Arbeitskreis Architektur und Freikirche

Arbeitskreis Architektur und Freikirche
Entwurf für den Neubau einer Baptistenkirche in Dormagen

Der Arbeitskreis Architektur und Freikirche wurde 1986 gegründet. Wirkungsfeld dieses Arbeitskreises, in dem sich Architekten und Theologen mit freikirchlichem Hintergrund zusammengeschlossen haben, ist vor allem der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden und der Bund Freier evangelischer Gemeinden. Auch führende Persönlichkeiten dieser Gemeindebünde sind im Arbeitskreis tätig.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Container als evangelisch-freikirchliches Gotteshaus

Freikirchliche Gemeinden, insbesondere solche kongregationalistischer Prägung, haben von ihrer Tradition her ein gespaltenes Verhältnis zum Sakralbau.

Einerseits begreifen sie Kirche primär als das aus "lebendigen Steinen erbaute Haus Gottes" [1] und als versammelte Gemeinschaft der Gläubigen. Der Ort, an dem die Gemeinde sich versammelt, spielt deshalb in weiten Teilen dieser freikirchlichen Bewegung auch heute noch eine untergeordnete Rolle. Wenn die Gemeinde Jesu sich versammelt, wird das Wohnzimmer, das angemietete Hinterzimmer einer Gastwirtschaft oder das umgebaute Ladenlokal zum Ort der Gegenwart Gottes und damit zum "Sakralbau". Andererseits spürten die freikirchlichen Gemeinden trotz dieses Ansatzes schon in ihrer Frühzeit, dass eine wachsende Gemeindearbeit entsprechende Räumlichkeiten benötigt. Auch stellten sie fest, dass durch ein Kirchengebäude die öffentliche Akzeptanz einer Glaubensgemeinschaft steigt und sich dadurch neue missionarische Möglichkeiten ergeben. Dass dennoch dem Sakralbau gegenüber eine kritische Haltung blieb, machen schon die Bezeichnungen deutlich, die man in der Anfangsphase des freikirchlichen Kirchenbaus den Sakralgebäuden gab: Versammlungslocal, Bethaus und Kapelle. Erst seit den 1960er Jahren wird zunehmend der Begriff Kirche verwendet.

Sandsteintafel am Giebel des baptistischen Bethauses Westerstede-Felde

Eine besondere Blockade des freikirchlichen Kirchenbaus in der Vergangenheit bildeten allerdings auch die strengen, gegen die Freikirchen gerichteten Bauvorschriften. So durften freikirchliche Gotteshäuser teilweise nur auf Hinterhofgrundstücken errichtet werden, wie dieses zum Beispiel in Berlin der Fall war (vgl. die Friedenskirche in Berlin-Charlottenburg). Der Bau von Glockentürmen war ihnen lange verwehrt; einzelne Ausnahmen (wie zum Beispiel die Christuskirche in Hamburg-Altona 1915) waren auch innerfreikirchlich umstritten. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeichnete sich hier ein grundsätzlicher Wandel ab. [2]

Eine weitere Besonderheit kennzeichnet den freikirchliche Kirchenbau: Während in den Volkskirchen immer wieder der Bau einer neuen Kirche als Mittel der Gemeindebildung aufgefasst worden ist, gehen Freikirchen eher den umgekehrten Weg: Sie gründen Gemeinden und diese bauen dann entsprechend ihrer Bedürfnisse und Mittel ihr Gemeindezentrum.

Ziele

Baptistenkirche Urbach: Freikirchlicher Architekturpreis 2003

Der Arbeitskreis Architektur und Freikirche versucht vor diesem Hintergrund, einerseits die niveauvolle Gestaltung freikirchlicher Kirchenbauten und -umbauten und zu steigern und andrerseits dafür Sorge zu tragen, dass sich freikirchliche Ekklesiologie und Architektur verbinden. In dem vom Arbeitskreis herausgegebenen Handbuch heißt es deshalb: In diesem Zusammenhang sehen wir es als notwendig, dass sich eine bauwillige Gemeinde intensiv mit der Frage nach dem Verständnis des Evangeliums, des Wesens und Auftrags der Gemeinde beschäftigt. [...] Die die Freikirchen prägenden Grundsätze des allgemeinen Priestertums haben eine Bandbreite von Arbeitsstrukturen, Gottesdienstformen, Führungsstrukturen etc. in den Gemeinden entstehen lassen. Daher erscheint es wichtig, die geistliche "Identität" der Gemeinde zu definieren. (Handbuch, S. 7)

