Martinskirche (Apolda)

Martinskirche (Apolda)
Martinskirche

Martinskirche (Apolda)
Martinskirche (Apolda)

Ort Apolda
Art Romanik/Gotik
Ersterwähnung 1119
Sitzplätze 150
Pfarrer Dr. Felix Leibrock

Die Martinskirche in Apolda ist ein evangelisches Gotteshaus, dessen früheste Bauteile aus romanischer Zeit stammen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Apoldaer Martinskirche wird 1119 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Tatsächlich sind noch heute Reste romanischen Mauerwerks sowie ein romanisches Altarfundament vorhanden. Auch die zwei raumgliedernden Rundbogen mit ihren Kapitellen (besonders die Würfelkapitelle des vorderen Bogens) sowie die mittleren Portale auf der Nord- und Südseite deuten auf die Romanik.

Ursprünglich lag die Kirche außerhalb der Stadtmauern nahe dem Zusammenfluss von Herressener und Schötener Bach.

Zur Zeit des gotischen Stils muss die Kirche verändert worden sein. Umbauten und Erweiterungen sind jedoch erst ab 1671 dokumentiert. Eine offizielle Wiedereinweihung nach einer 1683 begonnen Bauphase fand im Jahr 1700 statt. 1776 wurde eine Verschönerung durchgeführt.

Bereits im 18. Jahrhundert gab es Bestrebungen, für die schnell wachsende Industriestadt Apolda eine größere Kirche zu errichten. Mit dem Bau der Lutherkirche 1894 verlor die Martinskirche dann ihre Bedeutung als Stadtkirche. Beim letzten größeren Umbau in den Jahren 1925/1926 wurde das Langschiff vom Chorraum abgetrennt. Diese Baumaßnahme wurde vom Architekten Bang-Haas aus Weimar geleitet. Seit 1926 wurde nur noch der vordere Teil des Gebäudes (Martinskapelle) von der Kirchgemeinde durchgängig genutzt, heute auch wieder für die wöchentlichen Sonntagsgottesdienste.

1973/1974 wurde eine Renovierung und Umgestaltung der jetzigen Martinskirche vorgenommen. Der Chorraum wurde restauriert, und im Zuge dessen verschwanden die Renaissance-Kanzel und der alte Altar. Im Jahr 1980 wurde der Schweifturm neu beschiefert. 2003 fand die letzte Sanierung des Innenraumes statt. Der Chorraum bietet heute für 150 Besucher Platz.

Einrichtung

Taufbecken der Martinskirche

Erhalten sind das gotische Taufbecken, der Kanzelkorb (1666) mit Intarsienfeldern und Figuren, das Kruzifix (erneuert 1776) und der Altar mit Intarsienfeldern, der 1926 aus Teilen des Barockaltars angefertigt wurde. Die Mosefigur, die ursprünglich als Sockel der Kanzel diente, ist heute separat aufgestellt.

Die Schlossherren von Apolda, das Grafengeschlecht Vitzthum, nutzte die Martinskirche als Familiengrabstätte, während die Einwohnerschaft ihre Toten auf dem umliegenden Friedhof, dem heutigen Kantplatz, bestattete. Folgende Grabmale befinden sich in der Kirche:

– Catarina von Vitzthum geb. von Binau zu Dresig (* um 1496; † 1558), Frau des Christof von Vitzthum
– Christof von Vitzthum (* um 1483; † 1559)
– Catarina von Vitzthum († 1559), Tochter des Moritz von Vitzthum, offenbar als Kind verstorben
– ein Frauengrabmal von 1588/1589, nur durch die Namen Binaw, Vitzthumb, Marschalk und Lichdenhayn gekennzeichnet
– Friderich von Vitzthum (* um 1521; † 1591), Sohn des Christof von Vitzthum

Die ersten vier genannten Grabmale der Schlossherrenfamilie Vitzthum sind mit plastischen Darstellungen der Verstorbenen versehen.

Bei der Erneuerung des Fußbodens 2003 wurde ein romanisches Altarfundament entdeckt, dass man seitdem durch Glasscheiben hindurch besichtigen kann.

Glocken

Seit wann in der Martinskirche Glocken hängen und läuten, ist nicht bekannt. Erst für das Jahr 1730 gibt es Nachweise, dass sich in der Kirche zwei Glocken befanden. Sie wurden vom Apoldaer Glockengießer Johann Christoph Rose umgegossen, jedoch ist über die Größe, die Tonhöhe, das Gewicht und die Verzierung nichts bekannt. Im Jahr 1854 wurden die Glocken der Kirche zum zweiten Mal umgegossen. Damit war die Glockengießerei in der heutigen Bernhardstraße beauftragt. Warum die Glocken erneut umgegossen wurden, ist nicht bekannt.

Die kleine Glocke hieß „Schulglocke“ und gab beim Uhrschlag die Viertelstunden an. Sie wurde wahrscheinlich als Signalglocke für die gegenüberliegende Sophienschule, die heutigen Pestalozzischule, genutzt. Als Schlagton wurde cis2 angegeben. Ihre Masse betrug 180 kg und der Durchmesser des unteren Randes 70 cm. Die Inschriften lauteten:

  • auf den Flanken: Ich rufe die Lebenden und betraure die Todten. sowie Auch tönendes Erz, durch Liebe geweiht, ist uns zum Dienste des Höchsten bereit.
  • am oberen Rand: Gott segne und beschützte Apolda.
  • am unteren Rand: Gegossen von C.F. Ulrich hier 1854.

