- Arbeiterkolonie Kronenberg
-
Die Arbeiterkolonie Kronenberg (auch: Cronenberg) war eine frühe Wohnkolonie westlich des damaligen Stadtbezirks Essen auf Altendorfer Gebiet, die durch die Friedrich Krupp AG zum größten Teil in den Jahren 1872 bis 1874 für ihre Arbeiter errichtet worden war.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Anfang der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts sah sich Alfred Krupp genötigt, für seine stetig steigende Zahl von Arbeitern seiner rasch expandierenden Gussstahlfabrik, auf dem Gelände des heutigen Krupp-Gürtels, selbst Wohnraum zu schaffen. Eine sich zuspitzende Wohnungsnot in Essen resultierte aus Zuwanderungen von Arbeitskräften für die kruppsche Industrie, aber auch den aufstrebenden Bergbau in der Region. Daraufhin richtete Alfred Krupp ein firmeninternes Baubüro unter der Leitung des Regierungsbaumeisters Gustav Kraemer ein.
Die Arbeiterkolonie Kronenberg war die letzte errichtete Wohnkolonie unter Alfred Krupp. Zuvor begann der kruppsche Wohnungsbau mit der Errichtung zweier so genannter Meisterhäuser in den Jahren 1861/1862 und der Arbeiterkolonie Alt-Westend 1863. Nach dem Ende der Gründerzeit 1874, nach dem Bau der Kolonien Nordhof, Schederhof, Baumhof und schließlich Kronenberg, musste das Vorhaben aus finanziellen Gründen eingestellt werden. Erst um 1891 begannen unter Friedrich Alfred Krupp neue Aktivitäten des kruppschen Wohnungsbaus in neuem Maßstab mit den Siedlungen Alfredshof und Altenhof.
Die Kolonie Kronenberg
Diese letzte unter Alfred Krupp errichtete Arbeiterkolonie entwickelte sich zu seinem größten Wohnungsbauvorhaben. Sie erstreckte sich auf rund 19 Hektar westlich der Gussstahlfabrik und nördlich angrenzend an die Bergisch-Märkische Eisenbahnstrecke, auf dem Gebiet des damals selbständigen Altendorfes, seit 1901 ein Stadtteil von Essen. Ein Wohnhaus der Arbeiterkolonie diente nördlich der Bahnstrecke als Bahnhof, der damals Altendorf-Süd hieß.
Die Arbeiterkolonie war als selbständiger Ort mit Freizeit- und Gemeinschaftseinrichtungen geplant, was sie in diesem Ausmaß von den anderen bestehenden Arbeiterkolonien unterschied.
Zunächst verfügte die Kolonie über 1356 Wohnungen in 221 Häusern. Nach weiterem Ausbau, auch noch nach 1874, erhöhte sich die Anzahl der Wohnungen auf gut 1570, die für etwa 8000 Menschen gedacht waren. Unter den bis 1874 errichteten 1356 Wohnungen waren 693 Zweiraum-, 528 Dreiraum-, 129 Vierraum- und 6 Fünfraumwohnungen, meist aufgeteilt in eine Wohnküche und einen Schlafraum bzw. weitere zusätzliche Wohnräume. Die Häuser hatten Gewölbekeller und boten einen Gemeinschaftsdachboden unter einem mit Pfannen gedeckten Dach. Um die Häuser herum gab es Gärten und gemeinschaftliche Bleichplätze. Die Außenwände der Häuser waren massiv gemauert, die Innenwände bestanden aus Steinfachwerk.
