Militarismus

Militarismus

Als Militarismus wird die Dominanz militärischer Wertvorstellungen und Interessen in der Politik und im gesellschaftlichen Leben bezeichnet, wie sie etwa durch die einseitige Betonung des Rechts des Stärkeren und die Vorstellung, Kriege seien notwendig oder unvermeidbar, zum Ausdruck kommen oder durch ein strikt hierarchisches, auf Befehl und Gehorsam beruhendes Denken vermittelt werden.[1]

Nach dem Politologen und Militarismusforscher Wilfried von Bredow ist der Militarismus, den er alsdie Dominanz des Militärs als Organisation in Staat und Gesellschaftbezeichnet unddas Vorherrschen militärisch-kriegerischer Denkkategorien in Staat Gesellschaft und Politikbeinhaltet, vonzwei verschiedenen Modellen für das zivil militärische Verhältnisabhängig, die sich nach der Industriellen Revolution entwickelten:[2]

  • Im ersten Modell erhalten die Streitkräfte imgesellschaftlichen Alltagslebenkeine übergroße Bedeutung, bleiben sozusagenvirtuellund erstim Falle einer Bedrohungwerden sieaktuellbedeutsam:Im militärischen Ernstfall erscheint es den Bürgern als patriotische Pflicht, die Uniform anzuziehen und ihren Staat zu verteidigen.“ Nach von Bredow kann dieses Modell zu Militarismus führen, muss aber nicht. Im Falle der USA könnteder auf dieses Modell zurückzuführende Waffenkult im Zivilleben als eine Schrumpfform des Militarismus bezeichnet werden“.
  • Im zweiten Modell stellen die Streitkräfte selbst zumMotor der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung“. Die Streitkräfte gelten alsSchule der Nationund greifen auch in sogenannten Friedenszeiten massiv in politische Entscheidungsprozesse ein:Militärische Werte und soldatische Verhaltensweisen bestimmen zivile Handlungen und Entscheidungsprozesse“. Dieses Modell befördert den Militarismus grundsätzlich. Als geschichtliches Beispiel hierfür nennt von Bredow den deutschen Militarismus unter Kaiser Wilhelm II.

Nicht nur, aber auch mit Blick auf die nationalsozialistische Gewaltherrschaft charakterisiert Antony Joseph Coates den Militarismus alshäufig auftretende Neigung oder eine kulturelle Voreingenommenheit zugunsten des Krieges, auf die ein Kriegsführender zurückgreifen kann“.[3] In dieser Formverursacht der Militarismus zunächst Kriege und diktiert dann ihre rücksichtslose Durchführung“.[3]

Dem deutschen Militärhistoriker und Friedensforscher Wolfram Wette zufolge ist ein Kriterium für einen nicht militaristisch orientierten Staat, dass er von seinen Soldaten verlange, „einem Befehl, der ein Vergehen oder Verbrechen beinhaltekeinen Gehorsam zu leisten.[4]

Literatur

  • Volker Berghahn: Militarismus. Die Geschichte einer internationalen Debatte („Militarism“). Verlag Berg, Hamburg 1981, ISBN 3-608-91479-X.
  • Wilfried von Bredow: Militär und Demokratie in Deutschland: Eine Einführung (Studienbücher Außenpolitik und internationale Beziehungen). VS Verlag, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15712-2.
  • Wolfgang Kruse: Die Erfindung des modernen Militarismus. Krieg, Militär und bürgerliche Gesellschaft im politischen Diskurs der Französischen Revolution 1789-1799. Oldenbourg Verlag, München 2003, ISBN 3-486-56684-9 (zugl. Habilitationsschrift, Universität Hagen 2001).
  • Christoph Schubert-Weller: Kein schönrer Tod …“ Die Militarisierung der männlichen Jugend und ihr Einsatz im Ersten Weltkrieg 18901918. Juventa-Verlag, Weinheim 1998, ISBN 3-7799-1127-2.
  • Wolfram Wette (Hrsg.): Schule der Gewalt. Militarismus in Deutschland; 18711945. Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-7466-8124-3.
  • Wolfram Wette: Militarismus in Deutschland. Geschichte einer kriegerischen Kultur. Fischer Taschenbuch, Frankfurt a.M. 2011. ISBN 978-3-596-18149-0 (Erstausgabe Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2008).

Einzelnachweise

  1. Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 4., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2006.
  2. Wilfried von Bredow: Militär und Demokratie in Deutschland: Eine Einführung (Studienbücher Aussenpolitik und internationale Beziehungen). VS Verlag, Wiesbaden 2007, S. 66 f.
  3. a b Coates, A. J.: The Ethics of War, Manchester: Manchester University Press 1997. ISBN 0-7190-4046-9, S. 40
  4. Wolfram Wette: Militarismus in Deutschland. Geschichte einer kriegerischen Kultur. Fischer Taschenbuch, Frankfurt a.M. 2011, S. 222.

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