Niederflurwagen (Schmalspur)

Niederflurwagen (Schmalspur)
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Niederflurwagen sind Eisenbahnwagen, deren Wagenboden so tief liegt, dass ein praktisch ebenerdiger Einstieg möglich ist. Für die Schweizer Schmalspurbahnen ist die Perronhöhe heute auf 35–37 cm genormt, sodass der Wagenboden von Niederflurwagen auf 35–42 cm über SOK liegen kann. Der Artikel gibt eine Übersicht über die bisher gebauten Fahrzeugtypen.

Inhaltsverzeichnis

Stadler Kofferkuliwagen

Die Brig-Visp-Zermatt-Bahn (BVZ) hatte 1972 einen Pendelverkehr Täsch–Zermatt aufgenommen, der ab 1975 mit Pendelzügen abgewickelt wurde. Die Zielgruppe für diesen Verkehr, Autofahrer, die wegen des Fahrverbots auf der Strasse Täsch–Zermatt nicht bis an ihr Endziel fahren können, hat andere Vorstellungen und Methoden zum Transport der für die Ferien notwendigen Gegenstände als Bahnfahrer. Auf der Suche nach Lösungen, um diesbezüglich konkurrenzfähig zu bleiben, wurden ab Dezember 1983 Schiebewandwagen in den Pendelzügen mitgeführt, die über eine Rampe den direkten Einlad von Kofferkulis erlaubten. Nicht ganz glücklich war diese Lösung bezüglich Tüschliessung. Deshalb entwickelte die BVZ zusammen mit Stadler einen Kofferkuliwagen, dessen Mittelteil so weit abgesenkt war, damit vom Perron her durch breite Türen in diesen Niederflurteil eingefahren werden konnte. Die Sitzplätze über den Drehgestellen waren gegen die Zugsmitte gerichtet, sodass jeder Fahrgast sein Gepäck überwachen konnte.

Die Wagen sind in Stahl/Aluminium-Mischbauweise aufgebaut und laufen auf modernisierten SWS-Drehgestellen von Holzkastenwagen. Bis 1990 wurden insgesamt 6 Wagen, die Hälfte davon Steuerwagen, gebaut (2231–2233, 2235–2237).


Stadler Niederflursteuerwagen

RhB BDt 1751 an der Spitze eines Regionalzuges Scuol - Pontresina

Für das neue Betriebskonzept der Rhätischen Bahn nach Eröffnung des Vereinatunnels wurde vorgesehen, Pendelzugumläufe Landquart – Scuol – Pontresina einzuführen. Da der Steuerwagen ohnehin neu zu beschaffen war (als Zwischenwagen kommen EW I zum Einsatz), sollte er einen Niederflureinstieg erhalten, hingegen wurde auf eine Toilette verzichtet. Der Wagen hat viele Konstruktionselemente gemeinsam mit den Bernina-Express Panoramawagen. Acht Fahrzeuge (BDt 1751–1758) wurden 1999 in Betrieb genommen, eines davon hat die Druckluft-Bremsausrüstung erhalten, um als Reserve-Steuerwagen des Vereina-Autoverlads zu dienen.

Um alle Grundkompositionen mit Niederflureinstieg anbieten zu können, hat die TRAVYS für die Strecke Yverdon–Ste-Croix bei Stadler einen Steuerwagen Bt 55[1] zu den Be 4/4 1–2 beschafft (2007). Er entspricht im Prinzip einem Endteil des GTW, ist aber länger - und hat natürlich zwei Drehgestelle.

Die 1978–1979 in Betrieb genommenen 12 Be 4/4 15–27 (ohne 18) der WSB verkehren heute mit Steuerwagen aus den Jahren 1965–1966. Um diese zu ersetzen und damit in allen Zügen ein Niederflureinstieg angeboten werden kann, wurden bei Stadler 10 ABt bestellt. Genauere Angaben zur Konstruktion sind derzeit (Juni 2007) noch nicht bekannt.


RJ Niederflursteuerwagen

MOB ABt 343-Be 4/4 5003-Bt 243
AB ABt 122 in St. Gallen

Die Montreux–Berner Oberland-Bahn (MOB) wollte ihre Regionalverkehrspendelzüge von 1976/79 modernisieren, indem der Triebwagen ohne Führerstand in die Zugsmitte gesetzt wird und beidseitig ein Niederflursteuerwagen gekuppelt wird. Die Wahl für den Bau des Wagenkastens fiel auf RJ Bahntechnik, dieser wird auf bestehende oder selbst nachgebaute SIG-Drehgestelle gesetzt. Die Appenzeller Bahnen (AB) schloss sich der Bestellung mit drei verkürzten Wagen für ihre Zahnradstrecke St. Gallen – Gais – Appenzell an. In Betrieb genommen wurden

  • 2004 2 MOB-Wagen Bt 243 und ABt 343 für den Be 4/4 5003
  • 2004 3 AB-Wagen ABt 121–123
  • 2006 2 MOB-Wagen Bt 244 und ABt 344 für den Be 4/4 5004

Am 27. März 2006 wurde über RJ Bahntechnik der Konkurs eröffnet und am 12. Februar 2007 wurde das Unternehmen aus dem Handelsregister gelöscht. Am 10. Mai 2006 wurde am gleichen Domizil die Firma Raility AG gegründet. Diese setzt die Geschäftstätigkeit von RJ Bahntechnik fort. Der Be 4/4 5002 ist im Umbau und ein erster Wagenkasten vom neuen Hersteller ist in Chernex eingetroffen.

