Nordmende

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Nordmende war ein Hersteller von Unterhaltungselektronik mit Sitz in Bremen.

Inhaltsverzeichnis

Die Anfänge in Dresden

1923 gründete Otto Hermann Mende (1885–1940) in Dresden die Radio H. Mende & Co. In den 30er Jahren stieg Mende zu einem der größten deutschen Rundfunkgerätefabrikanten auf. Nach 1945 wurde das Dresdner Werk demontiert und da sich die DDR gegen die Verwendung des Firmennamens Mende zur Wehr setzte, wurde in Westdeutschland ab 1945 der Name Nordmende verwendet. Martin Mende gründete daher 1947 in Bremen unter dem Namen Norddeutsche Mende-Rundfunk GmbH eine neue Firma, die in den ehemaligen Hallen der Focke-Wulf-Flugzeugwerke an der Diedrich-Wilkens-Straße (Bremen-Hemelingen) ihre Tätigkeit aufnahm. Nordmende war in der Nachkriegszeit einer der führenden deutschen Hersteller von Radios, Fernsehern, Tonbandgeräten und Plattenspielern.

Die 1970er Jahre

1969 übernahmen Mendes Söhne die Firma. In den 70er Jahren wurden Nordmende Fernseher wegen ihrer innovativen Chassis bekannt, die stark modular und im Bereich der Signalverarbeitung netzgetrennt aufgebaut waren, sowie wegen einer aufwendigen Endkontrolle der ausgelieferten Geräte. Beides verursachte jedoch hohe Kosten, die sich auf dem einem deutlichen Preisverfall ausgesetzten Farbfernsehgerätemarkt bald als Wettbewerbsnachteil erwiesen.

Neben Farbfernsehgeräten (Produktbezeichnung Spectra Color) für den Massenmarkt, die über ein Holzdekorgehäuse verfügten, baute Nordmende designorientierte Fernseher im Monitorlook, deren Kunststoffgehäuse in einem aufwendigen Kunststoffblasverfahren hergestellt wurden. Die Geräte wurden in vielen Metallic-Lackierungen angeboten.

Spitzenmodelle waren zwei Geräte mit integriertem Standfuß:

  • ein Stereo-Monitorgerät mit einem Basslautsprecher im Standfuß und zwei Stereolautsprecherboxen, die an das Gehäuse angebracht waren und vor den Bildschirm geklappt werden konnten. Wegen der großen „Ohren“ (Lautsprecherboxen) wurde der Fernseher werksintern auch „Prince Charles“ genannt.
  • ein weiteres, nur in Mono erhältliches Gerät, bei dem unter dem 66 cm Hauptbildschirm drei 7-Zoll-Bildschirme in Schwarzweiß die parallele Darstellung mehrerer unterschiedlicher Signale ermöglichten.

1977/78: Verkauf an Thomson-Brandt

1977 wurden Anteile der Firma an den französischen Thomson-Brandt-Konzern verkauft. Ein Jahr später veräußerte die Familie auch ihren verbliebenen Anteil an Thomson-Brandt.

Nordmende war stets in zwei Gesellschaften getrennt. Die eine war die Produktionsgesellschaft – Norddeutsche Mende Rundfunk KG – und die andere die Vertriebsgesellschaft – Nordmende Vertriebs GmbH & Co. oHG.

Während der Beherrschung durch Thomson änderte die Produktionsgesellschaft mehrfach ihren Namen: Norddeutsche AG für Unterhaltungselektronik & Co. oHG (NAGFU), später Deutsche AG für Unterhaltungselektronik & Co. oHG (DAGFU). Die DAGFU wurde zur Holding der deutschen Thomson-Gesellschaften.

Die Produktion ging auf die Deutschen Elektronik-Werke GmbH (DEWEK) über, die aus der Süddeutschen Elektronikwerke GmbH (SEWEK), der ehemaligen SABA-Produktionsgesellschaft, entstanden ist. Ende der 1980er Jahre wurde die DEWEK mit der Norddeutschen Elektronikwerke GmbH (NEWEK) ,der Telefunken-Produktionsgesellschaft, zur Elektronik-Werke Deutschland GmbH (EWD) fusioniert. Die EWD firmierte später als Thomson Television Germany GmbH (TTG).

Die Vertriebsgesellschaft (oHG) wurde Mitte der 1980er Jahre aufgelöst. Der Vertrieb in Deutschland wurde von der namensgebenden Nordmende Vertriebs GmbH fortgeführt, die sich in Nordmende GmbH umbenannte. Die Nordmende GmbH wurde Mitte der 1990er Jahre zusammen mit der Telefunken GmbH, der SABA GmbH, der TTG und anderen Gesellschaften zur Thomson Multimedia Sales GmbH verschmolzen.

Die andere, an der Nordmende Vertriebs GmbH & Co. oHG beteiligte Gesellschaft, die Nordmende Verkaufs GmbH, firmierte in Nordmende International GmbH um und hielt unter dem Dach der European Consumer Electronics GmbH (ECE) die Markenrechte an Nordmende für das Export-Geschäft, während das Export-Geschäft an sich von der ECE wahrgenommen wurde. Die Nordmende International GmbH wurde Mitte der 1990er Jahre an die Thomson Consumer Electronics S.A. in Paris verkauft, firmierte in Thomson Consumer Electronics GmbH um, erwarb einen Anteil an der DAGFU wodurch die DAGFU in Thomson Consumer Electronics GmbH & Co. oHG umfirmierte.

