Michael Gaißmair

Michael Gaißmair

Michael Gaismair (auch Michael Gaismayr, * 1490 in Tschöfs bei Sterzing; † 15. April 1532 in Padua) war Bauernführer in Tirol und Salzburg in der Zeit des Deutschen Bauernkriegs.

Geboren wurde Michael Gaismair als Sohn eines Bergwerksunternehmers und Landwirts. Er arbeitete zunächst als Schreiber in Bergbau und Landesverwaltung, ab 1524 als Sekretär des Fürstbischofs von Brixen.

Inhaltsverzeichnis

Peter Paßler

Als ein Mitglied der Familie Paßler aus dem Antholzer Tal nahe Bruneck seines Amtes als bischöflicher Fischer enthoben und die Stelle neu besetzt wurde, führte dies zu schweren Auseinandersetzungen der Familie unter Führung von Peter Paßler mit dem neuen Fischer und der bischöflichen Obrigkeit, bis hin zu Mord und Brandlegung.

Im Gegenzug wurden Mitglieder der Familie für friedlos erklärt, gefangengenommen und exekutiert. Auch Peter Paßler wurde gefangengenommen. Am 9. Mai 1525 wurde in Brixen sein Todesurteil verkündet.

Am 10. Mai 1525, kurz vor Paßlers Hinrichtung, wandten sich die aufgeregten Bauern aus Brixen und Umgebung gegen den Bischof. Peter Paßler wurde befreit und schloss sich den Aufständischen an. Später wurde er von einem seiner eigenen Leute ermordet.

Gaismairs Landesordnungen

Nachdem Gaismair am 13. Mai zum Feldobristen der aufständischen Bauern gewählt worden war, erreichte er eine Einberufung des Landtags in Innsbruck im Juni 1525. Dort forderte er vom Tiroler Regenten Erzherzog Ferdinand I. unter anderem:

  • Gleichheit vor dem Gesetz, und die Erstellung eines Gesetzbuches
  • Privilegienabbau der Adligen
  • Wahl der Richter, und eine Besoldung die sie von Strafeinnahmen unabhängig macht
  • die Abschaffung der weltlichen Macht der Kirche
    • Wahl der Pfarrer durch das Volk
    • Abgaben an die Kirche nur für soziale Einrichtungen
Flugblatt mit Spottlied gegen die aufständischen Bauern vor Radstadt

Zwar endete der Landtag mit einem Kompromiss, doch im August 1525 ließ Ferdinand I. Gaismair in Innsbruck festnehmen, machte seine Zusagen rückgängig und ging mit Söldnern gegen die aufständischen Bauern vor.

Nach mehreren Wochen in Gefangenschaft gelang Gaismair die Flucht, und er setzte sich in die Schweiz ab. Gaismair nahm Kontakt mit dem Schweizer Reformator Ulrich Zwingli auf, mit dem Plan einer demokratischen Neuordnung Tirols und Salzburgs am Beispiel Graubündens und Venedigs. U. a. durch die enttäuschenden Erfahrungen der Landtagsverhandlungen entwickelte sich Gaismair vom Reformer (Sommer 1525) zum Sozialrebell und Revolutionär (1526)(nach Jürgen Bücking). In seinem Entwurf einer neuen Tiroler Landesordnung vom 9. Mai 1526 konzipierte Gaismair einen egalitären, christlich-demokratischen Knappen- und Bauernstaat.

Er sammelte erneut Getreue um sich, und unterstützte im Frühjahr 1526 den Aufstand der Bauern in Salzburg. Zwar gelangen Gaismair in Mai und Juni erfolgreiche Gefechte gegen mehrere heranrückende Heere, während er Radstadt belagerte, schließlich wurde er aber am 2. Juli 1526 in der Schlacht bei Radstadt vernichtend geschlagen.

Gaismair entkam über die Alpen nach Venetien und versuchte in den nächsten Jahren noch mehrmals vergeblich von Graubünden, der Toskana und Venedig aus erneut Aufstände anzuzetteln. Als Venedig 1529 Frieden mit den Habsburgern schloss, zog sich Gaismair endgültig auf ein Landgut in der Nähe von Padua zurück.

Nach mehreren fehlgeschlagenen Attentaten wurde Gaismair am Morgen des 15. Aprils 1532 auf den Stufen der Freitreppe seines Anwesens in Padua von bezahlten Mördern überfallen und erstochen.

Historische Betrachtung

Wegen seines Kampfes gegen herrschende Monarchie und Kirche wurde Gaismair von der Geschichtsschreibung seiner Zeit weitgehend ignoriert. Jahrhunderte später instrumentalisierten sowohl Nationalsozialisten als auch Kommunisten seine Geschichte für ihre Zwecke, erstere aufgrund Gaismairs Kampf gegen den Juden Graf Salamanca, Berater von Ferdinand I., letztere aufgrund seiner Forderung, die Gemeinschaft vor individuelle Interessen zu stellen.

Seit den 1950er Jahren wird versucht seine Geschichte objektiver zu beleuchten, in Folge wurde 1976 die Michael-Gaismair-Gesellschaft gegründet.

Besondere Verdienste um die Erforschung des Wirkens Gaismairs erwarb sich der tschechische Historiker Josef Macek. 1965 erschien sein Werk "Der Tiroler Bauernkrieg und Michael Gaismair", 1988 die österreichische Kurzfassung dieses Werkes "Michael Gaismair. Vergessener Held des Tiroler Bauernkrieges".

1899 widmete sich der heimatverbundene Autor Franz Kranewitter der Tiroler Vergangenheit: das Drama über Michael Gaismair unter dem Titel "Michel Gaissmayr" entstand. Im Sommer 2001 wurde anlässlich der Tiroler Volksschauspiele in Telfs ein vom österreichischen Autor Felix Mitterer geschriebenes Stück über den Aufstieg und Fall Gaismairs uraufgeführt.

In Bregenz am Bodensee gibt es in der Südtirolersiedlung eine Gedenkstätte.

Siehe auch: Deutscher Bauernkrieg

Literatur

  • Heinrich von Zeißberg: Gaismair, Michael. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 313 f.
  • Jürgen Bücking: Michael Gaismair, Reformer, Sozialrebell und Revolutionär, Stuttgart 1958.
  • Josef Maček: Der Tiroler Bauernkrieg und Michael Gaismair, Berlin 1965.
  • Hans Benedikter: Rebell im Land Tirol, Wien 1970.
  • Fridolin Dörrer: Die Bauernkriege und Michael Gaismair. Protokoll des internationalen Symposions vom 15. - 19. November 1976 in Innsbruck-Vill, Innsbruck 1982.

Weblinks


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