- Nowaja Semlja
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Nowaja Semlja NASA-Bild von Nowaja Semlja Gewässer Arktischer Ozean Geographische Lage 74° 0′ N, 56° 0′ O7456Koordinaten: 74° 0′ N, 56° 0′ O Anzahl der Inseln 2 Hauptinseln Hauptinsel Nordinsel (Nowaja Semlja), Südinsel (Nowaja Semlja) Gesamtfläche 90.650 km² Einwohner 2.761 (2002) Oben: Franz-Joseph-Land.
Mitte: Nowaja Semlja. Rechts: Jamal-Halbinsel und ObbusenNowaja Semlja (russisch Новая Земля/Nowaja Semlja ‚neues Land‘) ist eine russische Doppelinsel, die westlich der innereurasischen Grenze im Nordpolarmeer liegt und zu Europa gezählt wird. Sie ist Teil der Oblast Archangelsk.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Die leicht sichelförmige Doppelinsel ist die östliche Begrenzung der Barentssee und die westliche der Karasee. Letztere ist das innereurasische Mündungsmeer der großen sibirischen Ströme Ob und Jenissei und ist bedeutsam für das feuchte Inselklima.
Die fast unbewohnte Inselgruppe besteht aus zwei großen Inseln (Nordinsel und Südinsel) und vielen kleinen Inseln und zahlreichen Eilanden. Zusammen haben sie eine Fläche von 90.650 km². Getrennt werden die beiden Hauptinseln durch die sehr schmale Meerenge Matotschkin Schar. Nowaja Semlja ist insgesamt knapp 900 Kilometer (Mittellinie) lang und liegt zwischen 470 und 1.175 Kilometer jenseits des nördlichen Polarkreises:
- Die Nordinsel (Sewerny ostrow), die aus dem Nordpolarmeer bis zu 1.590 Meter hoch aufragt, ist mit 48.904 km² die viertgrößte Insel Europas. Sie ist – entsprechend ihrer Lage auf 73 bis 77 Grad (geografische Breite) – stark vergletschert: Das Eis ist bis zu 400 Meter mächtig.
- Die Südinsel (Juschny ostrow), die aus dem Nordpolarmeer bis zu 1.342 Meter hoch aufragt, ist mit 33.275 km² die sechstgrößte Insel Europas. Im Gegensatz zur Nordinsel herrschen hier vorwiegend Tundra und Frostschuttwüsten, obwohl sie immer noch etwa 71 bis 73 Grad vom Äquator entfernt ist.
Drittgrößte Insel des Archipels ist Meschduscharski im Südwesten. Als südliche Fortsetzung von Nowaja Semlja können die Waigatsch-Insel, die sich südöstlich der an die Südinsel grenzenden Karastraße anschließt, das Pai-Choi-Gebirge, das südöstlich der an Waigatsch grenzenden Jugorstraße auf dem Festland liegt, und der Ural, der sich südlich der Karasee und direkt vom Pai-Choi-Gebirge ausgehend nach Süden erstreckt und die Grenze zwischen Europa und Asien bildet, angesehen werden.
Klima
Das Klima, das von der Karasee und den Strömen, die in diese münden, mitbestimmt wird, ist eiskalt, stürmisch und niederschlagsreich. Nur während einiger Wochen im Sommer ist die Westküste von Nowaja Semlja schneefrei.
So liegt die jährliche Durchschnittstemperatur bei der Wetterstation Malyje Karakuly an der Westküste der Südinsel bei −5,7 °C; die wärmsten Monate sind der Juli und der August mit jeweils 6,0 °C, die kältesten der Januar und der März mit −15,0 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 317 mm und ist über das Jahr recht gleichmäßig verteilt, mit einem leichten Maximum von August bis Oktober.
Geschichte
Die Russen kennen Nowaja Semlja trotz seiner nördlichen Lage wahrscheinlich schon seit dem 11. und 12. Jahrhundert. Doch erst im 16. Jahrhundert wurden Westeuropäer auf die Doppelinsel (z. T. als Nova Zembla latinisiert, heute noch der niederländische Name) aufmerksam, als nach einer möglichen Nordostpassage von Europa zum Pazifik gesucht wurde: 1553 landete der erste Europäer auf der Insel, Hugh Willoughby. 1594–97 erforschte der Niederländer Willem Barents die Inseln, unternahm dabei die erste Überwinterung in der Arktis und starb 1597 dort. Von den Holländern wurden die Inseln nach J. N. Bellin auf seiner 1758 in Paris erschienen Inselnkarte „Neu-Holland“ benannt.