Die große Glocke trug den Namen „Taufglocke“ und wurde zugleich als Uhrglocke für den Stundenschlag benutzt. Ihr Schlagton war gis1. Die Glocke wog 475 kg und hatte einen unteren Durchmesser von 96 cm. Sie trug die Inschrift: Holder Friede, süße Eintracht, weile freundlich über dieser Stadt. Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes. Gegossen von Carl Friedrich Ulrich 1854. Die Glocke wurde während des Ersten Weltkriegs im Juni 1917 eingeschmolzen und vier Jahre später durch eine ähnliche Glocke ersetzt, welche allerdings eine andere Inschrift trug: In Kriegsnot geopfert fürs Vaterland, Aus Feuersglut ich neu erstand; In Gottes Namen mög mein Läuten zu besseren Zeiten hingeleiten! 1917 - 1921 sowie Franz Schilling und Söhne in Apolda gossen mich im Jahre des Herrn 1921. Die Ersatzglocke war ein Geschenk der Firma Schilling.

Im Zweiten Weltkrieg, am 3. und 4. Februar 1942, wurden beide Glocken vom Turm entfernt und eingeschmolzen.

Als einer der ersten Nachkriegsgüsse schuf Glockengießermeister Franz Schilling aus Apolda 1946 einen Ersatz für die kleine Glocke, welche auch heute noch im Turm der Martinskirche hängt. Als Schlagton wurde cis2 ermittelt.Ihr unterer Randdurchmesser beträgt 72 cm. Auf dem oberen Rand steht in Großbuchstaben: Soli Deo Gloria (Allein Gott die Ehre). Die Krone ist vierstrahlig.

Die älteste Glocke auf den Apoldaer Kirchtürmen ist die jetzige große Glocke in der Martinskirche. Sie wurde 1503 gegossen und hing zunächst im Kirchturm in Zottelstedt. Im Jahr 1955 wurde sie an die Kirchgemeinde Apolda verkauft. Sie besitzt einen unteren Randdurchmesser von 96 cm und ist auf den Schlagton gis1 abgestimmt. Die Glocke trägt am oberen Rand die Inschrift: Anno dni mccccciii + consolor viva + fleo mortva + pello nociva (Im Jahr des Herrn 1503. Ich tröste die Lebenden, beweine die Toten, vertreibe das Schädliche.). Ihre Krone ist sechsstrahlig. Der Gießer ist nicht bekannt. Die Glocke läutete in Apolda erstmalig zu Weihnachten 1956.

Orgel

Seit 1593 besaß die Martinskirche eine Orgel aus Rastenberg. Dieses Instrument wurde 1667 von Ludwig Compenius repariert. Die noch vorhandenen Reste der alten Orgel (ursprünglich II/25) weisen eher auf das 17. Jahrhundert hin. Es könnte sich um ein Werk des Apoldaer Orgelbauers Peter Herold handeln, der 1700 starb. Die Orgel wurde mehrfach umgebaut und schließlich im 20. Jahrhundert durch Vandalismus weitgehend zerstört.

Ein zweites, pneumatisches Instrument, wurde 1935 vom Orgelbauer Gerhard Kirchner aus Weimar in die neu eingerichteten Martinskapelle eingebaut. 2003 musste es abgetragen werden und man entschied sich zum Ankauf einer Orgel der Firma Paul Ott in Göttingen, die im Jahr 1961 für die evangelische Schule in Dassel gebaut wurde. Seither erklingt dieses mechanische Instrument zu Gottesdiensten und Konzerten.[1]

Literatur

  • Julius Constantin Cronfeld: Geschichte und Beschreibung der Fabrik- und Handelsstadt Apolda und derer nächster Umgebung. Apolda, 1871; Reprint: Apolda, 1997; S. 23ff, S. 390f
  • Paul Lehfeldt: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. Heft 16, Jena, 1892, S. 309-311
  • Ernst Stegmann (Hrsg.), Erwin Stein (Hrsg.): Die Stadt Apolda. Berlin, 1931, S. 111-117
  • Dieter Ullmann: Kirchen in und um Apolda. Weimar 1961 ISBN 3-86160-015-3
  • Thomas Bahr: Farbe im Stadtraum und in Kirchen. Horst Jährling zum 85. Geburtstag. In: Apoldaer Heimat. Beiträge zur Natur- und Heimatgeschichte der Stadt Apolda und ihrer Umgebung. 25. Jahrgang, Apolda, 2007, S. 24
  • Daniel Vogt: Die Orgeln der Martinskirche. In: Apoldaer Heimat. 25. Jahrgang, Apolda, 2007, S. 11-18
  • Apoldaer Heimat. Beiträge zur Natur und Heimatgeschichte der Stadt Apolda und ihrer Umgebung. Jg. 1987/1997 Hg. Apoldaer Kulturverein e. V.

Einzelnachweise

  1. Zur Ott-Orgel

Weblinks

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