- Apologie des Sokrates
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Die Apologie des Sokrates (griechisch Άπολογία Σωκράτους, Apología Sokrátus) wurde von Platon verfasst. Sie enthält die Verteidigungsrede des Sokrates zur Anklage wegen Asebie und Verderbens der Jugend. Sie bildet zusammen mit den Dialogen Euthyphron, Kriton und Phaidon die erste Tetralogie der platonischen Werke.
Unter „Apologie des Sokrates“ wird gemeinhin die Verteidigungsrede des Sokrates verstanden, die dieser während seines Prozesses hielt. Nach dem Tod des Sokrates entstand eine Unzahl von Verteidigungsschriften, deren Urheber nicht nur seine Schüler waren. Die meisten sind verschollen. So zum Beispiel auch die des Lysias. Die Unterschiede zwischen den beiden als einzige erhaltenen Apologien (der des Xenophon und der des Platon) lassen erahnen, wie unterschiedlich die weiteren Apologien gewesen sein könnten. Daher ist die Apologie Platons eine zweifelhafte Quelle, um Rückschlüsse auf den historischen Sokrates zu ziehen.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Platons Apologie zufolge hat sich in Athen um Sokrates folgendes ereignet: Sokrates wurde vor einem Volksgericht (Dikasterion) aus 501 zu Richtern berufenen Bürgern angeklagt. Ankläger in diesem öffentlichen Verfahren waren Meletos, Anytos und Lykon. Die Anklage lautete auf Asebie (Frevel wider die Götter) und auf „Verderben der Jugend“. Sokrates wurde mit knapper Mehrheit für schuldig befunden und anschließend zum Tod durch den Schierlingsbecher verurteilt. Das athenische Rechtssystem sah vor, dass zunächst über die Frage der Schuld entschieden werden musste und anschließend über die der Strafe. Die Apologie des Platon gliedert sich demnach in drei Teile: in eine Verteidigung gegen die Anklage, in eine Rede zum Strafmaß und eine abschließende Intervention seitens Sokrates, nachdem die Todesstrafe verkündet worden war. Am Anfang der Apologie weist Sokrates darauf hin, dass der Prozess gegen ihn eigentlich schon seit Jahren läuft, nämlich in Form übler Nachrede vieler Athener gegen ihn. Nach dieser psychologisch überaus geschickten Einleitung berichtet Sokrates über seine - wie er glaubt - Berufung durch Apollon. (Nämlich durch seine tägliche Diskussion mit den Athenern, den Orakelspruch von Delphi, der besagt, dass Sokrates der Weiseste aller Menschen sei, in der Praxis zu beweisen oder zu widerlegen.) Sodann widmet er sich der Widerlegung der beiden Anklagepunkte. Sokrates führt die Argumente seines Anklägers Meletos, der sich auf die Asebie konzentriert hat, ad absurdum, was seinen Höhepunkt in einem kurzen aber sehr typischen Dialog zwischen Sokrates und seinem Ankläger hat. In der Rede über das Strafmaß weigert sich Sokrates zunächst, eine milde Strafe zu erbitten, da er ja der Auffassung ist, unschuldig zu sein. Anschließend beantragt er, ohne den Pragmatismus zu verbergen, eine geringfügige Geldstrafe. In der dritten Rede äußert sich Sokrates über den Tod und die Frage, ob man sich davor fürchten müsse.
Die Bewertung der Apologie
In seiner Apologie des Sokrates stellt Platon einen wesentlichen Punkt der Haltung seines Sokrates dar. Die Apologie kann somit sehr gut als Einführung in Platons Werk dienen. Für die Einschätzung des historischen Sokrates ist sie jedoch mit Vorsicht zu genießen. Platons Sokrates sagt: „Offenbar bin ich (...) um eine Kleinigkeit weiser, eben darum, dass ich, was ich nicht weiß, auch nicht zu wissen glaube.“ - Allerdings bleibt Platons Sokrates in den reiferen Dialogen an diesem Punkt niemals stehen, sondern dieser Punkt ist der Anfang zu einem neuen, einem besseren Wissen. Es darf angenommen werden, dass diese Haltung weit mehr von Platon stammt, als dass sie von dem wirklichen Sokrates entlehnt sei. Bei Platon ist jedenfalls die Erkennbarkeit der Welt und das Wissenkönnen nicht geleugnet. Platon ist nicht identisch mit seiner Kunstfigur, dem Sokrates. Außerdem sind die Aussagen, die Platon in seinem Werk trifft, grundsätzlich didaktischer Natur. Es geht immer eher um eine Haltung oder ein Prinzip als um Tatsachen oder eine abgeschlossene Theorie.