In Nowaja Semlja lagen jene zwei Schiffe vor Anker, welche die Österreich-Ungarische Nordpolexpedition von Julius Payer und Carl Weyprecht nach ihrer langen Eis- und Bootsfahrt aufnahmen. Die 24 Forscher und Matrosen waren im August 1872 in ihrem Schiff Tegetthoff zwei Monate zu früh vom Packeis eingeschlossen worden und mussten zweimal bei −50 °C überwintern. Im Frühjahr 1873 hatten sie Franz-Joseph-Land entdeckt und es im darauffolgenden Jahr vor ihrer geglückten Rückkehr erkundet.
Von 1907 bis 1913 erkundete der russische Geologe Wladimir Alexandrowitsch Russanow das Gebiet in sechs Expeditionen. Er entdeckte die zahlreichen Rohstoffvorkommen auf den Inseln, 1908 gelang ihm die erste West-Ost-Durchquerung Nowaja Semljas, 1910 navigierte er erstmals rund um die Nordinsel, 1911 umschiffte er die Südinsel.
Nukleare Nutzung
Ab 1955[1] war Nowaja Semlja sowjetisches Testgebiet für Kernwaffenversuche. Unter anderem wurde auf diesem Gelände auch die Zar-Bombe getestet, die mit 57 Megatonnen TNT-Äquivalent die größte gezündete Kernfusionswaffe darstellte. Insgesamt wurden auf dem Gebiet bis 1990 in drei Zonen 130 Kernwaffenversuche durchgeführt, darunter 88 atmosphärische, 39 unterirdische und 3 unter Wasser.[1]
Wirtschaft
Die Inseln haben nur 2716 Einwohner (Volkszählung 2002, davon 2622 in der Hauptstadt Beluschja Guba an der Westküste der Südinsel) von denen die meisten der Urbevölkerung, den Nenzen, angehören. Die Fischerei und die Pelztierjagd spielt für Nowaja Semlja eine große Rolle. Zu den Pelztieren gehören der Polarfuchs, der Tundrawolf und der Eisbär.
Südlich in der Barentssee wird Offshore das Priraslomnoje-Ölfeld mit etwa 73 Mio. Tonnen erschlossen[2] Daneben werden auf den Inseln Kupfer und Steinkohle abgebaut.
Geophysik
Verschiedene Forschungsstationen auf den Inseln dienen der Meteorologie und der Geophysik. Unter anderem werden Wind- und Meeresströmungen, das Erdmagnetfeld und die Polarlichter erforscht. Eine Vertiefung solcher Forschungen erfolgte ab dem Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957/58 und auch durch spätere internationale Kooperationen.
Um 1980 untersuchten New Yorker Geophysiker die Aufzeichnungen starker seismischer Wellen, die zwei russische Nukleartests auf Nowaja Semlja 1971 und 1974 hervorgerufen hatten. Zunächst berechneten sie daraus, dass der innere Erdkern jährlich um ein Grad rascher rotiert als der Erdmantel. Diese wissenschaftliche Sensation hielt aber nicht lange, weil sie auf einer fehlerhaften Annahme fußte.
Ein weiteres Projekt analysierte nicht die am Erdkern reflektierten, sondern die gestreuten Bebenwellen (siehe Seismik). Aus den Differenzen der Laufzeiten von 1971/74 errechneten die Wissenschaftler, dass der Kern tatsächlich dem Erdmantel „vorauseilt“, aber nur um 0,15 Grad pro Jahr. Diese Resultate (siehe Nature, Band 405) sind bedeutungsvoll für die Physik des ganzen Erdkörpers und auch für Erdrotation und Astronomie.
Weblinks
Commons: Nowaja Semlja – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ a b Nuclear Explosions in the USSR: The North Test Site Reference Material. Internationale Atomenergieorganisation (Dezember 2004). Abgerufen am 11. Februar 2010.
- ↑ Rosneft to Transport Siberian Oil through the Northern Sea Route.
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