Mandelentfernung

Mandelentfernung

Tonsillektomie bezeichnet die vollständige chirurgische Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsilla palatina). Bei einer Teilentfernung spricht man von Tonsillotomie.

Die Tonsillektomie ist der häufigste Routineeingriff im operativen HNO-Bereich, und eine der am häufigsten durchgeführten geplanten Operationen überhaupt.

Inhaltsverzeichnis

Indikation

Tonsillektomie
Bilaterale Tonsillitis

Eine Tonsillektomie kann erforderlich werden, wenn über längere Zeit antibiotikapflichtige Mandelentzündungen auftreten (etwa drei bis sechs Mal im Jahr) oder wenn durch stark vergrößerte Mandeln die Atmung behindert wird oder sogar Atemaussetzer bestehen. Bei Kindern zwischen dem 4. und 10. Lebensjahr, die wegen übergroßer Tonsillen mit Atembehinderung operiert werden sollen, ist alternativ zur vollständigen Tonsillektomie auch eine Tonsillotomie möglich, die mit dem Laser oder mittels HF-Kaustik durchgeführt wird. Auch der Verdacht auf bösartige Erkrankung der Mandeln ist eine Indikation zur Operation. Manche Ärzte raten zur Mandelentfernung, wenn ein chronischer Infektionsherd mit Streuwirkung vermutet wird (Focustheorie).

Während in den 1960er Jahren die Gaumenmandeln bereits im Kindesalter beinahe routinemäßig entfernt wurden, wird die Indikation heute wesentlich strenger gestellt. Es ist inzwischen gesicherte Erkenntnis, dass die Tonsillen als Teil des Immunsystems gerade im Kindesalter eine wichtige Abwehrfunktion erfüllen. Daher sollte die Tonsillektomie nach überwiegender Meinung möglichst nicht vor dem 6. Lebensjahr durchgeführt werden.

Patienten mit Stimm- oder Sprechberufen sollten den Arzt vor der Operation auf diesen Umstand hinweisen. Durch den Eingriff kann sich die Stimme vorübergehend oder auch dauerhaft verändern.

Durchführung der Operation

Die Tonsillektomie erfolgt in Deutschland meist stationär und ist mit einem Klinikaufenthalt von fünf bis acht Tagen verbunden. Üblicherweise wird der Eingriff unter Vollnarkose vorgenommen. Die Operation selbst dauert rund 20 - 30 Minuten. Die Mandeln werden mittels chirurgischer Instrumente aus ihrem Bett entfernt, auftretende Blutungen während der Operation gestillt, teils durch Elektrokoagulation, teils durch Unterbinden oder Umstechen der Blutgefäße.

Risiken und Komplikationen

Die wichtigste Komplikation nach einer Tonsillektomie ist die Nachblutung. Sie tritt mit einer Häufigkeit von 1-6 % auf, meist am 1. oder 2. sowie am 5. oder 6. postoperativen Tag. Gerade bei Kindern ist bei Blutungen eine sorgfältige Überwachung ggf. mit erneuter Krankenhausaufnahme erforderlich. Bei kleineren Blutansammlungen genügen Maßnahmen wie das Anlegen einer Eiskrawatte, bei stärkeren Blutungen muss eine operative Blutstillung vorgenommen werden. In Deutschland bleiben Patienten wegen der Blutungsgefahr etwa eine Woche stationär, in anderen Ländern sind teilweise kürzere Aufenthaltszeiten üblich. [1]

In Österreich sollen aufgrund von mehreren Todesfällen nach einer gemeinsamen Empfehlung der Österreichischen Gesellschaften für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie und Kinder- und Jugendheilkunde Tonsillektomien bei Kindern unter sechs Jahren nur noch bei der Indikation häufige Mandelentzündungen durchgeführt werden, bei Tonsillenhyperplasie (vergrößerte Mandeln) wird die Tonsillotomie empfohlen [2]

Vor einer Mandeloperation ist ärztlicherseits zur Vermeidung von Blutungskomplikationen die sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte erforderlich. Eine Blutabnahme bei Kindern wird hingegen nicht zwingend für erforderlich gehalten [3]

Nachsorge

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ist mit einer Arbeitsunfähigkeit von ein bis zwei Wochen zu rechnen. Während dieser Zeit sollte der Patient sich schonen und auf körperliche Betätigung verzichten, da diese den Blutdruck steigern und somit die Gefahr einer Nachblutung erhöhen würde.

