Mechthild von Magdeburg

Mechthild von Magdeburg
Peter Paul Metz: Mechthild von Magdeburg, Fantasieporträt am Chorgestühl der Pfarrkirche Merazhofen (Leutkirch im Allgäu), 1896

Mechthild von Magdeburg (* um 1207 im Erzstift Magdeburg; † 1282 im Kloster Helfta) ist eine der bedeutendsten Mystikerinnen Mitteleuropas.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Von ihrem äußeren Leben gibt es nur wenig Informationen, die alle nur ihrem Werk entnommen werden können. Vermutlich von adligen Eltern abstammend, erhielt Mechthild eine gute Bildung. Mit 12 Jahren hatte sie ihr erstes mystisches Erlebnis. Etwa mit 20 Jahren zog sie nach Magdeburg, wo sie über 30 Jahre als Begine nach der Regel des hl. Dominikus lebte. Um 1250 begann sie auf Zuspruch ihres Beichtvaters Heinrich von Halle über die Wonnen und Qualen ihrer mystischen Erfahrungen mit Gott zu schreiben. Ihre in mittelniederdeutsch verfassten Aufzeichnungen stellte Heinrich von Halle zu den ersten sechs von insgesamt sieben Büchern des »Fließenden Lichts der Gottheit« zusammen. Das Aufsehen, das sie mit dieser Schrift und ihrer Zeitkritik am realen Ordensleben, der Kirche und der Welt erregte, hat sie vermutlich veranlasst, die letzten Jahre ihres Lebens zurückgezogen im Zisterzienserkloster Helfta zu verbringen. Dort traf sie u. a. auch die junge Gertrud von Helfta. Sie lebte noch 12 Jahre im Kloster und fügte in dieser Zeit noch ein siebtes Buch zu Ihren Aufzeichnungen hinzu.


Das Leben der Mystikerin und ihre Visionen wurden in der christlichen Kunst des Mittelalters bildnerisch interpretiert.

Beispiele:

  • in einem so genannten Epitaphaltar des Magdeburger Domes, der eine Vision aus dem Leben Mechthilds zeigt (der Altar wird abgebildet und beschrieben in: Wäß 2006, Bd. 2, S. 380 f. mit Abb. 538). Der Stifter des farbig gefassten Steinreliefs wird hier kniend neben der Mystikerin visualisiert.

Das Werk

Mechthild benutzt in ihrem sieben Teilbücher umfassenden Werk „Das fließende Licht der Gottheit“ Bilder des Hohenliedes, um die mystische Vermählung der Seele mit Christus zu beschreiben und ist u. a. beeinflusst von Bernhard von Clairvaux, David von Augsburg, Hildegard von Bingen und Gregor dem Großen. Mechthilds Schriften gelten als eines der beeindruckendsten Beispiele der deutschen Frauenmystik und zeigen die Höhe der Frauenbildung im Mittelalter. Das niederdeutsche Original ihres Textes ist uns nicht überliefert. Was wir haben, ist eine oberdeutsche Übertragung, die zwischen 1343 und 1345 im Kreis der Basler Gottesfreunde rund um Heinrich von Nördlingen entstanden ist. Diese Handschrift befindet sich heute in der Stiftsbibliothek Einsiedeln. Daneben belegen einige weitere überlieferte Exzerpte bzw. Fragmente eine gewisse, wenn auch nicht sehr breite mittelalterliche Rezeption von Mechthilds Werk (vgl. Marburger Handschriftencensus). Außerdem wurde Mechthilds Werk schon früh ins Lateinische übersetzt. Von dieser Fassung ist ebenfalls eine umfangreiche Handschrift erhalten, welche die ersten sechs Bücher des „Fließenden Lichts“ enthält, wobei die Texte allerdings anders angeordnet sind.

Werkausgaben

  • Das fließende Licht der Gottheit. Herausgegeben von Margot Schmidt. Stuttgart-Bad Cannstatt (Frommann-Holzboog) 1995 ISBN 3-7728-1692-4
  • Das fließende Licht der Gottheit. Hrsg. v. Gisela Vollmann-Profe. Frankfurt (Deutscher Klassiker Verlag) 2003 ISBN 3-618-66195-9 ** Neuauflage durch den Verlag der Weltreligionen, Frankfurt am Main 2010 ISBN 978-3-86539-246-6
  • [Ein vliessende lieht miner gotheit] Offenbarungen der Schwester Mechthild von Magdeburg oder Das fließende Licht der Gottheit : aus der einzigen Handschrift des Stiftes Einsiedeln. Unveränd. reprografischer Nachdruck der Ausgabe Regensburg 1869. Darmstadt (Wiss. Buchgesellschaft) 1989
  • Das fließende Licht der Gottheit: nach der Einsiedler Handschrift in kritischem Vergleich mit der gesamten Überlieferung. Hrsg. von Hans Neumann. München (Artemis Verlag)
  • Das fließende Licht der Gottheit. Ausgewählt und übertragen von Sigmund Simon. 1907, Berlin, Oesterheld.

