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Die Mevlevi-Tariqa (Mevlevi-Derwisch-Orden; persisch مولويه) ist eine der bekanntesten Tariqas, ihre Entstehung geht auf den persischen Mystiker (Sufi) Dschalal ad-Din Rumi (1207–1273, auch bekannt als 'Mevlana') zurück, der lange Zeit in Konya (Sultanat der Rum-Seldschuken, später Hauptstadt des Beyliks der Karaman), dem Ursprungsort des Ordens, lebte.
Inhaltsverzeichnis
Semâ
Die Anhänger des Mevlevi-Ordens werden auch die drehenden Derwische genannt, weil ihr Dhikr (Sama; türkisch Sema) oberflächlich gesehen darin besteht, durch kreisende Bewegungen in Ekstase zu geraten. Für einen außenstehenden Betrachter erscheint diese Zeremonie wie eine schöne Aufführung, die einem Ballett sehr ähnlich ist. Für die Mevlevis handelt es sich wie bei jedem Dhikr um eine Form des Gebets, in der man die Möglichkeit hat, sich der Welt komplett zu verschließen und Gott näher zu kommen.
Viele Arten der Symbolik sind für Außenstehende nicht erkennbar. Am Anfang eines „Tanzes“ steht der Sheikh auf einem roten Fell (Post), das den Mittelpunkt der Welt darstellt. Die Tänzer tragen einen schwarzen Umhang über dem weißen Gewand. Der Umhang symbolisiert das Grab und der Hut (Sikke) den Grabstein. Nach der Segnung durch den Sheikh und somit der Auferstehung aus dem Grab legen sie das Grabtuch ab und beginnen sich zum Klang der Längsflöte nay zu drehen. Die rechte Handfläche zeigt nach oben, um den Segen Gottes zu empfangen, die linke Handfläche zeigt nach unten, um den Segen in dieser Welt zu verteilen. Der Mevlevi-Dhikr wurde im Jahr 2005 in die UNESCO-Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.
Die formalisierte Mevlevi-Ritualmusik (ayin) kennt etwa 42 Kompositionen, von denen jedes Jahr eine zur Aufführung ausgewählt wird. Der musikalische Ablauf ist streng festgelegt und beginnt mit dem Naat-ı Mevlâna, einem Preislied auf den Propheten, gefolgt von einem taksim, einer freirhythmischen Improvisation auf der nay. Das folgende peşrev ist ein instrumentales Vorspiel. Den Hauptteil bilden vier gesungene Stücke, die selâm genannt werden. Sie begleiten die sich im Kreis drehenden Tänzer. Den Abschluss bilden drei son. Der son peşrev ist ein Instrumentalstück in einem gegenüber dem Anfang geänderten Rhythmus. Darauf folgt der son yürük semai. Dieses instrumentale Zwischenstück hat seinen Namen von der rhythmischen Form (usul) im 6/8-Takt (yürük semai) erhalten. Die Tanzaufführung endet mit dem son taksim und einem abschließenden Gebet.[1]
Geschichte
Heute gilt die Stadt Konya als der Ursprungsort dieses Sufi-Ordens, auch in Afyon nahe Konya waren Mevlevis. Davon zeugen auch einige Gräber hochrangiger Angehöriger des Ordens.
Die Teilnahme von Frauen an der Mukabele, dem „Semâ-Ritual“, ist eine Erscheinung des 20. Jahrhunderts. Einzig im 16. Jahrhundert übernahm Günesch Hanim nach dem Tod ihres Vaters, des bisherigen Vorstehers der Asitane in Afyonkarahisar, in einem „Husarenstreich“ das Amt des Postnischin, während sich die Derwische noch über die Nachfolge uneins waren. Sie wurde später in ihrem Amt durch den Makam Tschelebî in Konya bestätigt. Dies war jedoch ein einmaliges Ereignis und fand keine Nachahmer.
