- Mantelkonvektion
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Als Mantelkonvektion bezeichnet man langsam ablaufende Umwälzungen (Konvektionsströme) des Erdmantels, die durch thermisch induzierte Auftriebskräfte angetrieben werden. Mantelkonvektion ist eine spezielle Form der thermischen Konvektion.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das Konzept der Mantelkonvektion entwickelte sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts aus Vorstellung von Magmaströmen und magmatischen Masseverlagerungen unterhalb der festen Erdkruste, zunächst zur Erklärung der Geologie von Faltengebirgen, wie den Alpen, dann auch weiterer geotektonischer Großformen, wie Tiefseerinnen und regionaler, vulkanischer Spaltensysteme.
Energiequellen
Mantelkonvektion ist ein Wärmetransport-Mechanismus, bei dem Wärme aus dem heißen Erdinnern nach oben bis zur Erdoberfläche transportiert wird. Angetrieben wird Mantelkonvektion also durch Wärmequellen, die
- aus der Frühzeit der Erdentstehung stammen (= Anfangswärme der Erde aufgrund von gravitativer Kompression, Aufprallenergie von Asteroiden und Meteoriten, Freisetzung potenzieller Energie bei Bildung des Erdkerns und Zerfall kurzlebiger radioaktiver Elemente (was derzeit umstritten ist)) und
- aus dem heute noch andauernden Zerfall langlebiger radioaktiver Elemente (U235, U238, Th und K40) im Erdmantel.
Mantelkonvektion ist somit eine besondere Form der thermischen Konvektion. Im Unterschied zur klassischen Rayleigh-Benard-Konvektion erfolgt die Heizung jedoch nicht nur von unten (durch den abkühlenden Erdkern), sondern auch von innen (aus dem Material selbst). Insgesamt gibt die Erde durch Mantelkonvektion einen Wärmestrom von 3,5×1013 W (entsprechend 35 TW) ab.
Mantelkonvektion und Plattentektonik
Die Umwälzungen laufen sehr langsam mit vertikalen und horizontalen Strömungsgeschwindigkeiten von einigen Zentimetern pro Jahr ab, wie man indirekt aus der Seismologie und Satellitengeodäsie erschließen kann. Der konvektierende Erdmantel ist dabei trotz hoher Temperaturen nicht flüssig, sondern verhält sich wegen der hohen Drücke zähplastisch oder viskos (Viskosität 1021 bis 1023 Pa s).
Die Mantelkonvektion „paust“ sich bis zur Erdoberfläche durch, da die driftenden, aus Festgestein bestehenden Lithosphärenplatten mit ihren Kontinenten und Ozeanböden ein Teil des konvektierenden Systems sind. Die deutlichsten oberflächigen Auswirkungen sind
- gewisse Variationen der Erdwärme, die mit Untersuchungen der Geothermie erforscht werden,
- und das wohlbekannte Muster der Kontinentalverschiebung und Plattenbewegungen.
Letzteres entsteht durch die sich langsam bewegenden Lithosphärenplatten – die sogenannte Plattentektonik. Die kontinentalen Krustenmassen sind eingebettet in die Lithosphärenplatten und bewegen sich mit diesen mit Geschwindigkeiten von einigen Zentimetern pro Jahr. Man kann nicht sagen, dass Mantelkonvektion die driftenden Platten antreibt – oder dass umgekehrt die bewegten Platten den oberen Erdmantel „umrühren“ –, denn die Plattentektonik ist ein integraler Bestandteil der Mantelkonvektion.
