Nasses Kollodiumverfahren

Nasses Kollodiumverfahren
eingescanntes Glasnegativ der "Library of Congress Prints and Photographs Division Washington", Titel: "Hon. Townsend Harris" entstanden 1855 - 1865
eingescanntes Glasnegativ der "Library of Congress Prints and Photographs Division Washington", Titel: "Red Cloud and Indians" entstanden 1865 - 1880

Die Kollodium-Nassplatte ist eine 1850/1851 von Frederick Scott Archer und Gustave Le Gray entwickelte fotografische Platte, die durch ein Negativ-Verfahren ein fotografisches Bild erzeugt.

Das dazugehörige Verfahren wird als nasses Kollodiumverfahren bezeichnet und setzt eine zur Anfertigung der Fotografie zeitnahe Verarbeitung voraus, so musste etwa ein mobiler Reisefotograf in der Frühzeit der Fotografie immer ein Dunkelkammerzelt mit sich führen.

Die Größe des Negativs war in der Anfangszeit noch nicht standardisiert; eine typische Platte hatte Mitte des 19. Jahrhunderts eine Größe von etwa 40×50 cm, so beispielsweise Friths Aufnahmen aus Ägypten aus den Jahren zwischen 1856 und 1860. Später bildeten sich jedoch international normierte Aufnahmeformate heraus.

Verfahren

Zur Herstellung einer Kollodium-Nassplatte putzt man die Glasplatten sehr sorgfältig und übergießt sie mit einer Lösung von Kollodiumwolle und Iod- und Bromsalzen in Alkohol und Äther. Der Überzug trocknet zu einer gallertartigen Masse ein und wird sofort im Dunkeln in eine Lösung von salpetersaurem Silber (Silberbad) gebracht. Hier wandeln sich die Iodsalze in Iod- und Bromsilber um, und diese bleiben in der Kollodiumschicht fein verteilt.

Die so präparierte Platte wird aus dem Silberbad herausgenommen und noch feucht von anhängender Silberlösung in einem lichtdicht schließenden Kästchen (Kassette) in die Kamera gebracht, hier der Lichtwirkung ausgesetzt und dann im Dunkelzimmer mit einer Eisensulfatlösung übergossen. Diese schlägt aus der an der Platte hängenden salpetersauren Silberlösung sofort metallisches Silber als dunkles Pulver nieder, und dieses hängt sich an die belichteten Stellen der Platte umso stärker, je intensiver das Licht gewirkt hat. Das Bild wird nach dieser Hervorrufung noch verstärkt, indem man durch Aufgießen einer Mischung von Eisensulfat und zitronensaurer Silberlösung noch einen zweiten Niederschlag von Silberpartikeln veranlasst, die sich zu den erstniedergeschlagenen lagern, so dass das Bild nun in den dicksten Stellen hinreichend undurchsichtig ist, um den Durchgang des Lichts beim Kopierprozess zu verhindern.

Das Negativ wird nun fixiert, das heißt das noch enthaltene Iod- und Bromsilber wird durch eine Lösung von unterschwefligsaurem Natron herausgelöst, schließlich gewaschen und mit Alkoholfirnis überzogen. In dem so erhaltenen Glasnegativ erscheinen die hellen Teile des Originals dunkel und die dunklen Teile des Originals hell (in der Durchsicht). Vor einem dunklen Hintergrund erscheint es als positives Bild, indem an den durchsichtigen Stellen der schwarze Hintergrund sichtbar wird und gegen diesen das graue Silberpulver, welches auf den dicken Stellen des Negativs liegt, wie weiß erscheint.

Dieser positive Effekt tritt am schönsten hervor, wenn die Platte sehr kurze Zeit in der Kamera belichtet worden ist. So fertigte man Positive mittels Kollodiums direkt auf dunklem Glas (Panotypen) und auf schwarz lackiertem Eisenblech (Ferrotypen).

Geschichte und Entwicklung

Eine Weiterentwicklung der Kollodium-Nassplatte ist das trockene Gelatineverfahren, das mit der Gelatine-Trockenplatte arbeitet und 1871 von Richard Leach Maddox entwickelt wurde. Dieses die Fotografie vereinfachende Verfahren löste die Nassplatten um 1880 ab.

Weitere wichtige Verbesserungen waren die optische Sensibilisierung des Aufnahmematerials ab 1873 durch H. W. Vogel sowie das Ersetzen der Glasplatte durch Zelluloid als Schichtträger (Planfilm, ab 1869 durch die Brüder Hyatt).

Siehe auch


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