Nationale Gedenkstätte der Republik Belarus

Nationale Gedenkstätte der Republik Belarus
Friedhof der verbrannten Dörfer
Ein ewiges Licht
Die Andenkenmauer

Die nationale staatliche Gedenkstätte „Chatyn“ der Republik Belarus liegt etwa 60 Kilometer nördlich von Minsk an der Straße nach Wizebsk im Logojskij-Kreis, im Gebiet Minsk. Es ist die zentrale Kriegsgedenkstätte Weißrusslands (Memorial), in der an alle Opfer der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg erinnert werden soll. Insbesondere an die verbrannten Dörfer, von denen 186 nie wieder aufgebaut wurden, und an die 433 verbrannten Dörfer, die auch nach ihrem Wiederaufbau an die Toten dieser Zeit erinnern wollen/müssen. Der Ort Chatyn, an dessen Stelle die Gedenkstätte entstanden ist, wurde am 22. März 1943 mit fast allen Bewohnerinnen und Bewohnern niedergebrannt. Er teilte damit das Schicksal vieler Orte und Menschen in Weißrussland. Denn die Besonderheit der nationalsozialistischen Politik des Genozids und der „verbrannten Erde“ in Weißrussland wurde die Vernichtung ganzer Ortschaften samt der Bevölkerung bereits von den ersten Tagen der Besatzung an. In den vier Kriegsjahren (1941–1944) haben die deutschen Besatzer über 140 größere „Strafoperationen“, also sehr schwerwiegende Kriegsverbrechen, in Weißrussland durchgeführt. Weitere viertausend Orte erlitten massive Zerstörungen im Krieg. Man geht heute davon aus, dass mehr als ein Viertel der zivilen Bevölkerung durch die verschiedenen deutschen Militärorgane ermordet wurde. Von der gesamten Zahl von 5295 zerstörten Dörfern wurden 3 % im ersten Kriegsjahr 1941, 16 % im Jahre 1942, 63 % im Jahre 1943 und 18 % im Jahre 1944 vernichtet.

Häufig kommen auch Staatsbesucher hierher, um einen Kranz im Gedenken an die über zwei Millionen Toten niederzulegen.

Die Gedenkstätte

Die Gedenkstätte wurde am 5. Juli 1969 eingeweiht. Die Eröffnung begann mit einer Trauerzeremonie in Minsk. Delegationen aus Russland, der Ukraine, Georgien, Moldawien und anderen Republiken der Sowjetunion, aus den damaligen Partnerstädten und weitere ausländische Gäste beteiligten sich an der Feier und der Fahrt nach Chatyn. Dieser Ort soll für die vielen zerstörten Ortschaften in Weißrussland stehen.

Die Renovierung und Rekonstruktion der Staatlichen Gedenkstätte „Chatyn“ wurden im Juli 2004, anlässlich der 60-Jahres-Gedenkfeier der „Befreiung von Belarus von den deutsch-faschistischen Eroberern“ in Chatyn, die in Anwesenheit der Präsidenten von Belarus A.G. Lukaschenko, von Russland W.W. Putin und der Ukraine L.D. Kutschma begangen wurde, abgeschlossen. Im Juli 2004 wurde in der Gedenkstätte zusätzliche eine Ausstellung mit vielen fotografischen Dokumenten eröffnet, die insbesondere an Chatyn, Maly Trostenez und als weiteres Beispiel an das Konzentrationslager Osaritschi erinnern.

Die Gedenkstätte birgt viele Symbole, die drei wichtigsten sind wahrscheinlich die Erinnerungen an den einen Ort Chatyn, der Friedhof der verbrannten Dörfer und die Bäume der wiederaufgebauten Dörfer.

Sowjetunion 1941: brennendes Dorf
Die symbolischen Kamine von Chatyn

Überall in dem Gelände, wo einst die Häuser des Dorfs Chatyn standen, werden dessen Grundrisse durch im Boden eingelassene Betonbalken angedeutet. Jeweils ein symbolischer Schornstein ragt in die Luft und erinnert an die Brandruinen. Eine Glocke schlägt alle dreißig Sekunden gemeinsam mit allen anderen Glocken in den an die früheren Häuser erinnernden Kamin-Stelen. Dort sind die Zahl und das Alter der Opfer aus dem jeweiligen Haus eingetragen.

Der Friedhof der verbrannten Dörfer wirkt wie ein Gräberfeld auf einem modernen Friedhof. Gleichmäßige Grabreihen und identische Art der Beschriftung. Aber jedes der 185 Gräber steht für ein Dorf, das im Rahmen so genannter Strafoperationen zerstört wurde. Auf dem Grab gibt es eine Urne mit Heimatboden und eine Aufschrift mit dem Namen des Dorfes und dem Namen des Kreises, wo sich das Dorf befand, das nach dem Krieg verschwunden blieb.

Die Namen von 433 belorussischen Dörfern, die wie Chatyn niedergebrannt, aber nach dem Krieg wieder aufgebaut wurden, sind wie Zweige an symbolischen „Bäumen des Lebens“ verewigt. Allein im Logojskij-Kreis wurden 21 Dörfer mitsamt ihrer Bevölkerung niedergebrannt. Nach dem Krieg wurden davon 11 Dörfer wieder aufgebaut.

In einer langen Andenkenmauer wurden in Nischen Gedenkplatten mit den Namen und den Todeszahlen der Konzentrationslager und Vernichtungsstätten in Belarus angebracht. Der Weg entlang an dieser Mauer erinnert an über 260 Todeslager und Massenvernichtungsorte der deutschen SS und der Wehrmacht.

Literatur

  • Bernd Boll: Chatyn 1943. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Orte des Grauens. Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Darmstadt 2003, ISBN 3-89678-232-0, S. 19–29.
  • Bernhard Chiari: Alltag hinter der Front. Besetzung, Kollaboration und Widerstand in Weißrußland 1941–1944. Droste, Düsseldorf 1998, ISBN 3-7700-1607-6.
  • Jochen Fuchs, Janine Lüdtke, Maria Schastnaya: Stätten des Gedenkens in Belarus: Chatyn und Maly Trostinec. Teil 1: Chatyn. In: Gedenkstättenrundbrief 2007. 138, S. 3–10.
  • Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland 1941 bis 1944. Hamburger Edition, Hamburg 2000, ISBN 3-930908-63-8.
  • Hans Heinrich Nolte: Osarici 1944. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Orte des Grauens. Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Primus, Darmstadt 2003, ISBN 3-89678-232-0, S. 186–194.
  • Bogdan Musial: Sowjetische Partisanen in Weißrußland. Oldenbourg, München 2004, ISBN 3-48664-588-9.
  • N.V. Kirylava: Chatyn. Minsk 2005. ISBN 985010564X
  • Astrid Sahm: Im Banne des Krieges. Gedenkstätten und Erinnerungskultur in Belarus. In: Osteuropa. 6, 2008, S. 229–245.

Weblinks

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