Vertonung eines ihrer Werke

Hörspielbearbeitung

  • Die Mediävistin Hildegard Elisabeth Keller integrierte Mechthild von Magdeburg als eine von fünf weiblichen Hauptfiguren in die Trilogie des Zeitlosen, die Ende September 2011 erschienen ist. Ausgewählte Passagen sind in das von ihr verfasste und inszenierte Hörspiel Der Ozean im Fingerhut eingegangen. In der fiktiven Begegnung unterhält sich Mechthild mit Hildegard von Bingen, Hadewijch und Etty Hillesum.

Literatur

  • Sonja A. Buholzer: Studien zur Gottes- und Seelenkonzeption im Werk der Mechthild von Magdeburg, (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 20, Philosophie; Band 234), Bern; Frankfurt am Main; New York; Paris 1988 ISBN 3-261-03813-6
  • Thorsten Böhm: Gestaltungsmittel und Gestaltungsprinzipien bei Mechthild von Magdeburg, Examensarbeit, Grin-Verlag, ISBN 978-3-638-89588-0
  • Karl Dienst: Mechthild von Magdeburg. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 1146–1147.
  • Peter Dinzelbacher: Mittelalterliche Frauenmystik, Paderborn; München; Wien; Zürich 1993 ISBN 3-506-72015-5
  • Alois M. Haas: Die Struktur der mystischen Erfahrung nach Mechthild von Magdeburg. In: Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie, Bd. 22. Freiburg 1975 (Jahrbuch für Philosophie und spekulative Theologie, 89. Jahrgang).
  • Marianne Heimbach: ‚Der ungelehrte Mund als Autorität. Mystische Erfahrung als Quelle kirchlich-prophetischer Rede im Werk Mechthilds von Magdeburg. Stuttgart-Bad Cannstatt 1989 (Mystik in Geschichte und Gegenwart. Texte und Untersuchungen. Abteilung I. Christliche Mystik. Band 6).
  • Theresia Heimerl: Frauenmystik - Männermystik? Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung von Gottes- und Menschenbild bei Meister Eckhart, Heinrich Seuse, Marguerite Porete und Mechthild von Magdeburg, Münster, Hamburg, London 2002 ISBN 3-8258-5935-5
  • Jürgen Jendrzejzyk: Mystik und Meditation am Beispiel der Mechthild von Magdeburg, Stockach 1992 ISBN 3-925466-51-7
  • Hildegard Elisabeth Keller: wan got geschuof inen nie schemeliche lide. Zur Geschichte der Sexualität und Scham im Spiegel des ‚Fliessenden Lichts der Gottheit’ von Mechthild von Magdeburg. In: Brinker, Claudia et al. (Hg.): Contemplata aliis tradere. Studium zum Verhältnis von Literatur und Spiritualität. Bern 1995, S. 19-45.
  • Hildegund Keul: Mechthild von Magdeburg. Poetin - Begine - Mystikerin. Herder, Freiburg 2007. ISBN 978-3-451-29355-9
  • Grete Lüers: Die Sprache der deutschen Mystik des Mittelalters im Werke der Mechthild von Magdeburg, Münster (Diss.) 1926
  • Sara S. Poor: Mechthild of Magdeburg and Her Book. Gender and the Making of Textual Authority, Penn. State Univ. Press 2004 ISBN 0-8122-3802-8
  • Gabriele Reimers: Das Leiberleben in der mystischen Erfahrung bei Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackborn und Gertrud von Helfta, Tübingen 1989
  • Philipp StrauchMechthild von Magdeburg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 21, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 154–156.
  • Gisela Vollmann-Profe: Mechthild von Magdeburg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, S. 581 f.
  • Helga Wäß: Form und Wahrnehmung mitteldeutscher Gedächtnisskulptur im 14. Jahrhundert. Zwei Bände. Band 2: Katalog ausgewählter Objekte vom Hohen Mittelalter bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts, Bristol u.a. 2006, 380 f. mit Abb. 538 / s. auch Bd. 1, S. 421. ISBN 3-86504-159-0
  • Barbara Weber: Die Funktion der Alltagswirklichkeit in der Metaphorik Mechthilds von Magdeburg, (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Nr. 683), Göppingen 2000 ISBN 3-87452-930-4
  • Hildegard Elisabeth Keller: Der Ozean im Fingerhut. Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Hadewijch und Etty Hillesum im Gespräch. Mit Beiträgen von Daniel Hell und Jeffrey F. Hamburger. Zürich 2011 (Trilogie des Zeitlosen 3). ISBN 978-3-7281-3437-0

Weblinks

 Wikisource: Mechthild von Magdeburg – Quellen und Volltexte
 Commons: Mechthild von Magdeburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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