Paukenerguss

Paukenerguss
Klassifikation nach ICD-10
H65.0 Akute seröse Otitis media
H65.1 Sonstige akute nichteitrige Otitis media
H65.2 Chronische seröse Otitis media
H65.3 Chronische muköse Otitis media
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Unter Paukenerguss versteht man eine Ansammlung von seröser, sero-mucöser oder mucöser Flüssigkeit im Mittelohr. Der Paukenerguss kann

  • akut als Serotympanon (Tympanon = Pauke) im Rahmen eines viralen Infektes (Tubenkatarrh, Tuben-Mittelohrkatarrh) oder bei rascher Luftdruckänderung (Barotrauma) auftreten oder
  • chronisch beim chronischen Mittelohrkatarrh (Seromucotympanon, glue ear, Leimohr). Der chronische Mittelohrkatarrh tritt vor allem bei Kindern auf.

Beim chronischen Mittelohrkatarrh (Seromucotympanon) bildet sich zunächst ein dünnflüssiges (seröses) Sekret wie beim Serotympanon. Es entsteht meist im Rahmen einer infektbedingten Funktionsstörung der Eustachi-Röhre, wodurch der Druckausgleich im Mittelohr nicht stattfinden kann. Die Schleimhaut im Mittelohr resorbiert einen Teil des Sekrets; es baut sich bei intaktem Trommelfell ein Unterdruck auf. Dieser ist an der Retraktion des Trommelfells erkennbar. Durch den Unterdruck kommt es außerdem zu einer Hörminderung (Schallleitungsstörung). Später wird das Sekret schleimig (mucös), da sich die Schleimhaut durch den chronischen Unterdruck in ein Zylinderepithel mit Becherzellen umwandelt, welche Schleim produzieren. Der Paukenerguss wird dann Seromucotympanon genannt. Entzündliche Episoden können zu Einfärbungen des Sekrets (z.B. Eiter, Einblutungen) führen. Schließlich kann sich ein Überdruck im Mittelohr aufbauen. Sehr große Druckunterschiede führen zu stechenden Schmerzen.

Ein akuter Tubenkatarrh heilt in der Regel in zwei bis drei Wochen aus. Das chronische Seromucotympanon kann monate- oder jahrelang bestehen, vorübergehende Phasen der Besserung geben zur trügerischen Hoffnung einer Heilung Anlass. Auch nach Abstoßung oder Entfernung eines Paukendrains kann das Seromucotympanon erneut auftreten.

Inhaltsverzeichnis

Symptome

Die Symptome treten in der Regel bei einem Infekt auf und bleiben dann bestehen.

  • Hörstörung
  • Druckgefühl und Völlegefühl im Ohr
  • gelegentlich leichte Schmerzen
Paukenerguss mit Luftblasen, linkes Ohr

Untersuchung

  • Der HNO-Arzt wird sich zunächst mit der Otoskopie ein Bild über den Zustand des Mittelohrs machen. Anhand der Wölbung des Trommelfells ist eine erste Aussage über die Druckverhältnisse möglich. Flüssigkeitsansammlungen hinter dem Trommelfell sind gut sichtbar. Bei blutigem Sekret erscheint die Flüssigkeit bläulich schimmernd („Blue Drum“).
  • Durch eine Trommelfellbeweglichkeitsmessung (Tympanometrie) lassen sich die Druckverhältnisse im Mittelohr exakt bestimmen und die Flüssigkeitsansammlungen hinter dem Trommelfell besser einschätzen. Ist die Paukenhöhle vollständig gefüllt, kann das Trommelfell kaum noch schwingen (sehr große Dämpfung). Bei perforiertem Trommelfell ist diese Untersuchung nicht ausführbar.
  • Bei einem Paukenerguss nimmt das Hörempfinden gegenüber Geräuschen aus der Luft (Luftleitung) ab und gegenüber Geräuschen, die über das Skelett übertragen werden (Knochenleitung), zu. Das kann durch die Stimmgabeltests nach Weber und Rinne geprüft werden. Diese sind einfach durchzuführen und gehören zu den Standard-Untersuchungen bei der Diagnose von Hörstörungen.
  • Durch Spiegelung des Nasenrachens können vergrößerte Rachenmandeln gefunden werden.

Ursachen

  • Häufigste Ursache bei Kindern ist eine vergrößerte (hyperplastische) Rachenmandel ("Adenoide")
  • Rhinitis
  • Sinusitis
  • Fehlbildungen
  • Verengung der Tube infolge Raumforderung von Nasenrachen-Tumoren
  • Selten: Sekretionsstörungen der Mittelohrschleimhaut (Stoffwechselerkrankung)

Therapie

Je nach vorliegender Ursache ergeben sich unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten zur Behandlung.

  • Verbesserung bzw. Wiederherstellung der Belüftung: Anwendung abschwellender Nasentropfen (nicht als Langzeittherapie geeignet).
  • Physiotherapie: Inhalationstherapie, Dampfbäder, Wärmebehandlung, Nasenspülungen.
  • Einnahme von Medikamenten zur Sekretverflüssigung, z.B. Enzymtherapie mit Bromelain, Papain.
  • Eine zugrunde liegende bakterielle Infektion muss antibiotisch behandelt werden.
  • Bei Bedarf: Gabe von Schmerzmitteln.
  • Operative Entfernung der vergrößerten Rachenmandel: Adenotomie (oft fälschlicherweise als Polypenentfernung bezeichnet).
  • Einschnitt ins Trommelfell (Parazentese) und Absaugen des Sekretes.
  • Einsetzen eines Paukenröhrchens in das Trommelfell bei chronischer Belüftungsstörung.

Komplikationen

  • Verzögerte Sprachentwicklung bei Kindern (aufgrund lang anhaltender Schwerhörigkeit).
  • Vernarbungen oder Verkalkungen der Mittelohrschleimhaut,
  • Verklebungen oder Destruktion der Gehörknöchelchen.
  • Übergreifen der Entzündung auf benachbarte Strukturen, z.B. Labyrinthitis (Innenohrentzündung), Meningitis (Hirnhautentzündung), Mastoiditis (Entzündung im Warzenfortsatz).
  • Bildung von atrophischen Retraktionstaschen des Trommelfells mit der Gefahr eines sich später entwickelnden Cholesteatoms.
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