Momentanpol

Momentanpol
Bei einem mit Rädern angetriebenen Objekt müssen sich alle Achsen im Momentanpol M treffen, damit eine Bewegung möglich ist. Als rote Pfeile sind die Geschwindigkeitsvektoren der Hinterachsräder eingezeichnet.

Bei einem Momentanpol handelt es sich um eine Bezeichnung aus der Kinematik. Durch die Bestimmung des Momentanpols ist es möglich, einen Bewegungszustand eines bewegten Körpers, der eine Überlagerung aus einer Translation und einer Rotation darstellt, in jedem Augenblick als reine Drehung um einen Punkt (den Momentanpol) aufzufassen und so analytisch als einfache Drehung zu behandeln. Bei einer reinen Rotation ist die Geschwindigkeit jedes Punktes senkrecht zur Verbindung dieses Punktes mit dem Momentanpol. So lässt sich umgekehrt der Momentanpol bestimmen, wenn von zwei Punkten, die nicht auf einer Geraden liegen, die Geschwindigkeiten bekannt sind.

Speziell bei der Bewegung in der Ebene lässt sich seine Lage bestimmen, indem man die Senkrechten zu den Geschwindigkeitsrichtungen zweier Körperpunkte errichtet. Ihr Schnittpunkt ist gleich der Lage des Momentanpols. Sind die Senkrechten parallel liegt ihr Schnittpunkt, und dadurch der Momentanpol, im Unendlichen. In diesem Fall handelt es sich bei dem momentanen Bewegungszustand um eine reine Translation, die senkrecht zu den beiden parallelen Konstruktionsstrahlen verläuft. Die Geschwindigkeiten besitzen also gleiche Beträge und Richtungen.

Wenn die Geschwindigkeiten beider Körperpunkte parallel sind und senkrecht auf der Verbindungslinie beider Punkte stehen, kann man den Momentanpol dadurch bestimmen, dass man die Geschwindigkeitsvektoren an die Punkte zeichnet und dann eine Gerade durch die Spitzen der Vektoren. Diese Gerade schneidet die Verbindungsgerade der Körperpunkte im Momentanpol. Voraussetzung für diese Methode sind unterschiedliche Beträge der Geschwindigkeiten. Bei einer rein translatorsichen Bewegung liegt der Momentanpol im Unendlichen.

Zeichnet man die Linie der Momentanpole während einer Bewegung nach, dann erhält man im ruhenden Bezugssystem die Rastpolkurve und im bewegten Bezugssystem die Gangpolkurve.

Beispiel: Rollendes Rad

Beispiel Rad: Momentanpol (M hier M=A) an einem Rad, welches an einem Fahrzeug montiert ist

Das im Bild gezeigte Rad an einem Fahrzeug besitzt aus Sicht der Kinematik mehrere Eigenschaften, wenn man es entlang der gestrichelten Linie durch das Drehzentrum (Z) und den Aufstandspunkt (A) betrachtet:

  • Da es am Fahrzeug befestigt ist, nimmt es an dessen translatorischer Bewegung teil. Dieser Anteil wird durch die Geschwindigkeitspfeile (T) entlang der Linie (L) dargestellt.
  • Ein Beobachter im Zentrum (Z) sieht, dass sich das Rad (im Gegensatz zum Fahrzeug) zusätzlich um dieses Zentrum (Z) dreht. Dieser Anteil wird durch die Pfeile (R) der Tangentialgeschwindigkeiten entlang der Linie (L) dargestellt.
  • Solange das Rad abrollt, hat es im Aufstandspunkt (A) die Geschwindigkeit 0, denn die Straße steht und das Rad rutscht an diesem Punkt nicht über die Straße und schlupft in dieser idealisierten Betrachtung auch nicht.

Die Überlagerung der Geschwindigkeiten (R) und (T) sowie die Bedingung, dass der Punkt am Rad, der gerade Aufstandspunkt (A) auf der stehenden Straße ist, selbst auch stehen muss, macht den Aufstandspunkt (A) gleichzeitig zum Momentanpol (M) der Radbewegung.

Die rechte Darstellung zeigt, wie man mit Hilfe des Momentanpols (M) an vier beispielhaft gewählten Punkten A-D die momentane Geschwindigkeit ermitteln kann: Sie ist das Produkt aus der Winkelgeschwindigkeit ω um den Momentanpol (M, in der Regel unterschiedlich zu der Winkelgeschwindigkeit um Z) und dem Abstand des jeweiligen Punktes (im Beispiel A...D) vom Momentanpol (M). Sucht man beispielsweise den Punkt, der vom Momentanpol am weitesten entfernt ist, so hat man den Punkt mit der höchsten Geschwindigkeit gefunden.

Die Rastpolkurve ist in diesem Beispiel die Straße, denn aus Sicht eines Beobachters an der Straße liegen alle Momentanpole auf der Fahrbahn. Die Gangpolkurve ist aus Sicht eines Beobachters auf dem Rad der Umfang.

Literatur

  • Ulrich Gabbert, Ingo Raecke: Technische Mechanik für Wirtschaftsingenieure. HANSER_VERLAG, 2007 ISBN 3446414096

Weblinks


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