- Neue Wilde
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Als Neue Wilde oder Neue Heftige, werden Künstler bezeichnet, die in den frühen 1980er Jahren mit einer subjektiven, unbekümmerten und lebensbejahenden Malerei in Deutschland und Österreich an die Öffentlichkeit traten.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
Die Stilrichtung hat ihren Ursprung Anfang der 1980er in der italienischen Transavantgarde (Transavanguardia, später auch Arte Cifra bezeichnet) und etablierte sich nahezu zeitgleich in Europa und in den USA. In Frankreich wurde sie als Figuration Libre und in den englischsprachigen Ländern als New Image Painting oder Wild Style definiert. In Deutschland und Österreich fand sich zunächst der Terminus „Neoexpressionismus“, später war von „Heftiger“ oder „Wilder“ Malerei die Rede. Der medienwirksamste und schließlich geläufigste Begriff „Neue Wilde“ wurde erstmals von dem Expressionismusexperten, Kunsthistoriker und Aachener Museumsdirektor Wolfgang Becker verwendet. Becker hatte den Begriff eher kunsthistorisch abwertend gemeint und distanzierte sich später mit den Worten „er habe eigentlich etwas anderes gemeint“ von seiner Wortschöpfung.[1]
Stilistische Kennzeichen
Hauptmerkmale der Kunstrichtung sind großformatige Bilder mit betont malerischer Malweise und gezielter Formlosigkeit, schwungvollem und heftigem Pinselstrich, kräftige Farbigkeit und Farbwucht. Es entstehen expressiv abstrakte, sinnlich gegenständliche, neon-grelle, mit Graffiti-Elementen durchsetzte Bilder.
Die Bilder entspringen den individuellen Empfindungen ihrer Protagonisten und ihrem Selbstdarstellungsbedürfnis. Elementaren Themen – z.B. Angst und Sexualität – begegnen sie stilistisch spontan und obsessiv.
Ursprünge
Ausgangspunkt für die jungen Künstler war die Absicht die kargen, kopfbürstigen Stile, die die 70er Jahre beherrschten, völlig über Bord zu werfen und „unbekümmert durch einen Überfluß an Bildlichkeit, Erzählung, Materialien, Farben und freiströmenden Räumen zu ersetzen, der mehr nach Kindergarten als nach ästhetischem Laboratorium schmeckt.“[2] Sie wollten sich durch ihre Kunst und mit ihrer Kunst von den repressiven Zwängen des Intellekts der Kunst der vergangenen Dekade befreien. Ihre Werke sind ein Kommentar auf die genormten Wertmaßstäbe bürgerlicher Vorstellungen. Sie revoltierten in ihre oft dunkeltonigen Bilder gegen die wohlstandsbedingte Apathie der 1980er Jahre. In der Tradition von Dada und Fluxus arbeitete man an der Demontage des traditionellen Kunstbegriffs.
Vertreter der Neuen Wilden sind
- Berlin: Luciano Castelli, Rainer Fetting, Helmut Middendorf, Salomé, Bernd Zimmer, Elvira Bach, Anne Jud, Berthold Schepers, Rolf von Bergmann
- Dresden: A. R. Penck
- Düsseldorf: Moritz Reichelt, Albert Oehlen, Markus Oehlen, Martin Kippenberger, Werner Büttner, Horst Gläsker
- Köln: Hans Peter Adamski, Peter Bömmels, Walter Dahn, Jiří Georg Dokoupil, Leiko Ikemura, Gerard Kever, Gerhard Naschberger, Stefan Szczesny, Volker Tannert
- Karlsruhe: Bernd Erich Gall
- Bayern: Hans Geistreiter
- Österreich: Siegfried Anzinger, Erwin Bohatsch, Herbert Brandl, Gunter Damisch, Thomas Reinhold, Hubert Scheibl, Hubert Schmalix
- Schweiz: Martin Disler
Ausstellungen (Auswahl)
- Rundschau Deutschland, 1981
- Zeitgeist (Ausstellung), 1982
- Obsessive Malerei – Ein Rückblick auf die Neuen Wilden, 2003/04
Siehe auch
Literatur
- Florian Steininger: Neue Wilde: Eine Entwicklung /A Progression. Edition Sammlung Essl, 2004, ISBN 3-902001135
- Götz Adriani: Obsessive Malerei. Ein Rückblick auf die Neuen Wilden. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2003, ISBN 3-7757-9179-5
- Heinrich Klotz: Die neuen Wilden in Berlin. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1984, ISBN 3-608-76159-4
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Alfred Nemeczek: Das Bild der Kunst. Eine Bilanz zum Ende des 20. Jh., Zeitschrift art, Verlag Gruner + Jahr, Hamburg 1999, S. 45f, ISBN 3-7701-5079-1
- ↑ Robert Rosenblum: Gedanken zu den Quellen des Zeitgeistes, in: Zeitgeist. Internationale Kunstausstellung Berlin 1982, Martin-Gropius-Bau, Berlin 1981, S. 11
Kategorien:- Zeitgenössische Kunst
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