- Aprotinin
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Pankreatischer Trypsin-Inhibitor (Bos taurus) —
Vorhandene Strukturdaten: s. UniProt Masse/Länge Primärstruktur 58 Aminosäuren Bezeichner Externe IDs UniProt: P00974 CAS-Nummer: 9087-70-1 Arzneistoffangaben ATC-Code B02AB01 Wirkstoffklasse Protease-Inhibitor Verschreibungspflicht ja Inhibitorklassifikation MEROPS I002.001 Aprotinin (Pankreatischer Trypsin-Inhibitor) ist ein natürliches Polypeptid des Hausrinds, das in der Humanmedizin zur Reduktion der Blutungsneigung eingesetzt wurde. Aprotinin wurde z. B. bei Operationen am offenen Herzen oder in der Leberchirurgie verabreicht, um den Blutverlust zu reduzieren und den Bedarf an Bluttransfusionen zu minimieren. Im November 2007 wurde es aufgrund von Hinweisen auf erhöhte Nebenwirkungen vorübergehend weltweit vom Markt genommen.
Es wird aus Lungengewebe von Kühen extrahiert und wurde in den 1930er-Jahren entdeckt und 1959 in Deutschland eingeführt. Aprotinin besteht aus 58 Aminosäuren.[1] Aprotinin ist ein Proteaseinhibitor, dessen Wirkungsweise in einer Hemmung der Serinprotease Plasmin besteht, wodurch der Abbau geronnenen Blutes (Fibrinolyse) verlangsamt wird.
Inhaltsverzeichnis
Nebenwirkungen
Im Januar 2006 wurden im New England Journal of Medicine die Ergebnisse einer Beobachtungsstudie veröffentlicht[2], nach denen Aprotinin mit einer erhöhten Rate postoperativen Nierenversagens einhergeht.
Ein beratender Ausschuss der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA hat den o.g. Bericht im September 2006 geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Aprotinin ein sicheres und effektives Medikament zur Verhinderung von Blutverlusten bei Operationen am offenen Herzen ist. Eine Woche nach der Beratung im September 2006 wurde in der New York Times über Aprotinin berichtet, dass Bayer vorhandene Informationen nicht vollständig vorgelegt habe.
Nach weiterer Prüfung wurde eine neue Risiko-Bewertung vorgenommen, die weiterhin den Einsatz unter bestimmten Bedingungen erlaubte.[3][4] Am 5. November 2007 stoppte Bayer weltweit vorübergehend die Vermarktung.[5] Mit dem Vermarktungsstopp folgte Bayer einer Anordnung[6] des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und Empfehlungen[7] der US-Zulassungsbehörde FDA.
Im Februar 2008 erschien im The Lancet eine Studie, die die Anwendung von Aprotinin bei bestimmten Operationsmethoden (on-pump) als sicher einschätzte, bei anderen Methoden (off-pump) nicht.[8]
Ebenfalls im Februar 2008 erschienen im New England Journal of Medicine zwei weitere Studien, die bei Verwendung von Aprotinin eine erhöhte Mortalität nach Koronararterien-Bypass-Operation zeigten.[9][10]
Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der kanadischen BART Studie (Blood conservation using antifibrinolytics: A randomized trial in a cardiac surgery population - The BART Study) am 14. Mai 2008 [11] hat Bayer alle verbliebenen Restbestände an Trasylol vollständig vom Markt zurückgezogen. Bis zu einer abschließenden Entscheidung des Unternehmens wird Trasylol vorerst nur noch Patienten unter strengen, mit den Behörden abgestimmten Voraussetzungen zur Verfügung stehen.[12]
Handelsnamen
Trasylol (A, CH)
Artiss (A), Beriplast (D, A, CH), Tachocomp (A), Tisseel (A), Tissucol (D, CH) [13][14][15]
Einzelnachweise
- ↑ UniProt P00974
- ↑ Mangano DT, Tudor IC, Dietzel C; Multicenter Study of Perioperative Ischemia Research Group; Ischemia Research and Education Foundation. The risk associated with aprotinin in cardiac surgery. N Engl J Med. 2006;354(4):353–65 Link zum Journal PMID 16436767
- ↑ FDA Statement vom 29. September 2006
- ↑ FDA-News vom 15. Dezember 2006
- ↑ Pressemitteilung von Bayer
- ↑ Anordnung des BfArM
- ↑ FDA Pressemitteilung vom 5. November 2007
- ↑ Abstract aus The Lancet
- ↑ Schneeweiss, Sebastian et al.: Aprotinin during Coronary-Artery Bypass Grafting and Risk of Death. In: N Engl J Med. Nr. 358, 2008, S. 771-783 (Abstract).
- ↑ Shaw, Andrew D: The Effect of Aprotinin on Outcome after Coronary-Artery Bypass Grafting. In: N Engl J Med. Nr. 358, 2008, S. 784-793 (Abstract).
- ↑ Dean A. Fergusson et al.: A Comparison of Aprotinin and Lysine Analogues in High-Risk Cardiac Surgery. In: N Engl J Med. Nr. 358, 2008, S. 2319-2331 (Abstract).
- ↑ FDA news vom 14. Mai 2008
- ↑ Rote Liste online, Stand: September 2009
- ↑ AM-Komp. d. Schweiz, Stand: September 2009
- ↑ AGES-PharmMed, Stand: September 2009
Literatur
- Mahdy AM, Webster NR: Perioperative systemic haemostatic agents. Br J Anaesth. 2004 Dec;93(6):842–58. PMID 15277296
- J. Avorn: Dangerous Deception – Hiding the Evidence of Adverse Drug Effects. NEJM 2006;355:2169–2171. PMID 17124012
- W. R. Hiatt: Observational Studies of Drug Safety – Aprotinin and the Absence of Transparency. NEJM 2006;355:2171–2173. PMID 17124013
- J. M. Drazen: Research Replication, NEJM 2006;355:2242–2253
- A. Rastan et al.: Thromboembolic complications in cardiac surgery – a prospective autopsy study. Thorac. Cardiov. Surg. 2005;53, Suppl. 1, S55
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