Meister von Liesborn

Meister von Liesborn
Liesborner Altar, um 1465, Detail

Als Meister von Liesborn wird ein spätmittelalterlicher Maler bezeichnet, der in Westfalen wohl zwischen 1460 und 1490[1] tätig war.

Der namentlich nicht bekannte Künstler erhielt seinen Notnamen nach dem Passionsaltar, den er nach 1465 für die Benediktinerabtei Liesborn in dieser Region geschaffen hatte. Dieser ehemalige Hochaltar der Klosterkirche von Liesborn zeigte in der Mitte Christus am Kreuz sowie weiter Szenen aus dem Marienleben und Heilige. Der Altar war wohl kein Flügelaltar, sondern die Bilder waren nebeneinander aufgereiht. Er ist heute nur noch in Fragmenten erhalten, und wegen der Fragmentierung und Zersägung des Mittelbildes kann die genaue Zusammenstellung des Altars nicht unbedingt vollständig und zweifelsfrei rekonstruiert werden[2]. Es wird vermutet, dass der Meister von Liesborn mit Johann von Soest identifiziert werden kann[3]. Ein kleiner Teil seiner Bilder war ursprünglich auch als Arbeit des Meisters von Cappenberg und damit als Arbeit von Jan Baegert bezeichnet[4].

Neben dem Altar aus Liesborn lassen sich nur einige wenige andere erhaltene Werke dem Meister von Liesborn zuordnen, darunter ein Altar in der Kirche Maria zur Höhe in Soest[5]. Auch werden dem Meister und seiner Werkstatt neben diesem Soester Passionsaltar auch in Nachbargemeinden der Lünener Altar und der Lipporger Altar zugerechnet[6]. Sein Werk hat jedoch sichtbar großen Einfluss auf seine zeitgenössischen und nachfolgenden westfälischen Maler ausgeübt. Dies ist beispielsweise in den Werken des Meister von 1473 erkennbar.

Der Meister von Liesborn zeigt selbst eine starke Beeinflussung durch niederländische Maler wie Dieric Bouts und Roger van der Weyden. Wie bei der Verkündigungsszene aus Liesborn zeigen seine Darstellung von Architektur, korrekte Perspektive des Innenraumes und Details der Möbel diese Beziehung. Der Meister war aber auch mit Kölner Malern wie beispielsweise dem Meister des Marienlebens vertraut. Der Bezug zur sogenannten Kölner Malerschule ist vor allem bei den Heiligenbildern des Altars aus Liesborn zu erkennen.

Der bereits 1704 zerlegte Liesborner Altar wurde Anfang des 19. Jahrhunderts im Zuge der Säkularisation in wohl mehr als 14 Einzelteilen an Privatleute verkauft; Fragmente finden sich heute weiter in Privatbesitz oder wurden an verschiedene Museen weiterverkauft[7]. Bilder sind heute im Besitz des Westfälischen Kunstvereins, und des Westfälischen Landesmuseums in Münster, wo sie zu den “schönsten und wichtigsten Gemälden der Sammlung“ gezählt werden[8]. Auch sind beispielsweise schon 1854 acht Teile in den Besitz der National Gallery, London gelangt[9], als Teil eines größeren Aufkaufs von westfälischer Kunst des Mittelalters. Dieser Aufkauf begann schon damals die “Schönheit und Wichtigkeit” einer “Westfälischen Schule” und der Arbeit eines Liesborner Meisters zu betonen[10]. Einige der Teile des Liesborner Altars wurden damals und werden teilweise heute weiter allerdings dem Meister von Cappenberg oder einer Werkstatt des Meisters des Liesborner Altars zugeschrieben.

Literatur

  • G. Gietmann: The Master of Liesborn. In: The Catholic Encyclopedia. New York 1910 (Englisch)
  • C. G. Heise: Norddeutsche Malerei. Studien zu ihrer Entwicklungsgeschichte im 15. Jahrhundert von Köln bis Hamburg. (Dissertation). Kiel 1916
  • M. Ihmdal: Der Meister von Liesborn. In: Heimatkatalog Beckum 1953, S 31-33
  • P. Pieper: Der Liesborner Altar. In: Kunstchronik 6/1966
  • P. Pieper: Der Meister von Liesborn und die Liesborner Tafeln. In: Westfalen - Hefte für Geschichte Kunst und Volkskunde Band 44 (1966), S. 5-11
  • P. Pieper: Die Liesborner Tafeln - Katalog und Rekonstruktion. In: Westfalen - Hefte für Geschichte Kunst und Volkskunde Band 44 (1966), S. 12-19
  • Th. Rensing: Bemerkungen zum Meister von Liesborn. In: Westfalen - Hefte für Geschichte Kunst und Volkskunde Band 44 (1966), S. 22-54
  • W. Koenig: Studien zum Meister von Liesborn unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsgeschichte des Liesborner Hochaltars. Beckum 1974
  • R. Karrenbrock: Johann von Soest, der Meister von Liesborn. In: Westfalen - Hefte für Geschichte Kunst und Volkskunde Band 66 (1988)
  • S. Lüken: Die Verkündigung an Maria im 15. und frühen 16. Jahrhundert. Göttingen 2000
  • E.-U. Hammer: Monastische Reform zwischen Person und Institution: Zum Wirken des Abtes Adam Meyer von Gross St. Martin in Köln (1454-1499). (Dissertation, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts). Göttingen 2001

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Master of Liesborn. In: The Concise Grove Dictionary of Art. Oxford 2002 (Online-Ausgabe, aufgerufen Januar 2011
  2. vgl. P. Pieper: Der Liesborner Altar. In: Kunstchronik 6/1966 und weiter R. Brandl: The Liesborn Altar-Piece: A New Reconstruction, Burlington Magazine 135 (1993), S. 180–189
  3. R. Karrenbrock: Johann von Soest, der Meister von Liesborn. In: Westfalen - Hefte für Geschichte Kunst und Volkskunde Band 66 (1988)
  4. vgl. dazu auch: P. Pieper: Jan Baegert und der Liesborner Altar. In: Westfalen - Hefte für Geschichte Kunst und Volkskunde Band 44 (1966), S. 55-57
  5. A. Schulte-Peevers u.a.: Lonely Planet Germany. Melbourne u.a. (Lonely Planet Publications) 2004 (Englisch)
  6. A.-M. Reichel: Die Kleider der Passion. Für eine Ikonographie des Kostüms. Dissertation, Online-(Digital)-Ausgabe (Berlin 1998), Anhang
  7. siehe dazu insb. H. Müller: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster 5. Das Kanonissenstift und Benediktinerkloster Liesborn. Berlin 1967, S. 19f.
  8. LWL Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.): (Presse-)Mitteilung vom 6. März 2008 - Seit 100 Jahren ein Haus für die Kunst. Münster 2008
  9. H. Kornfeld: A Westphalian Altarpiece. In: The Burlington Magazine for Connoisseurs 62/361 (1933), S. 160
  10. E. MacKowsky: A Lost Altarpiece by the Master of Kappenberg. In: The Burlington Magazine for Connoisseurs. 65/378 (1934), S.126ff.

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