Nienover

Nienover
Nienover
Flecken Bodenfelde
Wappen der ehemaligen Gemeinde Nienover
Koordinaten: 51° 41′ N, 9° 31′ O51.6805555555569.5216666666667175Koordinaten: 51° 40′ 50″ N, 9° 31′ 18″ O
Höhe: 175–210 m ü. NN
Einwohner: 353 (1. Aug. 2009)[1]
Eingemeindung: 1. März 1974
Postleitzahl: 37194
Vorwahl: 05572

Nienover ist eine Ortschaft des Fleckens Bodenfelde in Südniedersachsen und besteht aus den Ortslagen Nienover, Amelith und Polier.[2]

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Die Ortslage Nienover, bestehend aus Wohnhäusern, einer Domäne, einer Wassermühle und dem Mittelalterzentrum, hat 42 Einwohner[1] und befindet sich im Südteil des Sollings rund fünf Kilometer (Luftlinie) nord-nordwestlich des Kernorts Bodenfelde, ca. 3 km westlich der B 497. Sie liegt auf etwa 175 bis 210 m ü. NN im Tal des Reiherbachs, der aus zwei namensgleichen Quellbächen entsteht. Umgeben ist Nienover von waldreichen Höhen, deren höchste der nördlich gelegene Berg Alte Schmacht (447,5 m über NN) ist.

Politik

Jagdschloss Nienover von Süd-Ost

Ortsbürgermeister ist Dieter Heise.

Das Ortswappen rührt her aus der Zeit als Nienover eine eigenständige Gemeinde war und wie heute aus den drei Ortslagen Nienover, Amelith und Polier bestand,[3] symbolisiert durch die drei Kugeln. Die obere Wappenhälfte erinnert an die Grafen von Dassel, die für den ersten Ausbau des Ortes im Mittelalter sorgten.

Geschichte

Historisch interessant sind das Schloss und die Stadtwüstung Nienover. Die erste urkundliche Erwähnung von Nienuverre bezieht sich auf die romanische Burganlage.

Unterhalb des Schlosses stehen als Reste eines Vorwerks die herrschaftliche Mühle, die besichtigt werden kann, der ehemalige Amtskrug und eine Zehntscheune. Am gegenüberliegenden Hang steht das „Wildenhaus“, ein Bau des 18. Jahrhunderts, der an das herzogliche Gestüt erinnert, das sich vom 16. bis zum 18. Jahrhundert in Nienover befand.

Schloss

Nienover um 1215
Nienover in einem Merian-Stich um 1654

1144 wurde die Burg Nienover erstmals im Allodienverzeichnis des Grafen Siegfried von Northeim erwähnt. Später kam es an die Grafen von Dassel, die um 1200 ihren Hauptsitz dorthin verlegten. Aus dieser Zeit hat sich ein Mauerrest mit einem Fenster erhalten, außerdem der fast 30 m tiefe Burgbrunnen und Teile der Umfassungsmauer. 1303 wurde die Burg an Albrecht II. verkauft. Danach machten die Herzöge von Braunschweig von hier Jagdausflüge in den Solling. So benutzte Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel das Schloss regelmäßig als Jagdresidenz. Herzogin Elisabeth von Calenberg-Göttingen benutzte es Wohn- und ab 1540 als Witwensitz. Die Burg wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und an ihrer Stelle wurde zwischen 1641 und 1656 das heutige Schloss mit Fachwerkobergeschoss und Sandsteindach errichtet. Auf der Südseite befindet sich auf drei Ebenen eine Terrassenanlage aus der Zeit um 1690. Sie diente als Nutzgarten für Obst und Gemüse, wobei die wärmespeichernden Trockenmauern dem rauhen Klima des Sollings entgegen wirkten.

Bis 1962 war das Schloss Dienstsitz eines Forstmeisters. Bereits in dieser Zeit versuchte das Land Niedersachsen das Schloss zu verkaufen. Im Schloss Nienover war von 1984 bis 2005 eine Außenstelle der Forstlichen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen untergebracht. Im November 2005 wurde das Schloss vom Land Niedersachsen in private Hand verkauft und ist seither Sitz eines Reitgestüts.

