Nachlauf (Lenkung)

Nachlauf (Lenkung)
Der Nachlaufwinkel

Nachlauf und Nachlaufwinkel sind Begriffe aus der Fahrwerkstechnik und Konstruktion von Lenksystemen. Mit dem Nachlaufwinkel bezeichnet man die Neigung der Lenkungsdrehachse des gelenkten Rades gegenüber der Senkrechten. Als Nachlauf wird der Abstand zwischen dem Spurpunkt (dem Durchstoßpunkt der Lenkungsdrehachse durch die Fahrbahnoberfläche) und dem Radaufstandspunkt (dem Schnittpunkt der Radmittelebene auf der Fahrbahnebene bzw. Berührungspunkt des Rades auf der Fahrbahn) bezeichnet. Liegt der Radaufstandspunkt in Fahrtrichtung hinter dem Spurpunkt, spricht man von positivem Nachlauf. Das Rad läuft der Radführung nach. Besonders anschaulich ist der Nachlauf an einem Fahrrad oder Motorrad zu sehen.

Inhaltsverzeichnis

Zweck

Durch den (positiven) Nachlauf entsteht bei einem Lenkwinkel, der von Null abweicht, ein Drehmoment, das dem Lenkwinkel entgegengerichtet ist, das Rückstellmoment. Dadurch lenkt das rollende Fahrzeug selbständig zurück (fast) bis zur Geradeausstellung der Lenkung (Lenkwinkel gleich Null). Ein großer Nachlauf bewirkt guten Geradeauslauf, bringt jedoch hohe Lenkkräfte mit sich. Ein kleiner Nachlauf macht das Fahrzeug sehr agil, leicht lenkbar und kurvenfreudig, allerdings mit zunehmender Geschwindigkeit auch instabiler. Da diese Eigenschaften jedoch nicht nur vom Nachlauf, sondern auch von anderen Radstellungsgrößen abhängig sind, darf nicht nur der Nachlauf isoliert betrachtet werden, sondern passend zum Fahrzeug muss ein Kompromiss aus allen Radstellungsgrößen gefunden werden.

Das Rückstellmoment bei Kurvenfahrt ist im Lenkrad bzw. Lenker spürbar und gibt dem Fahrer (gemeinsam mit Querbeschleunigung, Gierwinkel, etc.) eine Rückmeldung über die Kurvenfahrt und über den Kontakt zwischen Reifen und Straße. Bei plötzlich abfallendem Reibwert zwischen Reifen und Straße verringern sich ebenso plötzlich die Reifenkräfte und damit das Rückstellmoment. Im Lenkrad kann der Fahrer damit den plötzlich schlechteren Reifen-Fahrbahn-Kontakt spüren.

Reifennachlauf

Der rollende Gummireifen hat unabhängig von dem fahrwerksgeometrischen Nachlauf einen eigenen Reifennachlauf. Die Reifenaufstandsfläche (Reifenlatsch) verformt sich bei Seitenkraft. Bei einem rollenden Reifen läuft jedoch immer ein Stück unverformte Reifenlauffläche (das noch keinen Bodenkontakt hat) in den Bereich ein, der Bodenkontakt hat. Dabei verformt sich dieses Stück nicht plötzlich, sondern wird beim Einlaufen in die Reifenaufstandsfläche erst langsam, dann stärker verformt. Beim Auslaufen aus der Reifenaufstandsfläche nimmt die Verformung wieder ab, bis kein Kontakt mehr zur Fahrbahn vorhanden und der Reifen wieder unverformt ist. Der Verlauf der Verformung nimmt langsamer zu als er abnimmt und die Seitenkraft hängt mit dem Grad der Verformung (nicht-linear) zusammen. Damit liegt der Schwerpunkt der Seitenkraft hinter der Mitte des Radaufstandspunkts. Dieser Versatz bildet den Reifennachlauf, der als Hebelarm zusammen mit der Reifenseitenkraft ein Rückstellmoment des Reifens bildet.

Negativer Nachlauf

Ein negativer Nachlauf kann entstehen, wenn sich bei einem Fahrmanöver der Reifenaufstandspunkt verschiebt. Das passiert z. B. beim Überfahren einer Kante (Bordsteinkante), weil dann der Berührpunkt zwischen Reifen und Kante den Reifenaufstandspunkt bildet. Ist die Kante so hoch, dass der Berührpunkt vor bzw. oberhalb der Lenkungsdrehachse liegt, läuft das Rad plötzlich vor und nicht mehr nach; der Nachlauf wird negativ. Fahrdynamisch ist dieses Manöver kritisch, weil in diesem Fall ein Moment ausgebildet wird, das nicht rückstellend, sondern einlenkend wirkt. Der Fahrer muss folglich mit eigener Kraft zurück lenken. Da das ungewohnt ist, kann es dabei leicht zu Fahrzeuginstabilität und damit zu Unfällen führen.

Siehe auch

Weblinks


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