Die überwiegend dreieinhalbgeschossigen Wohnhäuser waren rechtwinklig angeordnet, wobei sich am Ostrand und mittig der Siedlung langgezogene Wohnblöcke in Nord-Süd-Richtung sowie am Westrand kurze Blöcke in gleicher Richtung erstreckten. Rechtwinklig dazwischen waren Zwölffamilienhäuser in Dreier- bzw. Zweierreihe angeordnet. Nahe der Bahnstrecke befanden sich zudem zusammenhängende Zeilen von Sechsfamilienhäusern. Zunächst wurden einige Straßenzüge der Siedlung nur mit Buchstaben benannt. Die Siedlungsstruktur wurde zentral durch eine Parkanlage und eine Ortsmitte, bestehend aus einem Marktplatz für den Wochenmarkt und diversen Gemeinschaftseinrichtungen, unterbrochen. Zu denen gehörte eine zentrale Konsumanstalt, also ein Geschäft mit Dingen des täglichen Bedarfs für die Arbeiter. Zusätzlich verfügte die Konsumanstalt speziell in der Kolonie Kronenberg über Kolonialwaren, Schuhwaren, eine Schlächterei und sogenannte Manufacturwaren, zu denen man Kurzwaren, Kleidung, Nähmaschinen und Ähnliches zählte. Weitere Gemeinschaftseinrichtungen waren eine Bierhalle mit Kegelbahn, Biergarten und angeschlossenem Versammlungssaal für bis zu 1500 Personen sowie eine Poststelle. Der Versammlungssaal stand für Festlichkeiten und als Vereinslokal für Mitglieder der Gussstahlfabrik zur Verfügung und hatte zudem Bibliotheksschränke und eine Theaterbühne, auf der in den Wintermonaten Vorstellungen des Essener Stadttheaters gegeben wurden. Auf die ganze Siedlung verteilt gab es weitere Ausgabestellen der Konsumanstalt sowie eine Apotheke und im Südosten, außerhalb der Kolonie, drei Schulgebäude. Die Schulen für beide Konfessionen waren als Privatschulen, getragen von der Firma Krupp, zur Entlastung der städtischen Schulen eingerichtet und boten, jeweils getrennt für Jungen und Mädchen, acht Jahrgangs-Klassen. Nördlich außerhalb der Kolonie gab es eine katholische Kirche. Südlich der Bahnstrecke kam 1882 die Lutherkirche hinzu.
1938/1939, zur Zeit des Nationalsozialismus, profitierte Krupp zwar von der steigenden Konjunktur, jedoch stieg die Einflussnahme des Hitler-Regimes so, dass auch Vorstandspositionen von diesem neu besetzt wurden. Eine Folge daraus war, dass Teile der Kolonie Kronenberg zu dieser Zeit unter anderem einer Panzerwerkstatt weichen mussten.
Heutiger Zustand
Von der ursprünglichen Arbeiterkolonie ist nahezu nichts mehr erhalten. Nur das große Gebäude der ehemaligen Bierhalle, dass heute unter anderem von der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Essen-Altendorf genutzt wird, steht noch. Heute befindet sich auf dem Areal der ehemaligen Arbeiterkolonie teils Wohngebiet, bestehend aus Nachkriegsbauten, sowie Kleingewerbe. Von den Straßenzügen existiert noch die Richterstraße als einst westlichste Straße der Kolonie, sowie die ehemals zentral durch Kronenberg verlaufende Ost-West-Verbindung, die Sälzerstraße. Diese führte in den Anfängen im Osten durch das Werksgelände, vorbei an der Zeche Vereinigte Sälzer & Neuack hin zur Westendstraße, wurde dort zur Werksstraße und durch Fabrikerweiterungen in diesem Abschnitt bald aufgegeben.
In den Jahren 1912 und 1913 wurde das als Bahnhofsgebäude genutzte Wohnhaus der Kolonie durch das heutige Gebäude des ehemaligen Bahnhofes Altendorf-Süd südlich der Bahnstrecke ersetzt. Der nun Essen-West genannte Bahnhof dient heute als Haltepunkt dreier S-Bahnlinien.
Literatur
- Daniel Stemmrich; Johann Georg Olms Verlag (Hrsg.): Die Siedlung als Programm. 1981, ISBN 978-3-487-07064-3.
- Boris Kretzinger; GRIN Verlag (Hrsg.): Werkwohnungsbau vor 1914. 2007, ISBN 978-3-640-14178-4.
Weblinks
- Krupp-Siedlungen – vom Arbeiterwohnhaus bis zur Margarethenhöhe, PDF-Datei 580 KB; zuletzt gesichtet am 7. März 2010
- Krupp-Gürtel historisch, PDF-Datei 2,8 MB; zuletzt gesichtet am 7. März 2010
51.4576.9823305555556Koordinaten: 51° 27′ 25,2″ N, 6° 58′ 56,4″ OKategorien:- Krupp
- Werkssiedlung
- Siedlung in Essen
- Ehemalige Siedlung
- Ehemaliges Bauwerk in Essen
Wikimedia Foundation.