Maharero

Maharero
Maharero
Grab von Maharero

Maharero (* 1820; † 7. Oktober 1890 in Okahandja, Südwestafrika; heute Namibia) war ein berühmter Häuptling (1861 bis 1890] der Herero im damaligen Südwest-Afrika (dem heutigen Namibia). Mahahero (auch als Kamaharero bekannt) ist Vater von Samuel Maharero.

Biographie

Maharero war der Sohn des Tjamuaha, eines großen Führers der Herero. Die Herero sind in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das mächtigste Volk in Südwest-Afrika und befinden sich in ständigem Ringen um neue Weidegründe mit ihrem südlichen Nachbarvolk, den Nama von Hoachanas (Rote Nation). Letzteren kommt der aus der Kapprovinz eingewanderte Orlam-Stamm der Afrikaner zur Hilfe, so dass es diesen beiden Stämmen in verlustreichen Kämpfen gelingt, die Herero bis etwa auf die Höhe der heutigen Stadt Windhuk zurückzudrängen. Im sogenannten Weihnachtsfrieden von Okahandja am 24. Dezember 1842 werden die Feindseligkeiten beendet und Tjamuaha zieht mit seinem Sohn, um die Ernsthaftigkeit des Friedensschlusses zu untermauern, zu seinem ehemaligen Gegner Jonker Afrikaner nach Windhuk. Maharero wird dort von Jonker Afrikaner zusammen mit dessen etwa gleichaltrigem Sohn Jan Jonker Afrikaner in der Handhabung von Schusswaffen unterwiesen und erhält sodann als Feldhauptmann den Befehl über die ebenfalls in Windhuk ansässigen jungen Herero-Krieger – allerdings unter der Aufsicht des Jonker Afrikaner.

In dieser Funktion nimmt der junge Maharero an zahlreichen Raubzügen und Eroberungsfeldzügen der Afrikaner – auch gegen andere Hererostämme – teil und trägt damit zu deren Erfolgen bei. Allerdings muss Maharero dabei auch die teilweise üblen Launen seines Befehlshabers ertragen und wird – insbesondere, als Jonker Afrikaner sich dem Alkohol verschrieben hat – von diesem auf das Schlimmste misshandelt. Maharero jedoch fügt sich seinem Schicksal und bleibt sogar dann an der Seite Jonker Afrikaners, als sein Vater Tjamuaha 1849 aus Angst vor Übergriffen der Afrikaner aus Windhuk flieht und wieder nach Okahandja zurückkehrt. Dass diese Angst nicht unbegründet ist, zeigt das „Blutbad von Okahandja“ im August 1850; zwar wird Tjamuaha selbst verschont, da der Überfall dem Stamm des Unterhäuptlings Kahitjene gilt, aber dennoch erleidet auch Tjamuahas Stamm große Verluste an Menschenleben und Vieh. Kahitjene wird kurze Zeit später getötet, so dass dessen Stamm führungslos ist; die übrigen Hereroführer übertragen Maharero das Kommando über diesen Stamm, so dass dieser seit 1851 selbst Häuptling eines Stammes ist. Maharero unterstellt sich aber auch weiterhin dem Oberbefehl Jonker Afrikaners und unterstützt diesen bei den folgenden Raubzügen gegen andere Herero-Stämme so wirkungsvoll, dass der bekannte Afrika-Forscher Dr. Heinrich Vedder später zum Jahr 1858 feststellt: „Das Hererovolk hat, soweit wir es kennen, aufgehört zu bestehen“ (Vedder, Das Alte Südwestafrika, S. 369). Dementsprechend markiert auch der zwischen den Afrikanern und den Nama am 9. Januar 1858 abgeschlossenen Friedensvertrag von Hoachanas den absoluten Tiefpunkt der Stammesgeschichte der Herero.

