Neues Theater am Zoo

Neues Theater am Zoo

Das Neue Theater am Zoo war ein Berliner Theater, das sich von 1920 bis 1937 in der Jebensstraße 2, im ehemaligen Kaisersaal des Landwehrkasinos befand. Nach Kriegszerstörungen und Umbauten gehört der frühere Theatersaal heute zum Museum für Fotografie (Berlin) und wird zu einer Ausstellungshalle umgebaut.

Inhaltsverzeichnis

Kaisersaal als Vorläufer

DasOffizierscorps der Landwehr-Inspektion Berlin e. V.“ ließ sich 1908-09 nach Plänen von Heino Schmieden und Julius Boethke ein luxuriöses Kasino gegenüber dem Bahnhof Zoo erbauen. Am 2. September 1909 wurde es in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. eröffnet. Zu dem äußerlich schlicht gehaltenen, von innen aber prächtig eingerichteten neoklassizistischen Gebäudekomplex gehörten u. a. eine öffentliche Wirtschaft, ein kleiner Festsaal, ein Fechtsaal, Kegelbahnen und Schießstände. Das repräsentative Herzstück des Gebäudes war der sogenannte Kaisersaal, ein 665 Quadratmeter großer Festsaal mit einer Deckenhöhe von 11,40 m. DasAntik-Dorischeprägte architektonisch und künstlerisch den festlichen Raum mit seiner flachgewölbter Kassettendecke. Zeitgenössische Quellen berichten, dass der Saal auf Anregung des Kaiser Wilhelms II. „mit einer über dem Hauptgesims liegenden Röhrenlampenanlageversehen wurde.

DasNeue Theater am Zooentsteht

Die Verkleinerung der Reichswehr und ihres Offizierskorps nach dem Ersten Weltkrieg hatte auch Folgen für das Kasino: Aus wirtschaftlichen Gründen öffnete man das Haus nun auch für Zivilisten. Der zentrale Festsaal wurde zu einem Theater mit 750 Plätzen umgebaut. Uraufführungen von Operetten (z. B. Leo FallsDer liebe Augustin“, 1905, Willi KollosOlly-Polly“, 1925, oder Franz LehársFrühlingsmädel“, 1928) sowieSchauspiele, Lustspiele, Schwänke und Komödien“ (Polizeikonzession v. 1. Juli 1929) lassen sich belegen. Die Presse schrieb spöttisch von einerUnterhaltungsbühne für Höhere Töchter“. Als problematisch erwiesen sich Ende der 1920er Jahre die Veränderungen auf dem Berliner Unterhaltungssektor: DasNeue Theater am Zoolag auf der Rückseite des Bahnhofs Zoo nun eher ungünstig, in derzweiten Reihe“, und wurde nach und nach von konkurrenzstarken Kinopalästen umringt.

Museum für Fotografie (Berlin): unterhalb des Giebels, im zweiten Obergeschoss befanden sich der Kaisersaal bzw. dasNeue Theater am Zoo“/„Deutsche Volkstheater

VomNeuen Theater am ZoozumDeutschen Volkstheater

1929 pachtete Joachim von Ostau (1902-1960) dasNeue Theater am Zoovon Gustav Charlé. Ostau übernahm auch die Direktion und ließ das Theater mit finanzieller Unterstützung seines Schwiegervaters, des Textilindustriellen Dr. Hendrik van Delden, umbauen und modernisieren. Durch seine Neukonzeption, zu der auch die Namensänderung inDeutsches Volkstheater“ (31. August 1929) gehörte, wollte Ostaunach eigenen Worten – „eine volkstümliche Bühne für den bürgerlichen Mittelstand“, einzweites Schillertheateretablieren. Die Neueröffnung im September 1929 begann erfolgreich und wurde u. a. durch Gerhart Hauptmann unterstützt. Junge Absolventen der Schauspielschule des Deutschen Theaters, wie O. E. Hasse (1903-1978), gehörten zu Ostaus Ensemble, aber auch bekannte Schauspieler wie Eugen Klöpfer (1886-1950). Auch die vielbeachtete Uraufführung von Alfred H. Ungers preisgekröntem ZeitstückMenschen wie du und ichmachten das kleine Privattheater bekannt. Die im Oktober 1929 beginnende Weltwirtschaftskrise sowie Betrügereien von Geschäftspartnern trugen zum wirtschaftlichen Scheitern Ostaus bei, der 1930 innerhalb des Max Reinhardt-Konzerns dasBerliner Theaterübernahm. Charlé führte dasNeue Theater am Zoowieder selbst, wobei er sich nun ganz auf Gastspiele beschränkte. 1937 endete die Ära desNeuen Theaters am Zoo“. Ein neuerlicher Umbau machte aus dem Theater wiederum einen Festsaal.

Neue Nutzung als Ausstellungshalle

Nach schweren Kriegszerstörungen zog 1954 zog die Kunstbibliothek in das Gebäude ein, später auch die Galerie des XX. Jahrhunderts, die Vorläuferorganisation der Neuen Nationalgalerie, außerdem die Berlinische Galerie. Seit 2004 sind im Gebäude Jebensstr. 2 das Museum für Fotografie und die Helmut-Newton-Stiftung untergebracht sind. Derruinöseehemalige Kaisersaal soll bis 2009 zu einer zeitgemäßen Ausstellungshalle für die Präsentation kostbarer Fotografien umgebaut werden.

Literatur

  • Das Offizier-Versammlungshaus in Berlin. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, 29. Januar 1910, S. 57-62.
  • Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin: Stadt und Bezirk Charlottenburg. Berlin 1961, S. 274.
  • Goetz, Oscar (Hg.): Deutscher Theaterdienst. Aktuelle Feuilleton-Korrespondenz. Berlin (3. Jg., Nr. 90, 28. November 1930).
  • Hagemann, Alfred: Das Ehepaar von Ostau und seine Impulse für das Kulturleben (1924-1951). In: Alfred Hagemann, Elmar Hoff (Hg.): Insel der Träume. Musik in Gronau und Enschede (1895-2005). Essen 2006, S. 169-193.
  • Hasse, Otto Eduard [OE]: Unvollendete Memoiren. München 1999, S. 28, 44f.
  • Jhering, Herbert: Theater in der City. In: ders. Von Reinhardt bis Brecht. Vier Jahrzehnte Theater und Filme. Bd. II (1924-1929), Berlin 1961, S. 355.
  • Jhering, Herbert: Volkes Not? In: ders. Von Reinhardt bis Brecht. Vier Jahrzehnte Theater und Filme. Bd. III (1930-1932), Berlin 1961, S. 146.

Weblinks

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