Das Prinzip
Die Mantelkonvektion beruht auf thermischer Konvektion: In einer viskosen Flüssigkeit, die von unten und von innen geheizt und von oben abgekühlt wird, führen Temperaturunterschiede zu thermischer Ausdehnung beziehungsweise Kontraktion. Wie in der unterschiedlich temperierten Flüssigkeit einer Hausheizung rufen die resultierenden Unterschiede der Dichte auch in diesem zähflüssigen Material Auftriebskräfte hervor. Diese Aufstriebskräfte führen zu Strömungen, denen viskose Kräfte entgegen wirken. Außerdem wirkt Wärmeleitung der Konvektion entgegen, da sie die Temperatur zwischen heißem Aufstrom und kaltem Abstrom auszugleichen versucht. Die physikalischen Größen Auftrieb, Viskosität und Wärmeleitung werden in der so genannten Rayleigh-Zahl Ra zusammengefasst, die somit ein Maß für die Stärke der Konvektion ist.
Dabei sind ungeheure Massen in Bewegung, denn der Erdmantel macht über zwei Drittel der gesamten Erdmasse aus. Ähnlich ist es übrigens mit dem Magnetfeld: die Materieströmungen beim Erdkern sind zwar langsam, aber die großen Massen bewirken dennoch elektrische Ströme von vielen Millionen Ampere.
In der Theorie kann man jede thermische Konvektion untersuchen, indem man Annahmen über die Massen- und Temperaturverteilung trifft und die zugehörigen mathematischen Gleichungen auf dem Computer löst. Als Beispiel zeigt die Abbildung eine konvektierende Schicht mit Ra = 10^6, konstanter Viskosität, von unten geheizt. Man sieht, dass die Unterseite der viskosen Schicht eine heiße thermische Grenzschicht hat (rot), von der aus sogenannte heiße Plumes (Mantle plume) aufsteigen. Von der kalten thermischen Grenzschicht an der Oberseite (dunkelblau) sinken kalte Tropfen oder Plumes nach unten.
Geschichtete oder Ganzmantelkonvektion
In 660 Kilometer Tiefe befindet sich eine Phasengrenze (660-km-Diskontinuität), die den oberen Mantel (30–410 km Tiefe) und die so genannte Übergangszone (410–660 km Tiefe) vom unteren Mantel (660–2900 km Tiefe) trennt. Diese Grenze ist ein Hindernis für Mantelkonvektion. Man nimmt an, dass in der frühen Erdgeschichte die Mantelkonvektion heftiger als heute war und möglicherweise getrennt im oberen und unteren Mantel ablief, während wir uns heute in einer Art Übergangsphase zur Ganzmantelkonvektion befinden: Aufsteigende und absinkende Ströme werden durch die Phasengrenze abgebremst und stauen sich dort teilweise auf, durchdringen sie aber dann meist doch.
Nachweis des Strömungsmusters der Mantelkonvektion
Neben der direkten Beobachtung der oberflächigen Auswirkungen (Plattentektonik) erlaubt die Seismologie indirekt, heiße aufströmende und kühle absinkende Konvektionsäste zu identifizieren: Heiße Gebiete sind durch leicht herabgesetzte seismische Geschwindigkeiten gekennzeichnet, kühle Gebiete durch etwas höhere seismische Geschwindigkeiten. Durch die sogenannte seismische Tomographie kann man solche Zonen im Erdmantel identifizieren (z.B. sieht man unter Island eine heiße, also aufsteigende Region, unter Japan eine kalte, also absinkende Region). Die aus solchen Tomographiemodellen gewonnenen Dichteverteilungen können dann in fluiddynamische Gleichungen eingesetzt werden, und daraus dann die Strömungsfelder direkt berechnet werden. Die Abbildung zeigt ein solches Beispiel.
Eine weitere Möglichkeit, Mantelkonvektion indirekt zu beobachten, liegt im Schwerefeld oder im Geoid. Die oben beschriebenen Dichtevariationen führen zu sehr kleinen, aber messbaren Änderungen im Erdschwerefeld. So beobachtet man beispielsweise im Westlichen Pazifik großräumig ein leicht stärkeres Gravitationsfeld, das durch die höhere Dichte im kalten konvektiven Abstrom (Subduktionszone) interpretiert wird.
Siehe auch
Weblinks
- Mantelkonvektion Internetseite der Universität Frankfurt mit Animationen von Konvektionsströmungen.
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