- Neugeborenenhörscreening
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Das Neugeborenenhörscreening (NGHS) ist Teil des Neugeborenen-Screenings und umfasst die Untersuchung auf angeborene Hörstörungen bei Neugeborenen in einem Siebtest. Ziel dieser Screeninguntersuchungen ist es, möglichst alle Neugeborenen zu untersuchen.
Essentielle Bestandteile des NGHS sind
- die Untersuchungen selbst,
- das Erfassen und Nachverfolgen auffälliger Testergebnisse (sog. Tracking) durch Screeningzentralen
- Zuführung zu einer fachgerechten Konfirmationsdiagnostik
- gegebenenfalls die Versorgung schwerhöriger Kinder mit Hörgeräten sowie Einleitung der (Re-)Habilitation.
Die Durchführung der Untersuchung ist so einfach, dass sie auch von nichtärztlichem Personal (z. B. auf der Neugeborenenstation) durchgeführt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
In Deutschland gab es bis 2009 nur vereinzelt in einigen Regionen ein organisiertes NGHS. 2004 wurde ein interdisziplinäres Statement zum NGHS in Deutschland verabschiedet [1]. Vorreiter in der Ausführung war das Land Hessen, in dem 2006 ein flächendeckendes, strukturiertes NGHS über eine Screening-Identifikationsnummer eingeführt wurde [2]. Später kamen Teile von Bayern, Hamburg, Schleswig-Holstein und NRW in eigenen Projekten hinzu. In vielen Ländern wird das NGHS schon längere Zeit durchgeführt, so z.B. in Österreich, Belgien, Dänemark, Kuba, den USA. In weltweit 46 Staaten ist das NGHS gesetzlich verankert. Bis zum 1. Januar 2009 war das Hörscreening in Deutschland eine meist freiwillige Leistung z. B. der Entbindungskrankenhäuser, die entweder als kostenloser Service angeboten wurde oder über die GOÄ als individuelle Gesundheitsleistung abgerechnet bzw. in einigen Regionen durch Sponsoring ermöglicht wurde. Nach Änderung der Kinderrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) am 19. Juni 2008 [3] ist die Untersuchung seit 1. Januar 2009 bundesweit eine Regelleistung für die gesetzlich Krankenversicherten. Bisher wurde für den stationären Bereich keine verbindliche Vergütungsvereinbarung mit den gesetzlichen Krankenkassen erzielt, für den ambulanten Sektor erfolgt eine regelhafte Vergütung erst seit dem 1. Oktober 2010 durch Einführung von Abrechnungsziffern im EBM.
Häufigkeit von angeborenen Hörstörungen
Die Prävalenz beträgt bei reifen Neugeborenen 2-3:1000, in Risikogruppen (z. B. Frühgeborene, bei bestimmten Erkrankungen oder Problemen während der Schwangerschaft, der Geburt bzw. der Perinatalperiode) ca. 10 mal höher (20-30:1000).
Das mittlere Lebensalter bei Erkennung einer angeborenen Schwerhörigkeit betrug nach einer Untersuchung 2005 in Hessen ohne vorheriges NGHS 39 Monate, mit NGHS 3 Monate.
Methoden
Es gibt zwei international anerkannte Methoden, dieses Screening bei Neugeborenen durchzuführen:
- Otoakustische Emissionen (OAE)
- frühe akustisch evozierte Potenziale (BERA, AEP)
Vor- und Nachteile der beiden Methoden sind in der medizinischen Literatur vielfach beschrieben, besonders hinsichtlich medizinischer, methodischer und ökonomischer Aspekte, hier kurz zusammengefasst:
- OAE: die Messung ist relativ schnell durchführbar, bei lauteren Umgebungsgeräuschen problematisch, sie erfasst nur einen Teil der möglichen Schwerhörigkeitsformen (nur einen häufigen Typ der cochleären Schwerhörigkeit), Mittelohrprobleme können ein auffälliges Ergebnis auslösen, somit eine Innenohrschwerhörigkeit vortäuschen oder verschleiern.
- BERA als AABR (automatisierte Form der BERA) mit etwas größerem Materialverbrauch und etwas längerer Messdauer. Hiermit werden alle peripheren Schwerhörigkeitsformen und zusätzlich neurale Schwerhörigkeiten erfasst; bei der AABR besteht ebenfalls die Gefahr, bei Mittelohrproblemen unzutreffende Ergebnisse zu erhalten.
Als Hörschwellengrenze ist, wie international üblich, ein Grenzwert von 35 dB(HL) festgelegt, jeder höhere Wert gilt als auffällig und muss weiter geklärt werden. In Deutschland muss immer beidohrig gemessen werden.
In dem Beschluss des G-BA zur Kinderrichtlinie ist festgelegt, unter wessen Verantwortung, innerhalb welcher Fristen, durch welche Methoden die Untersuchungen durchgeführt werden müssen. Vorgabe ist, dass 95 % aller Neugeborenen untersucht werden, dabei dürfen maximal 4 % primär auffällig sein. Der die Früherkennungsuntersuchung "U3" durchführende Arzt hat die Aufgabe, zu kontrollieren, ob eine Untersuchung stattgefunden hat und diese dann gegebenenfalls sofort einzuleiten. Hintergrund dieser Vorgaben ist das Ziel, schwerhörige Neugeborene frühzeitig zu erfassen und dann ebenfalls frühzeitig mit Hörgeräten zu versorgen, damit die Entwicklung, insbesondere die Sprachentwicklung möglichst normal verlaufen kann [4].
Zur Konfirmationsdiagnostik zugelassen sind laut G-BA-Beschluss nur Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie und pädaudiologisch versierte HNO-Ärzte. Die wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Berufsverbände der beiden beteiligten Fachgruppen in Deutschland haben ein zweistufiges Nachsorgekonzept entwickelt. Durch ein Netz an Diagnostikstellen wird zunächst möglichst schnell und wohnortnah in der ersten Stufe der Diagnostik (FU-1) nach nicht erfolgreicher Erstuntersuchung entweder eine Hörstörung ausgeschlossen, oder – bei weiterhin auffälligen Ergebnissen – der Patient an eine FU-2-Stelle weitergeleitet, die dann mit entsprechender Geräteaustattung und Fachkompetenz die Weiterbetreuung einschließlich der Hörgeräteversorgung übernehmen kann. Es wurden dazu für die einzelnen Diagnostikstufen (FU-1 und FU-2) verbindliche Kompetenz- und Ausstattungsstandards festgelegt.[5]
Einzelnachweise
- ↑ Interdisziplinäre Konsensus-Konferenz für das Neugeborenen-Hörscreening in: HNO 2004 Nov; 52(11):1020-7. PMID 15492906
- ↑ Vorstellung des Pilotprojektes
- ↑ Beschlusstext des G-BA
- ↑ Konsensuspapier der DGPP (PDF 124kB)
- ↑ Infoseite mit Details zu FU-Qualifikationen, Karte von FU-Stellen
Quellen
- Neumann K. et al.: Effectiveness and Efficiency of a Universal Newborn Hearing Screening in Germany. Folia Phoniatrica et Logopaedica 2006; 58(6): 440-455
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