Der Hinweis, dass Rumi selbst nie das Interesse daran gehabt haben soll, eine große Anzahl an Derwischen zu leiten oder einen Orden zu organisieren ist insofern richtig, als dass er selbst Scheich der von Nedschmeddîn Kubrâ gegründeten Kübreviyye Tariqa war. So war er in die sufische Tradition eingebunden. Erst unter seinen Sohn Sultan Weled (1284–1312) wurde die Mevlevî Tariqa als furu, d.h. Nebenlinie der Kubreviyye Tariqa begründet.
Die Bezeichnung Mevlevî stammt von Rumi selbst, der gesagt haben soll – „Biz Mevleviyiz“ in der Bedeutung von „Wir gehören zu Gott (Mevlâ oder Maulâ = Herr,Gebieter). Erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte gewann die Bezeichnung Mevlevî eine größere Bedeutung und wurde zur Zeit von Rumis Sohn Sultan Weled zur Bezeichnung für die Tariqa. Ein weiterer Hinweis für den Ursprung der Tariqa findet sich in der Tatsache, dass der von den Mevlevis gelesene „Große“ und „Kleine“ Evrâd, eine Sammlung von Gebets- und Korantexten, die regelmäßig von den Derwischen gelesen wird, aus der Kubraviyya-Tradition stammt.
Zu der Zeit von Shamsuddin Amir Alim († 1395), dem Sohn und Nachfolger von Ulu Arif Çelebi, hat sich die Mevlevi-Tariqa schon über die Grenzen Anatoliens hinaus verbreitet.
Am 30. September 1925 ließ Mustafa Kemâl Pascha (genannt Atatürk), der Gründer der Republik Türkei, durch Beschluss der Großen Nationalversammlung der Türkei (Türk Büyük Millî Meclisi) mit dem Gesetz über Schließung der Derwisch-Konvente und Mausoleen die Rituale der Mevlevi-Derwische verbieten.[2] Seit 1954 darf der Sama oder Sema (eine besondere Art der Dhikr) anlässlich des Jahrestages von Rumis Tod am 17. Dezember wieder vollzogen werden, allerdings nicht im Mutterhaus der Tariqa, sondern in einer Sporthalle.
Aufbau
Das Oberhaupt der Mevlevi-Tariqa stammt, außer Hz. Mevlana's unmittelbarer Nachfolger Çelebî Husâm-ed-dîn, aus der Familie Dschalal ad-Din Rumi’s, er wird Maqam Çelebî genannt. Ihm zur Seite stehen die Sheikhs der Tariqa. Einer dieser Sheikhs ist das Lehroberhaupt, der sogenannte Sertarik.
Siehe auch
Literatur
- Annemarie Schimmel: Ich bin Wind und du bist Feuer; Rumi, Leben und Werk des Mystikers
- Yaşar Nuri Öztürk: The Eye of the Heart; An Introduction to Sufism and the Tariqats of Anatolia and the Balkans
- Erkan Türkmen: Besinnung Sufi-Dichter Rumis schönste Verse; Rumi, ISBN 975-98547-1-6
Weblinks
Commons: Mevlevi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- www.mevlana.net/ Website der Familie Çelebi (in englischer Sprache)
- www.mevlana.ch/ Internationale Mevlana Stiftung Schweiz
- www.mevlana-ev.de Internationale Mevlânâ Stiftung Deutschland
- www.mevlevi.de Trebbuser Mevlevîhane
- Website von Prof. Dr. Erkan Türkmen (Rumi Expert) Website der Mathnavi seiner beste Werke (englische Übersetzung)
- Informationen, Video- und Bildmaterial über die Semâ-Zeremonie auf der UNESCO-Website
Einzelnachweise
- ↑ Karl L. Signell: Makam. Modal Practice in Turkish Art Music. Da Capo Press, New York 1986, S. 18
- ↑ Klaus Kreiser, Christoph K. Neumann: Kleine Geschichte der Türkei. Reclam 2. Aufl. 2008, S. 395, ISBN 978-3-15-010678-5
Kategorien:- Sufiorden
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