Die 1980er Jahre

Durch Thomsons Einstieg bei Telefunken im Jahr 1983 wurden nunmehr alle deutschen Thomson-Produktionsstätten unter dem Namen Elektronik Werke Deutschland (EWD) weitergeführt.

Während am Standort Villingen-Schwenningen bei SABA (SEWEK) die komplette Fernsehgeräte-Entwicklung und Chassis-Produktion (Leiterplatten) von Thomson zusammengefasst und die Fernseher-Produktion aufgegeben wurde, avancierte das Bremer Werk zur Zentrale der Farbfernsehgerätemontage der deutschen und europäischen Thomson-Tochtermarken. Lediglich Telefunken durfte wegen seiner starken Position am deutschen Markt noch eigene Geräte mit eigenem Chassis bauen.

Ursprünglich hatte Thomson geplant, den Standort Bremen zu schließen und komplett aufzugeben. Der Konzern hatte jedoch nicht mit dem Widerstand der Beschäftigten und der Unterstützung durch den Bremer Senat und dem großen Medienecho gerechnet. Da Thomson in Deutschland bereits einen Ruf als „Jobkiller“ hatte und sich nicht erneut ins schlechte Licht rücken wollte, machte das Unternehmen einen Rückzieher. Stattdessen wurde die Produktion in Villingen-Schwenningen geschlossen und nach Bremen verlagert.

Mitte der 80er Jahre stand dann auch das Bremer Thomson-Werk vor dem Aus. 1987 übernahmen die Geschäftsführer, im Zuge eines Management Buy Outs, das Unternehmen. Mit den Sozialplan-Geldern von Thomson, einer Beteiligung der landeseigenen Hanseatischen Industriebeteiligungsgesellschaft (HIBEG) und Krediten führender Bremer Banken wurden die Fernsehgeräte- und Kunststoffteileproduktion, mit einer stark reduzierten Belegschaft, unter dem Namen Europart (geplanter Name war zunächst Eurotec) fortgeführt.

Das Ende der Produktion

Nachdem Thomson Ende der 80er Jahre seine Kunststoffteile für die inzwischen verlagerte Fernsehgeräteproduktion nicht mehr von Europart bezog, stürzte das Unternehmen in eine Krise, von der es sich nicht mehr erholte. Eigene Entwicklungen konnten sich, parallel zur Zulieferproduktion, am Markt nicht etablieren, so dass das Unternehmen trotz der Rettungsversuche durch den Bremer Senat und einer mehrwöchigen Werksbesetzung in die Insolvenz ging, da die Banken ihre Kreditlinien gekündigt hatten.

Die Marke Nordmende unter Thomson

Unverzüglich nach Erwerb des Unternehmens trennte Thomson Produktion und Vertrieb in zwei Gesellschaften auf. Während die Produktion direkt von der Zentrale in Paris gesteuert wurde, blieb der Vertrieb zunächst eigenständig. Die Produktion von Audio-Geräten wurde in Deutschland eingestellt und nach Frankreich verlagert. Nach Schließung mehrerer Fabriken im Bremer Umland blieben die Fernsehproduktion in Bremen und das Kit Center in Bremerhaven übrig. Im Kit Center wurden Bausätze für Länder zusammengestellt, die einen inländischen Produktionsanteil (local content) forderten.

Die Hauptmärkte für Nordmende waren Deutschland und Italien. Als Vertriebskanal in Deutschland wurde der qualifizierte Facheinzelhandel und für die Exportmärkte Generalimporteure genutzt. Nachdem die Exportaktivitäten der Konzernmarken Nordmende, Telefunken und SABA im Jahr 1987 unter dem Dach der ECE GmbH in Hannover zusammengefasst wurden, agierte der Inlandsvertrieb noch einige Jahre eigenständig von Bremen aus.

Durch den Verdrängungswettbewerb der preisaggressiven Großvertriebsformen sah sich Thomson Anfang der neunziger Jahre gezwungen, den Inlandsvertrieb neu zu ordnen. Die Vertriebe der Marken Nordmende, Telefunken und SABA wurden in Hannover zentralisiert. Es wurden Markenfamilien gegründet: SABA und Brandt (Frankreich) als preisorientierte Marken für die Großvertriebsformen, Telefunken als Qualitätsmarke für den Einzelfachhandel sowie Nordmende und Thomson (Frankreich) als designoriente Marken für das gehobene Preissegment.

Als der Thomson-Konzern sich in Deutschland engagierte, wurde es lange Zeit vermieden, unter dem Namen Thomson aufzutreten, was sich auch in Gesellschaftsbezeichnungen wie SEWEK, EWD oder DAGFU ausdrückte. In den neunziger Jahren trat ein Wandel ein. Verschiedene Gesellschaften wurden mit dem Namensbestandteil Thomson umfirmiert. Als letzte Konsequenz wurde auch die Marke Nordmende vom Markt genommen und durch Thomson ersetzt.

Nordmende heute

Seit Ende 2007 taucht wieder vereinzelt der Markenname Nordmende in Zusammenhang mit LCD-Fernsehgeräten auf. Der indische Unterhaltungselektronik-Konzern Videocon hat von der französischen Thomson-Gruppe ein Fernsehröhrenwerk im italienischen Anagni übernommen und dabei die Markenrechte der ehemals deutschen Traditionsmarke Nordmende erworben. Seit 2008 verwendet die Phillar Group die Bezeichnung Nordmende. Besonders in Italien werden derzeit unter der Marke Nordmende designorientierte Flachbild-Fernsehgeräte vertrieben.

Bildergalerie

Weblinks

 Commons: Nordmende – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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