Überhaupt erscheint dem Arbeitskreis die gesamte Bau- und Finanzplanung als Sache der gesamten örtlichen Gemeinde, die von Anfang an in das Bauvorhaben miteinbezogen werden sollte (Handbuch, ebd.).

Zwei Merkmale kennzeichnen nach Ansicht des Arbeitskreises den freikirchlichen "Sakralraum":

  1. Er ist vor allem ein Versammlungsort der Gemeinde und nicht so sehr ein Andachtsort des "vereinzelten Daseins vor Gott" und
  2. können Tendenzen, den Kirchenraum auf den Ort des Abendmahls bzw. der Eucharistie (wie gegenwärtig in evangelischen Kirchen und der katholischen Kirche zu erkennen) auszurichten, in freikirchlichen Gemeinden derzeit nicht festgestellt werden.[3]

Programm

Schwerpunkt des Arbeitskreises Architektur und Freikirche sind die seit Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts organisierten Kirchenbautagungen zu Fragen des freikirchlichen Bauens. Sie stehen jeweils unter einem besonderen Thema (zum Beispiel: 2006: Licht und Raum; 2003: Zur Bedeutung von Farbe für den gottesdienstlichen Raum und Gemeindezentren). Daneben werden jährlich mehrtägige Exkursionen angeboten, die am konkreten Beispiel die architektonischen Entwicklungen im Kirchenbau veranschaulichen sollen.

Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Beratungsarbeit bauwilliger Gemeinden. Dafür ist mit Unterstützung der beiden Gemeindebünde und deren Spar- und Kreditbanken ein Handbuch für bauwillige Gemeinden entwickelt worden, das auch online eingesehen werden kann.

Freikirchlicher Architekturpreis

Der Arbeitskreis lobt seit 1993 einen besonderen Architekturpreis aus, der alle fünf Jahre durch eine sachverständige Jury vergeben wird. Gewinner des letzten freikirchlichen Architekturpreises 2003 waren die Freie evangelische Gemeinde Erfurt (Architekten: Hestermann, König, Schmidt & Partner in Erfurt) sowie die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Urbach (Architekten: PIA – Prof. Löffler, Schneider, Schmeling, Leicht in Karlsruhe). Mit dem Architekturpreis 2010 wurden der Umbau der Freien evangelischen Gemeinde Berlin-Tempelhof[4] und der Neubau der Baptistengemeinde Bamberg ausgezeichnet.[5] Die mit dem Preis verbundenen Geldsummen kommen den Gemeinden zugute.

Literatur

  • Arbeitskreis Architektur und Freikirche: Handbuch für Gemeinden - Planung und Bau von Gemeindehäusern, Bad Homburg / Witten 1998 (Online-Version: vgl. Weblinks)
  • Günter Balders: Artikel Kapelle, in: Evangelisches Gemeindelexikon, Wuppertal 1978, ISBN 3-417-24082-4, S. 291
  • Werner Funck: Gemeinden und ihr Raumbedarf, in: Mennonitisches Jahrbuch 2009, 96-99.

Einzelnachweise

  1. Vgl. (1 Petr 2,5 GNB)
  2. Siehe Günter Balders, a.a.O., S. 291
  3. Juryprotokoll: 3. Architekturpreis für freikirchliches Bauen
  4. Bilder des Gemeindehauses auf der Homepage der FeG Berlin-Tempelhof; eingesehen am 12. Mai 2010
  5. Klaus Rösler: Artikel Gemeindehäuser sind nicht nur Zweckbauten (16. April 2010); eingesehen am 12. Mai 2010

Siehe auch

Weblinks


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