- Naturerfahrungsraum
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Naturerfahrungsraum im Berliner Park am Gleisdreieck
Naturerfahrungsräume (kurz NER oder NERäume) sind Grünflächen, auf denen sich in erster Linie Heranwachsende, aber auch Erwachsene aufhalten und eigenständig Natur erleben können. Kinder können Naturerfahrungsräume selbstständig aufsuchen und haben hier Vorrang. NER sind funktional unbestimmt und daher Aktionsräume für Freiheit und Abenteuer, aber auch Rückzugsorte für Ruhe und Entspannung. Die Größe von Naturerfahrungsräumen richtet sich nach der jeweiligen Flächenverfügbarkeit, sie sollten jedoch mindestens ein Hektar (10.000 m²) groß sein.
Inhaltsverzeichnis
Konzept
Im Gegensatz zu Naturerlebnisräumen werden Naturerfahrungsräume – je nach Lage und Bedarf – möglichst wenig pädagogisch betreut. Ihr naturnaher und strukturreicher (Gebüsche, Hügel, Freiflächen) Charakter wird zwar durch ein grünpflegerisches Konzept unterstützt und entsprechend gepflegt, insgesamt jedoch soll sich hier Natur entwickeln können. Wenn Naturerfahrungsräume gestaltet werden, dann – wiederum im Gegensatz zu Naturerlebnisräumen – mit Naturmaterialien; Spielgeräte wie auf Spielplätzen sind allerdings explizit nicht vorgesehen.
Anlage
Der im Rahmen der Bauleitplanung auszuweisende NERaum lässt sich aus zwei Ausgangssituationen entwickeln: entweder aus Flächen mit naturferner Nutzung (Acker, Intensivgrünland, Rasen) oder aus einer naturnahen Brachfläche, die sonst überbaut oder einer anderen intensiven Nutzung zugeführt werden würde.
Sofern die Ausgangssituation zu monoton ist, um für das Spiel der Heranwachsenden attraktiv genug zu sein, kann auf Teilflächen mit einem einmaligen Baggereinsatz eine interessante Geländeform (Stichwort “Mondlandschaft“) geschaffen oder es kann in einer einmaligen Aktion ein Wasserbereich (Öffnung bzw. Umgestaltung eines Fließgewässers oder eines Teiches) angelegt werden. Anders als auf pädagogisch betreuten Abenteuerspielplätzen oder auf mit Verboten belegten Naturschutzflächen oder in naturfernen Spielräumen, die mit natürlichen Materialien gestaltet sind und allenfalls kleine naturbelassene Flächen aufweisen, können Heranwachsende in Naturerfahrungsräumen ungestört und eigenständig die Dynamik natürlicher Prozesse erleben und in ihre Aktivitäten einbeziehen.
Gesetzliche Regelung
Laut Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG in der am 1. März 2010 in Kraft getretenen Fassung) gehören Naturerfahrungsräume in Deutschland zu den Freiräumen im besiedelten und siedlungsnahen Bereich die „zu erhalten und dort, wo sie nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, neu zu schaffen“ sind (§ 1, Abs. 6).
Beispiele
Naturerfahrungsräume existieren beispielsweise in Oppenheim, Karlsruhe, Freiburg, Stuttgart und Berlin.
Siehe auch
Weblinks
- NUA-Bildungsprogramm 2008 der Natur- und Umweltschutz-Akademie Nordrhein-Westfalen (PDF-Datei; 1,8 MB)
- Deutschlandfunk: Per Mausklick in den Wald – Wie sich Natur-Erfahrung verändert, Beitrag ist als MP3-Datei verfügbar (ca. 23 MB)
- Arbeitskreis Naturerfahrungsräume
Literatur
- SCHEMEL, H.J./ WILKE, T. (2008): Kinder und Natur in der Stadt – Spielraum Natur: Ein Handbuch für Kommunalpolitiker, Planer sowie Eltern und Agenda-21-Initiativen. Schriftenreihe des Bundesamtes für Naturschutz BfN-Skripten 230, Bonn-Bad Godesberg. Die 272 Seiten umfassende bebilderte Broschüre ist kostenlos beim BfN erhältlich und im Internet unter www.dnl-online abrufbar.
- SCHEMEL, H.-J.: (1998): Naturerfahrungsräume. Ein humanökologischer Ansatz für naturnahe Erholung in Stadt und Land. – Angewandte Landschaftsökologie. Heft 19. Bundesamt für Naturschutz. Bonn-Bad Godesberg.
- GEBHARD, U. (2001): Kind und Natur – Die Bedeutung der Natur für die psychische Entwicklung. 2. Aufl. Wiesbaden
- REIDL, K./ SCHEMEL, H.-J./ BLINKERT, B. (2005): Naturerfahrungsräume im besiedelten Bereich. Ergebnisse eines interdisziplinären Forschungsprojekts. Nürtinger Hochschulschriften Nr. 24 (Hrsg. Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen) 283 Seiten
- SCHWARZER, A./ RENNER, H.-G.: Natürlich Bewegen – Psychomotorik in der Natur. In: Praxis der Psychomotorik, Jg. 33, H. 2, 2008
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