Die Anfänge der erfolgreichen Pferdezucht im Solling gehen bereits auf Erich und Elisabeth von Calenberg-Göttingen zurück. Das Hauptgebäude des damaligen Gestütes stand dort, wo heute das im 18. Jh errichtete Wildenhaus am Hang ostwärts des Schlosses steht. 1760 wurde das Gestüt nach Neuhaus im Solling verlegt.

Stadtwüstung

Rekonstruiertes, mittelalterliches Fachwerkhaus der Stadtwüstung Nienover

Auf dem Gelände vor dem Schloss gründeten die Grafen von Dassel um 1180 eine umwallte Siedlung, die schon um 1270 zerstört wurde. Seit 1996 wurde die Anlage unter Leitung von Hans-Georg Stephan archäologisch untersucht, die seit ihrem Wüstfallen als Acker- und Weidefläche genutzt wurde.

Im Erdboden haben sich der Stadtwall, Keller, Reste der Straßen des Dreistraßensystems und andere Zeugnisse der mittelalterlichen Besiedlung von Nienover erhalten. Die Anlage ist ein seltenes Beispiel einer Stadtwüstung und damit ein archäologisches Bodendenkmal von international wissenschaftlichem und überregional touristischem Interesse. Über einem ergrabenen Keller ist auf wissenschaftlicher Grundlage ein mittelalterliches Fachwerkhaus von einem Bauhistoriker rekonstruiert worden. In den Sommermonaten finden hier Living History-Veranstaltungen statt.

Zwischen 1996 und 2004 fanden in Nienover Lehrgrabungen des Seminars für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen statt (seit Januar 2005 der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Prähistorische Archäologie). Weitere Ausgrabungen im Solling erfolgten in der Wüstung Winnefeld, an der Wüstungskirche Schmessen und am Lakenteich.

Gefördert wurden die Grabungsprojekte Winnefeld und Schmeessen unter anderem vom Verein „Kultur-Naturhistorischer Dreiländerbund Weserbergland e. V.“ und dem Landkreis Holzminden.

Amt

Amtsmühle: Generatorantrieb und Transmissonen
Walzenstühle in der Amtsmühle 1982

Zeitweise gab es auch das Amt Nienover.[4] Zu dem im Fürstentum Calenberg gelegenen Amt gehörten neben dem Amtssitz die Orte Bodenfelde, Wahmbeck, Schönhagen und Kammerborn. Benachbart waren im Nordwesten das Amt Fürstenberg, im Osten das Amt Uslar, im Südosten das Amt Sababurg, im Südwesten das Amt Karlshafen und im Westen das Amt Lauenförde. Letzteres wurde schließlich mit dem Amt Nienover zum Amt Nienover-Lauenförde zusammengelegt, das 1852 mit dem Amt Uslar, Vorläufer des Kreises Uslar, vereingigt wurde. Unter westphälischer Besatzung gehörte es als Kanton zum Distrikt Göttingen, danach zur Landdrostei Hildesheim.

Persönlichkeiten

hier gewirkt

hier geboren

Literatur

  • Erich Weise: Geschichte von Schloss Nienover im Solling. Lax, Hildesheim 1989. ISBN 3784836577
  • Hannes Blieschies. In den Sollingwäldern. Heimatkundliche Streifzüge. Mitzkat, Holzminden 2007. S.235–247 (2 historische Ansichten)
  • Petra Widmer. Gärten im Weserbergland. Eine Reise zu Parks und Gärten entlang der Weser. Mitzkat, Holzminden 2004. S.85

Einzelnachweise

  1. a b Flecken Bodenfelde: Zahlen, Daten, Fakten. Abgerufen am 23. März 2011.
  2. Hauptsatzung des Fleckens Bodenfelde vom 18. Februar 2002 (PDF). Abgerufen am 23. März 2011.
  3. Flecken Bodenfelde: Ortschaften. Abgerufen am 23. März 2011.
  4. Anton Friedrich Büsching: Erdbeschreibung, Neunter Theil, 1792, S. 297

Weblinks


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