Nun danket alle Gott

Nun danket alle Gott
Melodie und Text der ersten Strophe

Nun danket alle Gott ist der Titel eines evangelischen Chorals, den der Eilenburger Geistliche Martin Rinckart (1586–1649) 1630 anlässlich der Hundertjahrfeier der „Augsburger Konfession“ verfasst hatte, und zählt zu den bekanntesten deutschsprachigen Kirchenliedern.

Der Text stellt die dichterische Umsetzung des apokryphen Textes Jesus Sirach, 50,24−26, dar. Dabei liegt in Text und Verszählung die Lutherübersetzung zugrunde:[1]

24Nun danket alle Gott, der große Dinge tut an allen Enden, der uns von Mutterleib an lebendig erhält und uns alles Gute tut. 25Er gebe uns ein fröhliches Herz und verleihe immerdar Frieden zu unsrer Zeit in Israel 26und dass seine Gnade stets bei uns bleibe und uns erlöse, solange wir leben.“

„Nun danket alle Gott“ erschien erstmals gedruckt in Rinckarts Jesu Hertz=Büchlein.[2] Die Melodie stammt gleichfalls von Rinckart. Sie wurde – zusammen mit dem dreistrophigen Text – in Johann Crügers Gesangbuch Praxis pietatis melica[3] aufgenommen.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gehörte das Lied bereits zum festen Bestand vieler bedeutender evangelischer Kirchengesangbücher in Deutschland.

Berühmt wurde es im 18. Jahrhundert in Anlehnung an die Schlacht von Leuthen als „Choral von Leuthen“. In der Nähe des niederschlesischen Ortes Leuthen besiegte am 5. Dezember 1757 die preußische Armee unter Friedrich II. die Österreicher im Siebenjährigen Krieg. Am Abend nach der Schlacht sollen – so die Chronisten – 25.000 Soldaten spontan „Nun danket alle Gott“ angestimmt haben. „Nun danket alle Gott“ wurde daraufhin – zunächst in Preußen, später im ganzen Reich – zur vaterländischen Hymne schlechthin.

Der Choral wurde auch 1955 im Lager Friedland nach Ankunft der offiziell letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, deren Heimkehr Bundeskanzler Konrad Adenauer erwirkt hatte, angestimmt.

Das Lied erfuhr zahllose musikalische Bearbeitungen, unter anderem durch Altnikol, Pachelbel, Telemann, J.S. Bach, Mendelssohn (2. Sinfonie), Liszt und Reger.

Es ist im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 321 verzeichnet (EG 321). Im katholischen Gesangbuch Gotteslob ist es unter Nummer 266 (GL 266), im Mennonitischen Gesangbuch unter Nummer 53 (MG 53) und im Neuapostolischen Gesangbuch unter Nummer 256 (NG 256) zu finden. Durch Übersetzungen in viele Sprachen ist es auch über Deutschland hinaus verbreitet.

Inhaltsverzeichnis

Text

Das Lied hat drei Strophen; der Text lautet:

Originaltext[4] Heutige Textfassung[5]
NVn dancket alle Gott
Mit Hertzen Mund vnd Händen
Der grosse Dinge thut
An vns vnd aller Enden
Der vns von Mutter Leib
Vnd Kindes Beinen an
Vnzehlig viel zu gut
Vnd noch j[e]tzund gethan.
Nun danket alle Gott
mit Herzen, Mund und Händen.
Der große Dinge tut
an uns und allen Enden,
Der uns von Mutterleib
und Kindesbeinen an
Unzählig viel zu gut
bis hierher hat getan.
Der ewig reiche Gott
Woll vns auff vnser Leben
Ein jmmer frölich Hertz
Vnd edlen Frieden geben:
Vnd vns in seiner Gnad
Erhalten fort vnd fort
Vnd uns aus aller Noth
Erlösen hier vnd dort.
Der ewig reiche Gott
woll uns in unserm Leben
Ein immer fröhlich Herz
und edlen Frieden geben
Und uns in seiner Gnad
erhalten fort und fort
Und uns aus aller Not
erlösen hier und dort.
Lob / Ehr v[n]d Preis sey Gott
Dem Vater vnd dem Sohne
Vnd dem der beyden gleich
Im höchsten Himmels Throne:
Dem dreymal einen Gott
Als Er vrsprünglich war
Vnd ist / vnd bleiben wird
Jetzund vnd jmmerdar.
Lob, Ehr und Preis sei Gott,
dem Vater und dem Sohne
Und Gott, dem Heilgen Geist
im höchsten Himmelsthrone,
ihm, dem dreieinen Gott,
wie es im Anfang war
Und ist und bleiben wird
so jetzt und immerdar.

Die Originalfassung Rinckarts wurde mit geringeren Abweichungen bis ins 20. Jahrhundert hinein gesungen und fand sich im bis 1993/96 verwendeten Evangelischen Kirchengesangbuch. Die heute gebräuchliche Fassung ist eine textlich modernisierte und in der dritten Strophe zudem vereinfachte Variante.

Literatur

  • Adolf Brüssau: Martin Rinckart (1586–1649) und sein Lied „Nun danket alle Gott“. Schloeßmann, Leipzig 1936.
  • Wilhelm Büchting, Siegmar Keil: Martin Rinckart. Leben und Werk. Pietsch-Verlag, Spröda 1996, ISBN 3-00-000740-7.
  • Siegmar Keil: Martin Rinckarts Lied „Nun danket alle Gott“ im Spiegel früher Drucke. In: Eilenburger Jahrbuch 1999, S. 82–92.
  • Siegmar Keil: „Nun danket alle Gott“. Ein Kirchenlied als Inspirationsquell. In: Die Tonkunst online. Das Online-Magazin für klassische Musik, Ausgabe 0510 vom 1. Oktober 2005.
  • Siegmar Keil: Martin Rinckarts „Nun danket alle Gott“ in unterschiedlichen Text- und Melodiefassungen. In: Forum Kirchenmusik 2007/I, S. 4–13.
  • Siegmar Keil: Der „Choral von Leuthen“ – ein preußisch-deutscher Mythos. In: Die Tonkunst 4/2007, S. 442–449.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. in der Guten Nachricht sowie in der Einheitsübersetzung Sir 50,22−24 EU.
  2. Martin Rinckart: Jesu Hertz=Büchlein. Leipzig 1636
  3. Johann Crüger: Praxis pietatis melica. Berlin, ab 1647
  4. Deutschen Volksliedarchivs / Eckhard John (Hrsg.): NVn dancket alle Gott (Martin Rinckart 1636); Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon; Textfassung nach Martin Rinckart: JESV-Hertz-Büchlein darinen lauter Bernhardinische und Christ Lutherische Jubel-Hertz-Frewden gesamlet. Leipzig 1636.
  5. Nach der Arbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut (AöL), so zum Beispiel unter EG 321.

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