Modalrhythmus

Modalrhythmus

Die Modalnotation ist ein System zur Notation mehrstimmiger Musik, die in Westeuropa während der so genannten Notre-Dame-Epoche im 12. Jahrhundert bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts gebräuchlich war.

In der europäischen Musikgeschichte war die Modalnotation das erste System, was es ermöglichte Rhythmen festzulegen, also eine feste Abfolge langer und kurzer Notenwerte zu definieren. Im Gegensatz zu einstimmiger Musik, wie dem gregorianischen Choral, ist eine festgelegte rhythmische Folge eine Voraussetzung dafür, mehrstimmige Musik nachvollziehbar zu verschriftlichen.

Anders als in der modernen Notenschrift konnten aber noch keine einzelnen Notenwerte dargestellt werden. Die Modalnotation basierte vielmehr auf sechs verschiedenen rhythmischen Formeln (Modi), die im Verlauf eines Stückes immer wieder wiederholt wurden. Die auf der regelmäßigen Wiederholung dieser Modi beruhende Rhythmik wird als Modalrhythmik bezeichnet. Man spricht auch von Modalrhythmus. Die regelmäßige Wiederholung der rhythmischen Einheiten ermöglichte eine spezielle Notenschrift, die Modalnotation.

Dargestellt wurden die sechs Modi als Folge von Ligaturen (mit einem Balken verbundene Noten) und Einzelnoten. Das Muster der Abfolge von Ligaturen und Einzelnoten bezeichnete den Modus in dem das Stück gesungen werden sollte.

Die sechs rhythmischen Modi

Die sechs Grundrhythmen der Modalnotation ergeben sich aus der unterschiedlichen Kombination von Einzeltönen und Ligaturen (verbunden geschriebenen Notengruppen) aus zwei, drei oder vier Tönen.

Ein Abschnitt im 1. Modus beginnt mit einer Ligatur aus drei Tönen, gefolgt von beliebig vielen Ligaturen aus zwei Tönen. In der Übertragung ergibt sich daraus ein regelmäßiger Wechsel von Viertel-Achtel. Die letzte Note jeder Ligatur ist hier sowohl lang (Viertelnote gegenüber der Achtelnote) als auch auf betonter Zählzeit. Der Zäsurstrich wird in diesem Modus als Achtelpause übertragen.

Ein Abschnitt im 2. Modus beginnt mit beliebig vielen Ligaturen aus zwei Noten und wird abgeschlossen mit einer Ligatur aus drei Tönen. In der Übertragung ergibt sich daraus eine regelmäßige Folge von Achtel-Viertel. Die letzte Note jeder Ligatur ist hier zwar nicht auf betonter Zählzeit, jedoch zumindest lang (Viertelnote gegenüber der Achtelnote). Der Zäsurstrich wird hier als Viertelpause übertragen.

Ein Abschnitt im 3. Modus beginnt mit einer Einzelnote, der dann beliebig viele Ligaturen aus drei Tönen folgen. In der Übertragung ergibt sich daraus eine regelmäßige Folge von punktierter Viertel-Achtel-Viertel. Der jeweils letzte Ton einer Ligatur ist hier sowohl lang (punktierte Viertel gegenüber Viertel oder Achtel) als auch auf betonter Zählzeit. Der Zäsurstrich wird hier als punktierte Viertelpause übertragen.

Der 4. Modus kommt in der Praxis normalerweise nicht vor; er wird jedoch von den Musiktheoretikern um der Vollständigkeit des Systems willen dennoch aufgeführt. Hier erscheinen zuerst beliebig viele Ligaturen aus drei Tönen, denen zum Abschluss eine Einzelnote folgt. In der Übertragung ergeben sich daraus regelmäßige Folgen von Achtel-Viertel-punktierter Viertel. auch hier ist die letzte Note sowohl lang (punktierte Viertel gegenüber Viertel oder Achtel) als auch auf betonter Zählzeit. Der Zäsurstrich wird hier ebenfalls als punktierte Viertelpause übertragen.

Der 5. Modus besteht aus lauter langen Noten (in der Übertragung punktierten Vierteln). Die Notation dieses Modus ist unterschiedlich: Er kann wie hier in der Abbildung aus lauter Ligaturen aus drei Tönen bestehen, aber auch aus lauter Einzelnoten. Das Vorliegen des 5. Modus wird - unabhängig von der gewählten Notation - meist schon daran deutlich, dass vielen Noten in einer Stimme deutlich weniger in der anderen gegenüberstehen. Werden Ligaturen verwendet, ist die letzte Note sowohl lang (auch wenn die anderen Noten genauso lang sind) als auch auf betonter Zählzeit. Der Zäsurstrich muss auch hier als punktierte Viertelpause übertragen werden.

Der 6. Modus beginnt mit einer Ligatur aus vier Tönen, denen beliebig viele Ligaturen aus drei Tönen folgen. In der Übertragung ergibt sich daraus eine regelmäßige Folge von Achtelnoten. Die jeweils letzte Note einer Ligatur ist hier zwar nicht länger als die anderen Noten, dafür jedoch immer auf der betonten Zählzeit. Der Zäsurstrich wird hier als Viertelpause (bzw. dessen Äquivalente) übertragen.

Anfang des 13. Jahrhunderts löste die Mensuralnotation, die es ermöglichte erheblich differenziertere Rhythmen darzustellen, die Modalnotation ab.

Literatur

  • Willi Apel: Die Notation der polyphonen Musik. VEB Breitkopf & Härtel, Leipzig 1962, ISBN 3-7330-0031-5
  • Möller/Stephan (Hg.): Neues Handbuch der Musikwissenschaft. Musik des Mittelalters. Bd. 2. Laaber, Laaber 1991

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