Innerhalb der ersten zwei postoperativen Wochen sollte auf jegliche Art von sauren, scharfen, harten und heißen Speisen verzichtet werden, da diese starke Schmerzen verursachen können. Auch Fruchtsäuren sollten gemieden werden, besonders aggressiv sind Tomaten. Apfelmus und anderes Konservenobst ist im allgemeinen gut verträglich, auch geriebene Birne und Mango werden gut vertragen. Bei Getränken sollten kalte Getränke bevorzugt werden, kohlensäurehaltige Getränke können ebenfalls ein starkes Brennen an der Wunde verursachen. Trotz starker Schmerzen ist jedoch das regelmäßige Einnehmen von Speisen unbedingt notwendig, damit sich die Verkrustungen abschürfen können und die Heilung schneller einsetzen kann. Vordringlich ist allerdings die Flüssigkeitsaufnahme, um einer Austrocknung des Körpers entgegen zu wirken.

Duschen wird auch bis zu einer Woche nach der Operation nicht empfohlen. Es soll auch danach darauf geachtet werden, dass das Wasser nicht zu warm ist, um eventuelle Nachblutungen zu vermeiden, die durch die vermehrte Körperdurchblutung beim Duschen entstehen könnten. Beim Zähneputzen sollte man darauf achten, dass keine Zahnpasta den Rachen hinabläuft, da dies durch den Mentholgehalt vieler Zahnpasten zu Schmerzen führen kann.

Schmerzen

Die Wundschmerzen werden von den meisten Erwachsenen als sehr stark empfunden. Sie halten etwa 2 Wochen, in seltenen Fällen bis zu 4 Wochen an und können in die Ohren, die Zunge und in die Zahnreihen ausstrahlen. Zur Schmerzbekämpfung werden hauptsächlich Metamizol (z. B. Novalgin) oder Diclofenac (z. B. Voltaren) eingesetzt. Acetylsalicylsäurehaltige Mittel wie Aspirin sollten ebenso wie Ibuprofen (z. B. Seractil, Nurofen, Nureflex) nicht verwendet werden, da diese Wirkstoffe durch ihre gerinnungshemmende Wirkung die Gefahr einer Nachblutung erhöhen können. Es wird empfohlen Schmerzmittel regelmäßig einzunehmen, und nicht nur dann, wenn Schmerzen bestehen. Zur ersten Schmerzstillung wurde früher vor allem bei Kindern Speiseeis verwendet.

Alternativen

Es existieren auch alternative moderne Operationsverfahren teils mit Laser, teils mit verschiedenen thermischen Schneideverfahren, wobei wesentliche Vorteile - insbesondere eine erniedrigte Nachblutungsrate - bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden konnten. In medizinischen Fachblättern wird dies kontrovers diskutiert.

Von der Tonsillektomie, also der Entfernung der gesamten Gaumenmandel, muss man die Tonsillotomie abgrenzen, bei der die Mandeln nur verkleinert werden. Die Tonsillotomie wird nur dann durchgeführt, wenn die Tonsillen wegen ihrer abnormen Größe (Tonsillenhyperplasie) ein rein mechanisches Problem darstellen. Symptome der Tonsillenhyperplasie können u.a. die Behinderung der Atmung (nächtliches Schnarchen, obstruktiven Schlafapnoe), Schluckbeschwerden oder wiederholte Paukenergüsse sein.[4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Empfehlung der Mayo Klinik zur Tonsillektomie
  2. Gemeinsame Empfehlung der Österreichischen Gesellschaften für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie und Kinder- und Jugendheilkunde zur Entfernung der Gaumenmandeln
  3. Deutsches Ärzteblatt 103 (2006)
  4. L.Eger: Laser-Tonsillotomie versus Tonsillektomie –Versuch einer Standortbestimmung

Weblinks


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