- Archicembalo
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Das Archicembalo ist ein Tasteninstrument mit 36 Tasten pro Oktave auf zwei Manualen, das 1555 von dem italienischen Musiktheoretiker und Komponisten Nicola Vicentino erfunden, theoretisch beschrieben und später in zwei Exemplaren gebaut wurde. Das Prinzip der Tonerzeugung entspricht dem Cembalo.
Zu seinem Archicembalo wurde Vicentino von der antiken Enharmonik mit geteiltem Halbton inspiriert. Er wollte die chromatischen und enharmonischen Tongeschlechter der Antike wiederbeleben und auf diesem Instrument realisieren und kombinierte diese Idee mit der Lösung eines Problems der damaligen Musikpraxis: Er erweiterte die in der Renaissance übliche mitteltönige Stimmung zur Transponierfähigkeit. Mitteltönig gestimmte Tasteninstrumente (Cembalo, Orgel, Klavier) mit der üblichen Tastatur realisierten nämlich nur einen Ausschnitt des mitteltönigen Quintenzirkels, so dass kein beliebiges Transponieren möglich war. Dieses Problem löste Vicentino, indem er zwischen die üblichen Tasten noch Zusatztasten einfügte, nämlich zwischen chromatische Halbtöne je eine Taste und zwischen diatonische Halbtöne je zwei Tasten, so dass eine komplizierte zweimanualige Tastatur mit mehrfach geteilten Obertasten mit insgesamt 36 Tasten pro Oktave entstand. Das Archicembalo realisierte aber nur ein Tonsystem mit 31 Tönen pro Oktave, denn Vicentino stimmte es in der damals üblichen Stimmung der Quinten, nämlich mit 30 mitteltönigen Quinten von geses bis aisis, und erhielt als Restquinte aisis-geses eine fast reine (um 1 Cent zu große) Quinte und damit einen geschlossenen Quintenzirkel in einer ungleichmäßigen 31-stufigen Temperatur.
Eine gleichmäßige 31-stufige Temperatur beschrieben Lemme Rossi 1666 und Christiaan Huygens 1691 mit Logarithmen, ohne Instrumente zu bauen. Auch aus späterer Zeit gibt es Berichte über derartige Instrumente, so erwähnte Michael Praetorius 1618 ein ähnliches Clavicymbalum perfectum. Originale Instrumente sind aber nicht enthalten.
Es gab auch andere Versuche, enharmonische Instrumente zu konstruieren. So beschrieb etwa Vicentinos Zeitgenosse Gioseffo Zarlino 1558 ein transponierfähiges 19-stufiges Instrument. Einen ganz anderen Zweck verfolgen enharmonische Instrumente neuerer Zeit, etwa von Shōhei Tanaka (田中正平) Ende des 19. Jahrhunderts oder von Martin Vogel 1975: Sie wollen die reine Stimmung möglichst genau auf Tasteninstrumenten realisieren.
Literatur
- Rippe, Volker: Nicola Vicentino - sein Tonsystem und seine Instrumente in: Die Musikforschung 34 (1981), 393-413.
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