Dies ändert sich erst, als Ende 1861 kurz hintereinander sowohl Jonker Afrikaner als auch Tjamuaha infolger schwere Erkrankung sterben und Christian Afrikaner und Maharero zu Nachfolgern der beiden Häuptlinge ernannt werden. Maharero versteht es, die Spannungen zwischen den beiden Brüdern Christian und Jan Jonker Afrikaner zu verstärken, und Christian Afrikaner glauben zu machen, dass es zwischen ihm, Maharero, und seinem Jugendfreund Jan Jonker eine geheime Absprache über die Entfernung Christian Afrikaners aus dem Häuptlingsamt gäbe. Dem versucht Christian Afrikaner am 15. Juni 1863 durch einen provozierten Angriff auf den nach Otjimbingwe geflüchteten Maharero zu begegnen – allerdings erfolglos; Christian Afrikaner kommt dabei ums Leben, so dass nunmehr Jan Jonker Afrikaner neuer Häuptling der Afrikaner ist. Maharero hat damit aber einen ersten und für das Selbstwertgefühl der Herero äußerst wichtigen Sieg gegen die Afrikaner seit langem errungen. Maharero wird noch 1863 zum Oberhäuptling aller Herero-Stämme ernannt und löst sich zunächst einmal aus der engen Bindung an die Afrikaner dadurch, dass er seinen Stammessitz nach Otjimbingwe verlegt. Dort trifft er auf den schwedischen Unternehmer Andersson, der in Otjimbingwe ein großes Handelsunternehmen und eine gewinnbringende Kupfermine betreibt. Zum Schutz beider unterhält Andersson eine gut ausgerüstete Privatarmee, um sich der gelegentlichen Überfälle der Afrikaner erwehren zu können. Ein ähnliches Interesse hat auch Maharero, so dass er sich mit Andersson verbündet und diesen 1863 zum „Regenten und militärischen Befehlshaber aller Herero auf Lebenszeit“ ernennt. Mit dieser finanziellen und militärischen Unterstützung im Rücken gelingt Maharero eine nachhaltige Wiedererstarkung und in deren Folge bis 1870 eine völlige Unterwerfung der Orlam-Afrikaner (10 Jahresfrieden von Okahandja): die Herero sind wieder anerkannte Herrscher des Hererolandes und gewähren den Afrikanern ein fast "gnadenweises" Aufenthaltsrecht in Windhuk. Jan Jonker Afrikaner wird zum Ko-Häuptling der Herero degradiert und damit der vollständigen Kontrolle Mahareros unterstellt. Maharero versteht es, die Afrikaner seine Macht spüren zu lassen und auch Jan Jonker Afrikaner bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu gängeln und zu demütigen.

Da ist es nicht verwunderlich, dass 1880 ein kleiner Weidestreit genügt, um die in Jahren der Demütigung aufgebauten Spannungen zwischen Afrikanern und Herero zur gewalttätigen Entladung zu bringen. Maharero nimmt diesen Vorfall zum Anlass, am 23. August 1880 – also exakt 30 Jahre nach dem von den Afrikanern verübten Blutbad von Okahandja – die Ermordung aller zufällig in Okahandja anwesenden Afrikaner anzuordnen – unter ihnen auch Verwandte von Jan Jonker Afrikaner – und zwei Tage später die Zerstörung Windhuks zu veranlassen. Jan Jonker kann fliehen und versucht in den folgenden Jahren, mit neuen Bündnissen dem Wüten der Herero entgegenzutreten. All diese Versuche scheitern jedoch an der Stärke und Entschlossenheit der Herero und beschleunigen letztlich den Untergang der Afrikaner.

Seit 1876 versuchen die in der Kapprovinz regierenden Engländer, ihren Herrschaftsbereich auf die in Südwest-Afrika siedelnden europäischen Farmer und Händler auszudehnen und deshalb auch im Hereroland Fuß zu fassen. Dem Engländer Palgrave gelingt es auch, mit Maharero eine erste Vereinbarung zur Gerichtsbarkeit über die Europäer zu treffen und dafür große Teile Südwestafrikas als „Regierungsreserve“ zuerkannt zu bekommen. Es fehlt Palgrave jedoch an der erforderlichen Rückendeckung durch die Kapregierung, um diese Vereinbarung mit Leben erfüllen zu können. Ähnlich geht es fast 10 Jahre später den Vertretern der inzwischen in Südwest-Afrika Fuß fassenden Deutschen: dem ersten deutschen Gouverneur Dr. Ernst Heinrich Göring gelingt zwar am 21. Oktober 1885 der Abschluss eines Schutzvertrages mit Maharero, der jedoch wird bald darauf wieder widerrufen, da die Deutschen mangels Militär nicht in der Lage sind, ihrem Führungsanspruch Kraft zu verleihen. So muss es sich die in Otjimbingwe ansässige deutsche Kolonialverwaltung 1888 gefallen lassen, von Maharero wegen eines von den Deutschen erlassenen Waffenhandelsverbots nach Walvis Bay vertrieben zu werden. Dies ändert sich erst mit der Landung des ersten Schutztruppenkontingents im Juni 1889 unter Führung von Hauptmann Curt von Francois: diesem gelingt im Mai 1890 ein überzeugender Auftritt vor Maharero und damit auch die Wiederinkraftsetzung des Schutzvertrages von 1885. Weiter gestattet Maharero den Deutschen den Bau einer befestigten Niederlassung in Windhuk, was quasi den vertragliche Grundstein für die Neugründung des Ortes bedeutet.

Kurze Zeit danach, am 7. Oktober 1890, stirbt Maharero in Okahandja. Sein Sohn Samuel Maharero tritt im selben Jahr seine Nachfolge an.

Weblinks

 Commons: Maharero – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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