konnte der Ausbau des Tunnels auf einen Durchmesser von 8,8 m erhöht werden. Anfangs 1908 arbeiteten rund 1700 Personen am Tunnel, wobei der grösste Teil italienischer Herkunft war. Die rund 220 Kaderleute, Ingenieure und Vorarbeiter waren hauptsächlich Schweizer und Franzosen. Die meisten hatten bereits bei anderen Grossprojekten auf der ganzen Welt gearbeitet, ein weiterer grosser Teil kam direkt vom Bau des Simplontunnels.
Am 23. Juli 1908 um 2:30 Uhr, bei Kilometer 2,674, sprengte man in die 100 Meter weiter oben erwartete Lockergesteine des Gasterntales. Sofort drangen bis zu 7000 Kubikmeter Sand-, Kies- und Schlammmassen 1,5 Kilometer weit in den Stollen ein und verschlangen alles auf ihrem Weg. 26 Arbeiter wurden bei diesem Unglück verschüttet und getötet. Nur Vincenzo Aveni wurde als einziger gefunden und stellvertretend für alle seine Kameraden auf dem Friedhof von Kandersteg begraben. Im Talboden des Gasterntales bildete sich eine grosse Geländesenkung von 3 m Tiefe.
Zuerst war geplant, die alte geradlinige Vortriebsachse beizubehalten. Dazu sollte mit entsprechenden Baumassnahmen die Sedimentenschicht durchdrungen werden. Noch während der Unfalluntersuchung entschied die EGL, die Bauarbeiten wieder aufzunehmen. Mehrere Male versuchte man in den verschütteten Stollen vorzudringen, was durch immer wieder nachrutschenden Schutt verhindert wurde. Das Tunnelkonsortium stellte darauf seine Arbeiten bis zur Zustimmung einer Umgehung durch die BLS-Geschäftsleitung ein. Am 4. August 1908 wurde von der EGL der alte Stollen zugemauert und damit die 25 Leichen der italienischen Mineure im Berg begraben.
Der Bundesrat genehmigte im Dezember 1908 den Umgehungsstollen mit der resultierenden geschwungenen Linienführung des Tunnels. Die Vortriebsarbeiten wurden am 15. Februar 1909 wieder aufgenommen. Durch die neue Stollenführung wurde das Gasterntal bei Kilometer 5,1 ohne Probleme unterfahren und der Tunnel verlängerte sich um 807 Meter.
Neben dem Bau des Umfahrungsstollens wurde auch entschieden, jedes Portal zum Schutz vor Steinschlag und Lawinenniedergängen künstlich um 15 Meter (Nordseite) und 55 Meter (Südseite) zu verlängern. Daraus ergab sich die neue Gesamtlänge des Lötschbergtunnels von 14.612 Metern.
Am 31. März 1911 durchbrach ein Bohrhammer der Südseite die letzte, ca. 80 cm dicke trennende Wand. Mit Handbohrhämmern vergrösserte man darauf das Loch und die beiden Ingenieure konnten sich das erste Mal die Hand geben. Als Ausgleich durften die Mineure der Nordseite die letzte Sprengung zünden. Durch zwölf Dynamitstäbe brach um 3:55 Uhr bei Meter 7367,29 vom Nordportal und Meter 7237,80 vom Südportal die trennende Wand in sich zusammen.
Die Differenz des Aufeinandertreffens betrug im Gegenortvortrieb trotz des Umgehungsstollens in der Achse nur 25,7 cm und in der Höhe 10,2 cm. Am 31. März 1912 konnten die Ausbrucharbeiten beendet werden. Die Bauarbeiter und Maschinen kamen in den beiden Tunnelbauten des Mont-d'Or-Tunnels und des Grenchenbergtunnels weiter zum Einsatz.
Die ersten Schienen wurden am 20. Juli 1912 verlegt und am 28. September war das erste Gleis durchgehend befahrbar. Nach Fertigstellung des zweiten Gleises und Installation der Fahrleitung konnte am 3. Juni 1913 die erste elektrische Lokomotive den Tunnel durchfahren. Drei Tage später nahm die Eidgenössische Behörde den Tunnel ab und erteilte die Betriebsbewilligung. Am 15. Juli 1913 konnte die Lötschberglinie dem Betrieb übergeben werden.
Weitere Unglücksfälle
Am 29. Februar 1908 ging nach tagelangem Schneefall auf der Südseite eine Lawine nieder und verschüttete die Unterkunft der Arbeiter. 13 Arbeiter kamen ums Leben. Einige Monate später führten geologische Probleme im Nordstollen zu einem weiteren Unglück.
Am 20. Januar 1910 versperrte eine alljährlich niedergehende Lawine, die Rücklaui, das Südportal des Tunnels. In die Schneemassen musste eine Öffnung gegraben werden, um die 30 im Stollen arbeitenden Mineure herausholen zu können. Personen wurden nicht verletzt.
Daten
- Länge: 14'612 Meter
- Höhe Nordportal: 1200 m ü.M.
- Höhe Südportal: 1216 m ü.M.
- Scheitelpunkt: 1239,54 m ü.M.
- Neigung Nordseite: 5390 m = 7 Promille; 1690 m = 3 Promille
- Neigung Südseite: 4328 m = 3,8 Promille; 2819 m = 2,415 Promille
- Neigung Tunnelmitte: 308 m = 0 Promille
Quelle und Literatur
- Patrick Belloncle: Die Geschichte der Lötschbergbahn. Éditions du Cabri, Breil-sur-Roya 1986, ISBN 2-903310-49-1.
Weblinks
- AlpenTunnel.de: Katastrophe und Triumph am Lötschbergtunnel
- Seite der BLS AG zum Autoverlad durch den Tunnel
Einzelnachweise
- ↑ Röll, V. Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, p. 256 on www.zeno.org/Roell-1912
46.4302852408337.71823883055551200Koordinaten: 46° 25′ 49″ N, 7° 43′ 5,7″ OKategorien:- Eisenbahntunnel in der Schweiz
- Tunnel im Kanton Bern
- Tunnel im Kanton Wallis
- Erbaut in den 1910er Jahren
- Kandersteg
- Ferden
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