Platon stützt die häufig wiederholte These, der Prozess sei eine Rache vieler Beleidigter gegen Sokrates gewesen, weil dieser den Athenern in vielen Gesprächen ihre Fehler und Schwächen aufzeigte. Mit großer Wahrscheinlichkeit war das so, aber man darf ebenfalls nicht vergessen, dass Athen das Pflaster politischer Kämpfe war und gerade aus dem Umkreis von Sokrates viele Personen kamen, die der bestehenden Ordnung Athens die Existenzberechtigung absprachen und vielfach mit Sparta in Bündnissen standen. Es ist also durchaus vorstellbar, dass der Prozess gegen Sokrates sozusagen ein Stellvertreterprozess war. Eine andere Sicht auf den historischen Sokrates bieten Die Wolken von Aristophanes.
Platonische Dialoge, die mit der Apologie in direktem Zusammenhang stehen, sind Kriton, Phaidon und Euthyphron.
Inhaltszusammenfassung
Apologie des Sokrates, Kapitel 1-10:
- Angesprochen werden die Männer von Athen, die Ankläger lügen und sagen, Sokrates sei ein gefährlicher Redner, Sokrates ist ein Meister der Rede, will in klaren, einfachen Worten sprechen (ohne rhetorische Stilmittel). Er ist schon 70 Jahre alt und das erste Mal vor Gericht. Die Redeweise vor Gericht ist ihm fremd, er redet in der Art und Weise, die er gewohnt ist. Richter sollen richten, Redner sollen die Wahrheit sprechen.
- Sokrates fürchtet die Clique des Anytos weniger als die Anklagen. Es gibt zahlreiche Ankläger und diese schon seit langer Zeit, so dass das Volk bereits im Kindesalter von ihnen beeinflusst wurde. Die Namen der Ankläger sind unbekannt. Sokrates will dem Gesetz gehorchen und sich verteidigen.
- Meletos hat eine Anklage eingereicht: Sokrates tue Unrecht, er erforsche Himmel und Erde, mache die schwächere Rede zur stärkeren und lehre andere darin (ebenso in der Komödie des Aristophanes). Sokrates kann viele Zeugen benennen
- Sokrates erzieht niemanden und nimmt kein Geld dafür wie Gorgias, Prodikos und Hippias, Kallias lässt seine Söhne von Euenos unterrichten. Sokrates fühlt sich nicht in der Lage, andere zu erziehen.
- Sokrates ist weise in menschlichem Maße, Zeuge dafür ist der Gott in Delphi. Der verstorbene Chairephon war Sokrates Jugendfreund und befragte das Orakel, ob jemand weiser sei als Sokrates, was dieses verneinte. Chairephons Bruder kann dies bezeugen.
- Sokrates weiß, dass er nichts weiß, deshalb macht er sich auf den Weg, um den Orakelspruch von Delphi zu überprüfen. Zuerst geht Sokrates zu einem Politiker, der von sich glaubt, weise zu sein. Als Sokrates ihm klar macht, dass er sich nur einbildet, weise zu sein, macht er sich verhasst.
- Sokrates macht sich überall verhasst, da er das Wort Gottes höher stellt als alles andere. Die Klügsten erscheinen am dümmsten, die Dümmsten scheinen immerhin besser als ihr Ruf zu sein. Sokrates geht zu den Dichtern. Die Zuhörer reden klüger über die Gedichte als die Dichter selbst, die ihre Gedichte aus Veranlagung und göttlicher Begeisterung – nicht aber aus Weisheit hervorbringen.
- Sokrates geht zu den Handwerkern. Diese glauben – da sie ihre Kunst gut ausüben – auch in anderen Dingen weise zu sein. Hierin liegt ihre Beschränktheit.
- Sokrates hat viele Feindschaften auf sich gezogen. Gott allein ist weise. Die menschliche Weisheit ist wenig oder nichts wert. Sokrates glaubt, dass Gott ihn nur als Beispiel nennt: „Wer wahrhaft weise ist, weiß wie Sokrates, dass er nichts weiß.“ Als Helfer Gottes zeigt Sokrates den Menschen, dass sie nicht weise sind. Er lebt in Armut.
- Die jungen Leute begleiten Sokrates freiwillig. Sie haben viel Freizeit und meist reiche Eltern. Sie ahmen Sokrates nach und prüfen Menschen. Diese wiederum werden böse und sagen, dass ein gewisser Sokrates die Jugend verderbe. Darauf angesprochen wissen sie nicht, was sie sagen sollen und behaupten falsche Dinge. Im Besonderen zu nennen sind: Meletos, Anytos und Lykon. Es wird schwer, die Vorurteile, die Menschen haben, wieder auszutreiben.
Literatur
Historische Quellen
- Platon: Apologie des Sokrates/Kriton; Übers., Anmerk. und Nachw. von Manfred Fuhrmann. Reclam, Stuttgart 1987, ISBN 3-15-000895-6
- Platon: Apologie des Sokrates; Übersetzung und Kommentar von Ernst Heitsch, (= Platon Werke. Übersetzung und Kommentar I 2). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-30401-3
Moderne Quellen
- Raphael Baer: Sokrates und Jesus in Prozess und Tod. Analogien und Differenzen. Verlag Bär, Niederuzwil 2007. ISBN 978-3-9523212-2-5
Weblinks
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