Nach dem Konkurs von RJ Bahntechnik verzichtete die AB darauf, einen weiteren Steuerwagen zu bestellen. Hingegen hatte die MOB 8 Niederflurwagen ausgeschrieben und dieser Auftrag ging an Raility, die auch die noch ausstehenden 4 Steuerwagen produziert. Somit werden am Schluss 19 Wagen dieser Bauform vorhanden sein.

Stadler Niederflurgelenksteuerwagen

BOB ABt8 421 im Wintersaison-Einsatz mit älterem Rollmaterial
Während der unwetterbedingten Sperre der Strecke nach Grindelwald wurden die Gelenksteuerwagen paarweise auf der Linie nach Lauterbrunnen eingesetzt.
Zentralbahn ABt8 941 vor SPATZ ABe 130 007 in Stansstad kurz nach Ablieferung

Konstruktiv auf GTW und SPATZ basierend, baute Stadler auch 8 Gelenksteuerwagen für die Berner Oberland-Bahn (ABt8 421–425) und die Zentralbahn (ABt8 941–943). Obwohl konstruktiv sehr ähnlich, unterscheiden sich die Fahrzeuge optisch sehr stark. Ein Grund sind die schmalen runden Führerstände, welche auch bei den SPATZen zum Einbau kamen. Weiter liess die zb auch im Niederflurteil Fenster bis zur Dachkante hinauf einbauen und baute eine Klimaanlage ein.

Stadler Zwischenwagen

...

Der Regionalverkehr Bern-Solothurn beschaffte zu den bestehenden 21 Triebzügen Mandarinili 16 Zwischenwagen, die 2001–2002 geliefert wurden. Betrieblich sind dies keine Wagen sondern Teil eines Triebzuges. Aber ihre Baugeschichte, ihre interne Bezeichnung als B 41–56 und die konstruktiven Merkmale widersprechen dem, weshalb sie hier der Vollständigkeit halber erwähnt werden.

Umbauten

MVR Bt 224 vor Beh 2/4 71 und 72 in Blonay
MVR Bt 224 in der Bergstation Pléiades

Die Transports Montreux-Vevey-Riviera liessen die Überreste des ausgebrannten Bt 224 der Linie Vevey – Les Pléiades bei RJ Bahntechnik zu einem Niederflursteuerwagen (um-)bauen. Gleichzeitig wurde der Wagenkasten des BDeh 2/4 71 angepasst und der vordere Führerstand ausgebaut. Ein Faltenbalg sichert den Übergang zwischen den Fahrzeugen.

Tram-Niederflurwagen

Der umgebaute B 1463 mit Tiefeinstieg in der Mitte

Bei den Strassenbahnen geht der Trend immer stärker hin zu – selbstverständlich niederflurigen – Gelenktriebwagen. Nur noch wenige Betriebe verwenden nicht motorisierte Anhängewagen (Beiwagen). In Basel wurden noch 1986–1987 die vierachsigen Motorwagen (Triebwagen) 477–502 beschafft. Währenddessen die 1990–1991 beschafften ähnlichen Gelenkwagen 659–686 acht Jahre später mit einem Niederflurmittelteil ergänzt wurden, wurden für die Vierachser ab 1997 ältere Vierachsanhänger (von 1967–1972) umgebaut. Sie erhielten in der Mitte einen Niederflureinstieg, zudem eine Klimaanlage.

  • 1997: 1492
  • 1998: 1476, 1477, 1481, 1485, 1491, 1496
  • 1999: 1479, 1480, 1484, 1487, 1488, 1489, 1490, 1493, 1497, 1502, 1503, 1505
  • 2000: 1456, 1466, 1470, 1472, 1473, 1475, 1486, 1494, 1495, 1501
  • 2001: 1444, 1470, 1486
  • 2002: 1449
  • 2003: 1463, 1464
  • 2004: 1506


Literatur und Links

  • Tribolet Hans: Neuartige Mehrzweckwagen für den Vorortsverkehr Täsch-Zermatt der Brig-Visp-Zermatt-Bahn. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 5/1986. Minirex, Luzern 1986, Seite 175–179.

Referenzen

  1. Steckbrief Bt 55 auf der Travys-Website

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