- Neugeborenenscreening
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Unter Neugeborenenscreening versteht man ein in der Regel national konzipiertes Programm zur Reihenuntersuchung auf solche angeborenen Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen im Neugeborenenalter, bei denen eine Behandlung möglich ist und Folgeschäden durch den Beginn der Behandlung vor Einsetzen der Krankheitserscheinungen vermieden werden können [1].Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Ziel und Voraussetzungen von Screeninguntersuchungen sind im Artikel Screening beschrieben. In Deutschland bildet eine Leitlinie der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, die von einer gemeinsamen ständigen Kommission aus pädiatrischen und geburtshilflichen Fachgesellschaften erarbeitet wurde, die Grundlage für die inhaltliche und organisatorische Durchführung des Neugeborenenscreenings auf Stoffwechelstörungen.
Methode
Die Probe wird in der Regel am zweiten Lebenstag entnommen, jedoch nur ausnahmsweise im Alter von weniger als 36 Stunden. Durch eine Fersenblutentnahme wird eine mit den Patienten-Daten beschriftete Filterpapierkarte in vorgegebenen Feldern vollständig und gleichmäßig mit Blut durchtränkt. Die Karte wird anschließend mindestens eine Stunde bei Zimmertemperatur getrocknet, darf dafür aber keinesfalls erhitzt werden. Am selben Tag wird sie in das Screening-Labor versandt. Sammeln von Proben über mehrere Tage ist nicht zulässig. Neben konventionellen Testmethoden (Bestimmung von Enzymaktivität, colorimetrisch, immunologisch) wird die Blutprobe heutzutage auch mittels der Tandem-Massenspektrometrie analysiert.
Umfang der Tests in Deutschland
Nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“) werden Untersuchungen zur Früherkennung folgender Erkrankungen empfohlen:[2]
- Störungen des Aminosäurestoffwechsels (Phenylketonurie (PKU) und Hyperphenylalaninämie (HPA) Ahornsiruperkrankung (MSUD))
- Störungen des Stoffwechsel der organischen Säuren (Glutarazidurie Typ I (GA I), Isovalerianacidämie (IVA))
- Defekte der Fettsäureverbrennung und des Carnitinzyklus
- Konnatale Hypothyreose (angeborene Schilddrüsenunterfunktion)
- Biotinidasemangel
- Klassische Galaktosämie
- klassisches Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Umfang der Tests in Österreich
- Adrenogenitales Syndrom
- Ahornsiruperkrankung
- Biotinidasemangel
- Carnitinstoffwechselddefekte
- Galaktosämie
- Glutaracidurie Typ I
- Hypothyreose
- Isovalerianacidämie
- LCHAD-, VLCAD Mangel
- MCAD Mangel
- Phenylketonurie
- Cystische Fibrose[3]
Umfang der Tests in der Schweiz
- Phenylketonurie
- Galactosämie
- Biotinidasemangel
- MCADD
- Kongenitaler Hypothyroidismus
- Kongenitales Adrenogenitales Syndrom
- Cystische Fibrose[4]
Geschichte
Die Geschichte des Neugeborenenscreenings ist eng mit Robert Guthrie verbunden, der 1962 einen einfach durchzuführenden Test bei Neugeborene auf Phenylketonurie entwickelte.[5] Zuvor hatte Horst Bickel 1953 beweisen können, das eine frühzeitige Behandlung dieser Krankheit die schweren Folgen verhindern können. Mitte der 1960er Jahre führte der Staat Massachusetts das erste Neugeborenenscreening-Programm ein.[6] In Deutschland wurde 1969/1970 das flächendeckende Screening auf Phenylketonurie eingeführt, im Laufe der Jahre kamen weitere Krankheiten dazu und wurden teilweise wieder verworfen. 1997 empfahl die Ständige Screeningkommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin ein Screening auf 5 Krankheiten. Durch neue Untersuchungsmethoden, wurde das Spektrum der zu screenenden Krankheiten im November 2002 wesentlich erweitert.[7]
Weblinks
- Leitlinie der GNPI
- Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Stoffwechselstörungen
- Deutsche Gesellschaft für Neugeborenenscreening
- Harms, Erik; Olgemöller, Bernhard: Neugeborenenscreening auf Stoffwechselerkrankungen und Endokrinopathien. In: Dtsch Arztebl Int. Nr. 108(1-2), 2011, S. 11-22 (Artikel).
Einzelnachweise
- ↑ Deutsche Gesellschaft für Neugeborenenscreening
- ↑ Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“)
- ↑ Österreichisches Programm zur Früherfassung von angeborenen Stoffwechselerkrankungen (Abgerufen am 6. August 2011)
- ↑ [www.saez.ch/pdf_d/2011/2011-01/2011-01-977.PDF Neugeborenen-Screening auf Cystische Fibrose - am 1. Januar 2011 auch in der Schweiz] (Abgefufen am 6. August 2011)
- ↑ Jason Gonzales, Monte S. Willis: Robert Guthrie, MD, PhD erschienen in LabMedicine online abrufbar (Abgerufen am 6. August 2011)
- ↑ Kristin Gatrell Bryant et al.: History of Newborn Screening in Medscape today online abrufbar (Abgerufen am 6. August 2011)
- ↑ Universität Heidelberg: Fachinfromation Neugeborenenscreening. (PDF) (Abgerufen am 6. August 2011)
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